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Ecstasy: Drei Romanzen mit chemischen Zusätzen (German Edition)

Ecstasy: Drei Romanzen mit chemischen Zusätzen (German Edition)

Titel: Ecstasy: Drei Romanzen mit chemischen Zusätzen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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Komm schon, Alter, du kannst es dir doch wenigstens mal ansehen. Ich hab gute Pillen, Amsterdam Playboys. Das Beste vom Besten.
    – Genau, Mann, verzog Martin das Gesicht,– und die willst du auf diesen abgefuckten Jungle-Scheiß verschwenden. Den Scheiß kann ich nicht ab, Glen, ich kann da scheiß noch mal nicht drauf tanzen.
    – Komm, Alter, tu’s für mich. Versuch’s doch wenigstens.
    – Für dich? Was bist du so verdammt wild drauf, ausgerechnet in diesen Club zu gehen? Keith und Carol und Eddie gehen alle zum Sabresonic und dann weiter ins Ministry.
    – Mann, Alter, House Music ist die Speerspitze von allem, und Jungle ist die Speerspitze von House. In Musik muss Überraschungspotenzial drin sein, oder sonst ist es bloß noch leeres Gewichse, so was wie Country & Western, oder wie das, wozu Rock ’n’ Roll mittlerweile verkommen ist. Jungle ist die Musik, die einen noch überraschen kann. Da werden die neuen Maßstäbe gesetzt. Wir sind es uns schuldig, das auszuchecken, drängte Glen.
    Martin sah ihn forschend an,– In dem Club ist irgendwer, den du treffen willst … da geht irgendwer aus dem Krankenhaus hin … ich wette, eine von den Schwestern!
    Glen zuckte mit den Schultern und lächelte,– Na ja … ja … aber …
    – Okay, geht klar. Du willst Mädchen aufreißen, gehen wir Mädchen aufreißen. Gegen das Programm hab ich nichts. Bloß verschon mich mit dem Neue-Maßstäbe-Schwachsinn.
    Sie kamen am Club an, und Glen verließ der Mut, als er die endlose Schlange sah. Martin spazierte frech nach vorne und sprach mit einem der Türsteher. Dann drehte er sich um und winkte Glen mit heftigen Bewegungen zu sich. Ein paar in der Schlange stöhnten neidisch und frustriert auf, als Glen und Martin durchgingen. Zuerst hatte Glen Panik gehabt, sie würden nicht reinkommen. Nachdem Martin sie so erfolgreich durchgeschummelt hatte, sorgte er sich, dass Lorraine möglicherweise draußen bleiben musste.
    Einmal im Club gingen sie direkt zur Chill-out-Zone. Martin ging an die Bar und bestellte zwei Mineralwasser mit Kohlensäure. Es war dunkel, und Glen zog einen Plastikbeutel aus seinem Slip. Er enthielt vier Pillen, auf die ein Playboy-Bunny aufgeprägt war. Sie schluckten beide je eine und spülten sie mit Wasser runter.
    Nach etwa zehn Minuten rächte sich die Pille bei Glen, wie üblich, und er bekam einen trockenen, galligen Schluckauf. Für ihn und Martin kein Grund zur Besorgnis; Glen hatte einfach kein Talent zum Pillenschlucken.
    Drei Mädchen setzten sich direkt neben sie. Martin zog sie prompt ins Gespräch. Glen setzte sich ebenso prompt ab und ging auf die Tanzfläche. Diese Teile waren gut, aber wenn man nicht gleich zu tanzen anfing, saß man am Ende die ganze Nacht lang im Chill-out rum und quasselte. Glen war gekommen, um zu tanzen.
    Er schob sich über die schon gut gefüllte Tanzfläche und traf bald auf Lorraine und ihre Freundin. Glen tanzte in unauffälligem Abstand. Er erkannte Murder Dem von Ninjaman, das in Wayne Marshalls G Spot überging.
    Lorraine und ihre Freundin Yvonne verausgabten sich völlig, gingen unheimlich mit. Glen beobachtete, wie sie zusammen tanzten, Lorraine blendete den Rest der Welt aus, war total auf Yvonne fixiert, ging ganz in ihrer Freundin auf. Gott, wenn sie mich nur einmal so ansehen würde, dachte er. Yvonne allerdings war etwas distanzierter, losgelöster, ließ die gesamte Umgebung mehr an sich heran. So wirkte es auf Glen. Seine Pille knallte rein, und die Musik, gegen die er sich so gesperrt hatte, drang von allen Seiten in ihn ein, rauschte in Wellen durch seinen Körper, konturierte seine Emotionen. Vorher war sie ihm hektisch und abgehackt erschienen und hatte ihn mit ihrem Geschubse und Gezerre nur irritiert. Jetzt ließ er sich ganz auf sie ein, sein Körper blubberte und wogte unter den hämmernden Basslinien und zerrissenen Dub-Plates in alle Richtungen. Das volle Vergnügen der Liebe zu allem Guten erfüllte ihn, obwohl er klar und deutlich sah, was an England schlecht war; genau genommen umriss und illustrierte dieser Urban Blues des 20. Jahrhunderts das treffender denn je. Trotzdem machte ihm das keine Angst, und es zog ihn auch nicht runter. Es war die Party: Er spürte, dass man Party machen musste, kompromissloser denn je Party machen musste. Es war der einzige Ausweg. Man hatte die Pflicht zu zeigen, dass man noch Leben in sich hatte. Politparolen und – posen brachten nichts; man musste die pure Lebensfreude feiern, unter den Augen

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