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Ed King

Ed King

Titel: Ed King Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Guterson
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anzuquatschen, für die er bloß ein durchgeknallter Brite war, den sie am Anfang bedrohlich und nach einiger Zeit nur noch komisch fanden. Mit seinen flotten Sprüchen und seinen banalen Witzen gab Club den Clown für die anderen, die sich schlauer als er fühlen durften. Kokskönig Mike war besonders herablassend und versuchte erst gar nicht, so zu tun, alswürde er sich lustig machen über Club, die Inkarnation englischer Blödheit. Allerdings war Club nach unzähligen Bieren ziemlich angesäuselt und redete nur für Diane mit Mike in einem aufgesetzten Cockney, das nach Eliza Doolittles Vater klang. »Also denn«, sagte er. »Auf dich, Mike. Prost! So ist es richtig. Donnerwetter, guck dir die Titten an.«
    Später gab es beim Billard noch einen kleinen Zusammenstoß, als ein angetrunkener Typ den Fehler machte, Club vor allen Leuten Popeye zu nennen, und dafür mit einem rechten Haken zu Boden geschickt wurde.
    Club kam wie gerufen. Wenn es darum ging, Stoff für achttausend Dollar an jemanden zu verkaufen, den sie nicht kannte, war es gut, Club dabeizuhaben, denn er wirkte unberechenbar, ein leicht verwegener Brite, der vielleicht nicht mehr alle beisammenhatte. Diane nahm ihn gerne mit. Ihm gefiel die Rolle des gereizten, aggressiven Exsträflings, der irgendwo ein Messer versteckt hatte. Beim Pfandleiher erstand er einen Schlagstock, den er mit unbewegtem Gesicht unter seiner Jacke trug, zusammen mit einer Dose Pfefferspray. Diane begann ihre Transaktionen jetzt mit dem Satz: »Das ist mein Bruder, Sie brauchen keine Angst zu haben.« Aber sie sah, dass die Leute natürlich Angst hatten. Und das war gut so.
    Club, der einen Kampfanzug, ein fleckiges Muskelshirt und Springerstiefel trug, fing damit an, im Fitnessclub Hanteln zu stemmen, einmal weil er viel Freizeit hatte, aber auch, wie er sagte, »um noch böser zu wirken, wenn’s mal drauf ankommt«. Er lernte im Club ein paar Leute kennen, alles zwielichtige Verlierertypen und Möchtegernbodybuilder, die ihrem Training mit gewissen Aminosäuren und Proteinkapseln nachhalfen. In jeder Ecke des Gewichtraums hing ein Fernseher, auf dem gewöhnlich MTV lief. Zwischen ihren Trainingseinheiten gaben Club und seine Kumpel ihre Kommentare ab: Daumen hoch für Aerosmiths Dude (Looks Like a Lady) und für Madonna im Video zu Who’s That Girl?. Daumen runter für die bescheuerten Run-D.M.C. und den unsäglichen Steve Winwood. Dennoch behauptete Club sich auch in gemischter Gesellschaft und gab sich zumindestin The Palms als Gentleman, dessen Gefühl für Anstand nur dann etwas Larmoyantes hatte, wenn man, wie Diane, danach suchte. Zu Hause war er völlig unproblematisch, und wenn jemand wie Emily zu Besuch kam, verschwand er ganz von selbst. Er sagte zwei oder drei höfliche, unverfängliche Sätze, stand auf, nahm seine Jacke vom Haken und erklärte, er müsse ein wenig vor die Tür und sich die Beine vertreten, ganz auf eine gewählte Ausdrucksweise bedacht, um die Gäste auch nicht zu verschrecken. Der dämlichen Emily schien seine Anwesenheit nichts auszumachen, abgesehen von den ständigen Zigaretten. Sie behandelte ihn, als gehörte er dazu, sodass er schließlich blieb, wenn sie zum Kartenspielen und Popcornessen vorbeikam, und seine Rauchkringel draußen am Geländer über den Pool blies, damit Emily nicht husten musste.
    Da Clubs Visum abgelaufen war, kam legale Arbeit nicht in Frage. Er konnte aber mit Dutzenden anderer Sozialfälle an der Western Avenue nördlich der Innenstadt von Seattle stehen und warten, dass ein Bauunternehmer anhielt, der ein paar kräftige Arme zum Schaufeln brauchte. Auf diese Weise lernte er einige Dachdeckergesellen auf der Walz kennen, für die er einige Zeit die Drecksarbeiten erledigte. Dann traf er einen Mann, der für einen größeren Auftrag einen Handlanger brauchte, der zupacken konnte. Club war genau der Richtige. Er erzählte Diane, er hätte solche Jobs schon in Manchester gemacht, nicht bloß zweitausend Ziegel am Tag, sondern obendrein den Tee für die ganze Mannschaft kochen. Die Yanks tranken keinen Tee, fügte er hinzu, dafür zogen sie seinen ganzen Koks weg, immer ein oder zwei Linien.
    Club hatte nichts dagegen, denn so konnte er seinen eigenen Kreis an Kleinkunden aufbauen. Dabei war er wie ein Kind und lieferte seine Zehn- und Zwanzig-Dollar-Scheine immer brav bei Diane ab, abzüglich dessen, was er für Mentholzigaretten, Bier und große Tüten Lakritz brauchte. Eines Abends kam er nach Hause, um nur kurz

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