Ed King
wollten sie immerhin noch etwas Koks kaufen, für eine anstehende Party. Eineihrer Freundinnen heiratete, und sie planten den Junggesellinnenabschied, da kam ein bisschen Koks ganz gelegen.
Am nächsten Tag kaufte Diane ein kleines Schwarzes, um im Ginger’s eine gute Figur zu machen. Damit es nicht zu nuttig wirkte, ergänzte sie ihr Outfit um einen Kaschmirpullover und Loafer-Pumps. Jetzt gehörte sie dazu, aber ihre Verwandlung war erst komplett, nachdem sie sich auch noch einen rigorosen Kurzhaarschnitt zugelegt hatte. Ein schwarzer Lidstrich gab ihr etwas leicht Verruchtes, und schon bald hörte sie die ersten flotten Sprüche und hatte ein paar verstohlene, aber entschlossene Käufer angezogen. Mit anderen Worten, der Besuch im Ginger’s lohnte sich. Club konnte sie nicht mitnehmen, weil er zu ungehobelt war, aber das machte nichts, weil in der Hightech-Branche zu dealen harmlos war, ein lukratives Geschäft ohne jede Gefahr. Man bestellte einen Martini, plauderte ein bisschen, wurde sich handelseinig und ging seiner Wege, frei von Drohungen und Unbehagen. Die Gewinnspanne war ebenfalls größer. Und die Käufer waren meist Leute, die sich auf Diskretion verstanden. In der Regel waren es nachdenkliche und zurückhaltende Technikfreaks, die schnell zu Geld gekommen waren, mit schlechter Garderobe und fürchterlichen Frisuren. Aus ihren Beobachtungen wusste Diane, dass sie Koks als Wunderwaffe zur Stärkung ihres Selbstvertrauens betrachteten, mit der sie sich am Samstagabend als große Nummer fühlen konnten, während sie tatsächlich bloß mickrige Nerds waren. Dabei benahmen sie sich so, als wäre Diane tabu, als könnte ein Dealer unmöglich gleichzeitig ein Date sein. Obwohl dies ihre Eitelkeit kränkte, machte sie sich deshalb keine Vorwürfe, weil über jeden Zweifel erhabene Computer-Geeks kein brauchbarer Maßstab dafür waren, wie begehrenswert sie anderen erschien. Andererseits machte sie sich doch erste Sorgen, da sie auf die vierzig zuging. In dieser Verfassung sprach sie an einem Samstagabend im Ginger’s einen Mann an, der jünger aussah als sie, einen aristokratischen Typ mit gekerbtem Kinn, der beim Betreten der Bar nicht zu verheimlichen suchte, dass er sich für Dianes Brüste interessierte. Er starrte beim Vorbeigehen ganz ungeniert darauf und sah dann Diane in die Augen, als würden sie sich mit Blicken darüber verständigen, auf die Toilette zu verschwinden und zu knutschen.
Sie gingen mit ihren Martinis zu einem Stehtisch. Er hieß Ron Dominick und war »Berater in der Software-Branche«. Er trug ein weißes Hemd und Jackett, schwarze Jeans, spitze Schuhe und hatte einen amüsierten Ausdruck im Gesicht. Sie betrachtete ihn abschätzend, bevor sie auf ihren englischen Akzent umschaltete, ihre Stolz und Vorurteil -Nummer, und ihm offenbarte, dass sie geschieden sei und allein ganz in der Nähe wohne, in Kirkland. Ron gestand, dass er verheiratet sei, aber keine Kinder habe, und dass seine Ehe »mehr oder weniger den Bach runter« sei. Er stand auf Glam Rock und schien sich von Dianes britischer Herkunft einige Auskünfte über die Wurzeln des Glam Rock zu versprechen. Hinter seinem amerikanischen Lächeln war er gnadenlos ironisch, was Diane anstrengend fand. Dennoch machte sie unbeirrt weiter, weil das Gespräch schon früh auf Koks gekommen war. Er sagte: »Jemand hat mir geflüstert, dass Sie dealen.«
»Nicht wirklich. Ich bin bloß nett zu meinen Freunden.«
Ron legte seine Visitenkarte auf den Tisch. »Prüfen Sie’s nach«, sagte er und schob sie zu ihr herüber. »Bin ich ein cooler Typ? Hören Sie mir zu.«
»Meinetwegen.«
»Wie, meinetwegen? Komm ich so langweilig rüber?« Sie gab ihm mit einem Nicken zu verstehen, dass er weitersprechen sollte. »Ihr Ex hat überall die Socken rumliegen lassen? Oder die Klobrille nicht runtergeklappt?«
»Ich wollte keine Kinder. Und wir hatten nichts, worüber wir reden konnten.«
»Klingt typisch.«
»War es auch.«
»War er mittelmäßig im Bett?«
»Lief alles bestens.«
»Ist das ein Nachteil?«
»Vielleicht, vielleicht auch nicht.«
»Jetzt krieg ich aber Angst«, sagte Ron. »Mit wem habe ich mich da eingelassen?«
Sie sagte es ihm nicht. Stattdessen steckte sie ihm drei Tage später, als sie herausgefunden hatte, dass er kein Drogenfahnder war, auf demParkplatz vor dem Ginger’s ein Gratispäckchen zu. Er stand neben seinem Alfa Romeo, die Jacke an seinem Zeigefinger baumelnd, eine Hüfte in Disco-Pose vorgeschoben,
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