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Ed King

Ed King

Titel: Ed King Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Guterson
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Dinge an seiner Art zu lieben mochte, ganz besonders, dass er auf hartnäckige, beinahe obsessive Weise unterwürfig war. Es war ein Genuss, sich von Ed eine halbe Stunde lang die Füße und Knöchel massieren zu lassen, gefolgt von einer beinahe genauso hingebungsvollen Behandlung ihrer Schienbeine und Waden. Als Nächstes widmete er sich ihren Knien und Oberschenkeln, und als sie in ihrer Massage-Trance hoffte und erwartete, seine Hände würden schließlich dorthin wandern, wo sie ihre größte Wirkung entfalten konnten, drehte Ed sie stattdessen auf den Bauch und massierte, knetete, dehnte, rieb, zwickte, schnippte, streichelte, leckte, küsste und biss ihr sanft in Schultern, Nacken, Rücken und Po. Wieder hoffte und glaubte sie, er würde sich nun der eigentlichen Sache zuwenden, besonders als er, während er ihr Kreuz massierte, eine Hand nach unten gleiten ließ und die Spitze ihres Steißbeins berührte. Wie lange noch wollte er seine erotische Massage und die umfassende Erforschung ihres Körpers fortsetzen und ihre Möse dabei auslassen? Konnte er nicht endlich voranmachen und sie nicht ewig hinhalten? Doch dann begriff sie, worauf er wartete. Er wartete darauf, dass sie ja sagte. Er wartete auf ihre Zustimmung, als ob er sie nicht längst hätte. Es hatte nichts mit Galanterie oder Respekt zu tun; er brauchte einfach ihre Bestätigung oder ein eindeutiges Signal. Sie packte ihn am Handgelenk und führte seine Handwurzel in ihr Schamhaar, bis die Spitze seines Mittelfingers im Niemandsland zwischen ihrer guten Stube und dem Hinterausgang zu liegen kam (das waren die seltsamen, prüden Ausdrücke ihrer Kindheit), genau zwischen zwei benachbarten Quellen der Lust (beide von Typen erforscht, die nie lange genug an einem Ort verharrten). Sie gab ihm das geforderte Zeichen, die eindeutige Aufforderung, und er begann vorsichtig ihr Perineum mit dem Finger zu massieren. Für Diane war dies ein so guter Ausgangspunkt wie jeder andere, weil sie sicher sein konnte, dass dadurch Erinnerungen geweckt wurden, die sie zum Empfinden von Lust brauchte. Dieser strahlende Jüngling, der sich so ergeben abmühte, rief in ihr Erinnerungen mit der verblüffenden Intensität eines Déjà-vu hervor, und sie sah vor ihrem geistigen Auge wieder jenen Jungen, der sie in einem Gewächshaus voller unreifer Tomaten so geschickt befingert hatte. Sie war gerade vierzehn geworden. Beide waren sie an diesem Nachmittag von eingesperrten Bienen gestochen worden, während sie in der schwülen Hitze und dem funkelnden Licht aneinanderhingen und Blumentöpfe und Gartenwerkzeuge umstießen. Der Schweiß, die Schwellung und der Lehm hatten sich ihr unauslöschlich eingeprägt, genau wie der stechende Geruch des Chlorophylls und der unreifen Tomaten. So viele ihrer Liebhaber hatten muffig gerochen oder süß-säuerlich, und dann gab es noch Jim, der nach Seife und Deo roch, und Walter Cousins mit seinem Gestank nach billiger Zigarre. Die Bilder in Dianes Kopf, die Ed hervorrief, wurden immer lebendiger und vermischten sich mit tief verschütteten Erinnerungen. Auf einer Busfahrt nach Bath hatten sie sich absichtlich gegeneinanderwerfen lassen. Und dann die rhetorische und aus vermeintlich pädagogischem Interesse gestellte Frage ihres sportlichen Busfahrers, warum in den römischen Bädern eine Apollo-Statue stehe. Der Junge in dem Gewächshaus hatte den makellosen Körper eines jungen Mannes besessen und war erschreckend schön gewesen, und er hatte ihr einen bebenden Orgasmus verschafft – Apollo mit seinem unscheinbaren, marmornen Membrum virile, das bei den Jugendlichen ihres Dorfes Dübel hieß. Die Erinnerung ließ sie erschauern, während Ed wie besessen an ihr saugte. Er lag hinter ihr, bog mit der Hand ihre rechte Schulter nach hinten und streckte den Kopf weit nach vorne, um ihre Brustwarze zwischen seine Lippen zu nehmen. Schließlich ließ er sie los und küsste sie anhaltend auf den Mund, als wollte er einen Rekord im Dauerküssen aufstellen. Sein Atem roch nach ihrer Brust, vermischt mit dem würzigen Geschmack von Speichel, ein bisschen säuerlich, ein bisschen bitter, und der Feuchtigkeit der aufgewühltenUnterwelt, dem rohen Stoffwechsel und der Hitze der Zeugungskräfte unter der ebenmäßigen Oberfläche. Jim Longs Atem hatte immer ein wenig nach Kunstleder gerochen, und sein Mund, seine Lippen und seine Zunge hatten oft metallisch geschmeckt (oder genauso häufig nach Wermut), wohingegen Ed auf verletzliche Weise animalisch,

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