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Ed King

Ed King

Titel: Ed King Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Guterson
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weil er Ihnen nicht den Wagen hinter der zweiten Tür zeigen will. Sie haben ihm mit der Wahl von Tür eins, einer Tür mit Ziege, nur noch diese eine Möglichkeit gelassen.«
    Diane warf ihren Mantel wie ein Cape über ihre Schultern. »Hm«, sagte sie. Der Wunderknabe lächelte. »Gewinnen Sie den Wagen«, sagte er. »Als Monty Tür Nummer drei öffnete und die Ziege herauskam, erinnern Sie sich? Vorher standen die Chancen zwei zu drei, dass der Wagen entweder hinter Tür Nummer zwei oder Tür Nummer drei war. Und davor standen die Chancen eins zu drei, das der Wagen hinter Tür Nummer eins war. Aber dann öffnet Monty die Tür und zeigt Ihnen die Ziege. Tür Nummer drei ist jetzt aus dem Rennen, und damit steht fest, dass die Chancen für die zweite Tür zwei zu drei sind, nicht eins zu drei. Tür zwei ist also die bessere Wahl.«
    »Prima«, sagte Diane. »Ich glaube, ich muss das nicht verstehen. Wenn ich nach Vegas gehe, nehme ich Sie einfach mit.«
    Sie gingen zusammen einen Kaffee trinken. Später gingen sie gemeinsam essen. Er hieß Ed – Ed King. Sein Vater, ein Arzt, war vor acht Tagen gestorben, und sie sah, dass er Trost brauchte. »Nun«, dachte sie, »da ist er bei mir an der richtigen Stelle. Damit kenne ich mich aus. Ich weiß, wie man jemanden tröstet.« Als die Rechnung kam und noch bevor er zahlen konnte, sagte sie unverblümt: »Okay, Ed. Kommen wir gleich zur Sache.« Das taten sie. Bei ihm zu Hause. Und dort wurde es seltsam.
    Also gut. Wir nähern uns dem Teil der Geschichte, bei dem wir es dem Leser nicht verübeln können, wenn er gleich bis hierher gesprungen ist – entweder durch Blättern, sollte er oder sie ein Buch in der Hand haben, oder durch Scrollen oder die Benutzung der Suchfunktion bei einer digitalen Lektüre –, dem Teil, in dem eine Mutter Sex mit ihrem Sohn hat. Wer wollte jemandem vorwerfen, dass er sich für diese potenziell heiße Stelle interessiert, und ihn gleichzeitig bei der Vorstellung schaudert? Solche gemischten Gefühle sind zu erwarten. Die meisten Leute, gebunden durch Tabus, schrecken vor diesem Szenario zurück, selbst wenn sie etwas unwiderstehlich dorthin treibt. Die meisten Leute fühlen sich vom Ödipuskomplex gleichzeitig angezogen und abgestoßen. Der übliche Ausweg ist, Freud metaphorisch zu lesen und auf seelische und emotionale Neigungen hinzuweisen, aber worauf wir mit Ed und Diane in diesem Augenblick zusteuern, ist Sex.
    Männer: Wenn ihr nicht wüsstet, dass die Frau, mit der ihr gerade ins Bett steigt, eure Mutter ist, würde bloßes Misstrauen euch stoppen? Was, wenn sie von eurem Standpunkt aus lediglich deutlich älter wäre, eine Frau, von der ihr vielleicht denken könntet, es könnte eure Mutter sein, die aber ganz bestimmt, dessen seid ihr euch sicher, nicht eure Mutter ist ? Und Frauen: Ihr seid im Begriff, mit eurem eigenen Sohn zu schlafen, aber da ihr nicht wisst, dass es euer Sohn ist, welchen Unterschied macht es da? Keinen. Ihr denkt vielleicht: »Der Typ ist so jung, er könnte mein eigener Sohn sein«, genau wie er vielleicht denkt: »Die Frau ist alt genug, um meine Mutter sein zu können«, aber in beiden Fällen würden solche Gedanken nicht zwangsläufig die Dinge aufhalten. (Ganz im Gegenteil, in vielen Fällen würden sie sie eher noch anheizen.) Vielleicht wäre ein Partner – oder auch beide – von dem Gedanken irritiert, dass Sex mit einer viele Jahre jüngeren beziehungsweise älteren Person psychologisch sehr aufschlussreich ist und tiefe seelische Einblicke gewährt, aber selbst das würde in den wenigsten Fällen ein Hindernis darstellen, weiterzumachen. Und was den Sex selbst angeht, so denken die Leute dabei an alles Mögliche, aber wenn es gut läuft und sie im wahrsten Sinne des Wortes »außer sich sind«, konzentriert sich ihr Denken allein auf den Genuss und lässt alles andere außen vor. Gedanken an Ödipus werden dann, wie viele andereDinge auch, einfach über Bord geworfen. Genau wie bei Ed und Diane in Eds Wohnung an diesem Abend. Diane wusste ganz genau, was sie tat, und brauchte keinen Psychiater, um den Zusammenhang zu erkennen. In einem Alter, in dem manche Frauen alten Liebschaften hinterherforschen oder mit einem Kajak durch Patagonien paddeln, hatte Diane Sex mit einem Siebenundzwanzigjährigen. Wie wunderbar und ungewohnt es war, sich endlich zu einem Mann hingezogen zu fühlen, mit ihm Sex haben zu wollen. Sobald sie sich ihrer Kleider entledigt hatte, entdeckte Diane, dass sie gewisse

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