Ed King
Sie nicht den Überblick, Fliegerass.«
Niemand sonst redete so mit Ed, aber irgendwie kam Guido damit durch. Tatsächlich lag er Ed zwischen Phoenix und Seattle unablässig in den Ohren: »Sie halten sich für einen Piloten? Nun, dann will ich Ihnen eins sagen: Eigentlich sind Sie nur ein Rädchen in einer Flugmaschine, die Passagiere von A nach B bringt. Habe ich Passagiere gesagt? Passagiere sind Marionetten. Ist der Flug ruhig, schlafen sie; gibt es Turbulenzen, haben sie Todesangst. Wenn ich will, kann ich nach Belieben mit ihnen spielen. Schlafen. Todesangst. Wie es mir gerade passt. Vielleicht melde ich mich bei ihnen über Bordfunk, nur damit sie wissen, dass ich auch noch da bin. Im Cockpit, hinter meiner verschlossenen Tür. Natürlich klinge ich ganz ruhig, alles in Ordnung, aber vergesst nicht, dass ich euch alle in der Hand habe!«
»Guido«, sagte Ed. »Halt einfach mal die Klappe und lass mich das Flugzeug fliegen.«
»Fein«, sagte Guido. »Aber nur bis Seattle. Ihrer zweitklassigen Heimatstadt. Von mir aus gerne – alles kein Problem. Ist sowieso nichts los unterwegs. Überall schönes Wetter, blauer Himmel, ein laues Lüftchen, von Punkt A nach Punkt B; nur zu, spielen Sie meinetwegen Pilot, aber versuchen Sie bloß nicht, vom Flugplan abzuweichen, okay? Und keine Tricks, oder ich übernehme das Steuer.«
»Schnurstracks nach Seattle«, sagte Ed. »Und jetzt Ruhe.«
Guido gab Ruhe, aber nur für eine Minute, in der er sich auf eine neue Runde Namenverdrehen konzentrierte. »Aufgepasst. Hören Sie sich das an, Sir. Das ist großartig!« Er hielt Ed sein P-Pad vors Gesicht, auf dessen Bildschirm Ed las:
DARK WINGED
»Verstehen Sie?«, fragte Guido. »Edward King. Dark Winged! Edward King fliegt auf dunklen Schwingen!«
Ed schob das P-Pad zur Seite. »Guido«, sagte er, »ich versuche gerade mein Flugzeug zu fliegen und will kein Wort mehr von dir hören. Kein einziges.«
»Dark Winged!«, wiederholte Guido. »Das ist genial!«
Als sie in Seattle Landeerlaubnis hatten, schaltete Ed den Autopiloten aus und sagte: »Ich mache eine manuelle Landung, Sternvad, um dir zu zeigen, dass ich es kann.« Tatsächlich machte er alles richtig und hätte ganz sacht aufsetzen können, doch hielt er die Nase absichtlich ein bisschen zu weit nach oben und landete hart wie ein Kampfjet. Sternvad gähnte. »Klasse«, sagt er. »Perfektes Wetter, kein Wind. Sie sind wirklich ein Haudegen, Mr King.«
Im Hangar von Pythia wartete bereits Eds Hubschrauber mit laufenden Rotoren. Alles war bestens gelaufen, das Tracy-Problem hatte sich erledigt, nur dass Guido keine Minute den Mund halten konnte, selbst jetzt nach der Landung nicht. Bevor Ed ausstieg, versuchte er es mit einer letzten Ermahnung: »Ich mein’s ernst, Sternvad. Rede nicht so viel. Dein Geplapper geht mir auf die Nerven.«
»Ach, wirklich«, erwiderte Guido. »Nun, dann will ich Ihnen was sagen. Schön und gut, Sie sind der reichste Mann im Universum, Sie haben alles, wovon andere Leute träumen, Sie sind eine große Nummer, Boss. Aber wissen Sie was? Nicht in meinem Flugzeug. In meinem Flugzeug habe ich das Sagen.«
»Nein«, sagte Ed, »das ist mein Flugzeug. Vergiss das nicht. Es gehört nicht dir. Ich habe dich als Pilot eingestellt, also halt den Mund und flieg mich, wenn ich dich brauche, okay? Bring mich von A nach B.«
»Einen Augenblick«, sagte Guido. »Es gibt eine Regel im Flugverkehr. Und die lautet, dass der Flugzeugführer, der Flugkapitän – also ich –, über alles an Bord bestimmt, alles ! Ich bin verantwortlich für das, was passiert. Ich bin Gott hier, verstanden? Sie sind bloß mein Fluggast.«
»Maßlose Selbstüberschätzung«, sagte Ed. »Du bist mein Fahrer, Guido. Ein einfacher Kutscher, nicht Gott. Denk nur mal nach: Hast du für den Sprit bezahlt? Oder für die Wartung? Oder für den Hangar? Für irgendetwas? Ja oder nein? Guido, du bist ein Fahrer auf Abruf. Du machst nichts anderes, als darauf zu warten, dass ich mit dem Finger schnippe. Wenn ich nicht wäre, würdest du nicht einmal existieren .«
»Es ist genau andersherum«, beharrte Guido. »Sie brauchen mich . Sonst säßen sie nämlich am Boden fest. Verstehen Sie mich? Ich bin der Kapitän. Ich bin der Schlüssel. Ich bin der Dreh- und Angelpunkt. Sie sind bloß der Passagier.«
Ed sagte: »Ich mag dich, Mann. Toller Flug. Vielen Dank für alles. Aber halt einfach nur den Mund, okay?«
»Sobald wir von Bord sind, werden Sie kein Wort mehr von mir
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