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Ed King

Ed King

Titel: Ed King Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Guterson
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der beiden Gulfstream-Jets und informierte seinen auf Abruf bereitstehenden Piloten. Er hatte einen furchtbar komischen Namen, Guido Sternvad. »Wie kommt man zu so einem Namen, Guido Sternvad?«, hatte er gefragt, als er sich das erste Mal neben Guido im Cockpit angeschnallt hatte. »Das frage ich mich auch«, hatte Guido geantwortet. »Das ist einer von diesen Namen, die sofort auffallen. Guido Sternvad. Die Leute fragen mich andauernd danach. Sie glauben, es sei ein Witz, ich könne unmöglich so heißen. Sobald sie den Namen hören, fangen sie an zu lachen, wissen Sie? Sie glauben, ich will sie hochnehmen. Und sie fragen: Sie heißen wirklich so?«
    »Eigentlich ist es mir vollkommen egal«, erwiderte Ed. »Aber wo wir gerade darüber sprechen, sei ehrlich, Guido, wenn dir der Name ›Guido Sternvad‹ in einem Buch begegnete, würdest du auch denken, dem Autor sei kein anständiger Name eingefallen. Er klingt unglaubwürdig.«
    »Hm«, sagte Guido. »Ich glaube nicht, dass Sie recht haben. Ich lese nämlich ziemlich viel, Boss, und in Büchern findet man die seltsamsten Namen. Kennen Sie Lolita von Vladimir Nabokov? Die Hauptfigur heißt Humbert Humbert. Soll man das glauben? Natürlich nicht. Und dann gibt’s noch einen anderen Typen in Lolita, der Vivian Darkbloom heißt. ›Vivian Darkbloom‹ ist ›Vladimir Nabokov‹. Meinen Sie, der Autor hat das aus einem bestimmten Grund gemacht? Oder macht er sich einfach nur einen Spaß daraus? Wo wir gerade bei Anagrammen sind«, fuhr Guido fort, »ich bin ein großer Fan von Anagrammen. Ich liebe Anagramme. Ganz besonders, wenn sie einen großen Namen ganz klein machen. T. S. Eliot zum Beispiel – ein Anagramm von toilets . He, versuchen Sie es mal mit mir. Mit ›Guido Sternvad‹. Sie werden staunen, was sich daraus alles machen lässt.«
    »Das bezweifle ich.«
    »Es ist einen Versuch wert«, sagte Guido. »Macht jede Menge Spaß. Sind ein paar großartige Namen darunter. Ich probiere ständig neue Anagramme aus. Guido Verstand. Das bin ich – Guido Sternvad. Dan Soviet Drug. Wieder ich. Don Davis Gurte. Ich. Nat Dodge Virus. Ich. Vern Studio Gad. Ich. Manchmal bleibe ich auch bei dem gleichenVornamen. David Nuts Gore, David Gruen Ost, David Gut Noser, David …«
    »Hör auf, Guido.«
    »Geht auch mit Ihrem Namen, Boss. Mal sehen. Edward King? Wegrand Kid? Ich sehe schon, Sie sind wenig beeindruckt. Sie wollen Namen? Aber klar doch, Sie wollen Namen. Also gut, wie wär’s damit: Dirk Gnawed? Drake W. King? Kidder Wang? Ist das nicht phantastisch? Ich könnte …«
    »Guido. Bitte.«
    »Einen noch«, sagte Guido. »Einer meiner Favoriten. Hat nichts mit Ihrem Namen zu tun, Boss. Es ist bloß ein hübsches dunkles Omen. Our destiny . Füttern Sie das in Ihren Anagrammgenerator, und raten Sie mal, was herauskommt! It’s your end . ›Unser Schicksal‹ wird zu ›Das ist dein Ende‹. Großartig, was? Wie zum Teufel ist Gott nur auf Anagramme gekommen?«
    Dunkelhäutig und mit breiten Koteletten, unterhielt Guido Ed auf seine launische und vereinnahmende Art. Die Kopiloten wurden dafür bezahlt, dass sie am Boden blieben und sich im Hangar Filme ansahen, während Ed entspannte Flugstunden für Fortgeschrittene nahm, den ungewohnten Blick auf die Erdkrümmung genoss und sich königlich über Guido und den Funkverkehr amüsierte: dieses sich abwechselnde, breite militärische Geknödel, das unerschütterliche Ruhe ausstrahlen sollte. Ed besaß ausreichende praktische Kenntnisse des Flugmanagementsystems der Gulfstream sowie des Flugkontroll- und Besatzungswarnsystems. Er konnte nach Instrumenten fliegen, wenn nicht sogar mit Steuerknüppel und Ruder, und da das Flugzeug ihm gehörte, flog er, wann immer möglich, selbst – auch auf ihrem Flug nach Phoenix –, begleitet von Guidos hämischen Kommentaren.
    In Phoenix, wo im Mai eine unerträgliche Gluthitze herrschte, traf Ed Tracy am vereinbarten Ort, neben dem Häuschen des Bootsverleihs im Encanto Park. Sie schien von einer die Hitze kompensierenden Energie angetrieben und plauderte fröhlich daher, während sie neben ihm lief. Die ausgetrocknete braune Haut, der schlaffe Brustansatz und die Sprayfrisur waren neu, aber ihr Gesichtsausdruck kam Ed vertraut vor – hart und unempfänglich für moralische Einwände. Zuletzt setzten sie sich auf eine Bank am See, Ed mit einer Vuarnet-Sonnenbrille und einer Kappe der Arizona Diamondbacks auf dem Kopf, Tracy in einer völlig verwaschenen

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