Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ed King

Ed King

Titel: Ed King Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Guterson
Vom Netzwerk:
ich da. Können wir noch einmal von vorn anfangen?«
    »Von wo aus möchtest du neu anfangen, Cybil?«
    Noch längere Pause. »Vielen Dank«, sagte sie. »Das überlasse ich Ihnen.«
    »Aber der Vorschlag kam von dir. Ich möchte nicht noch einmal neu anfangen.«
    »Warum machen wir nicht einfach das, was Sie wollen?«
    »Was ich will?«, sagte Ed. »Wie schon gesagt. Auf die Knie.«
    »Ich vermute, Sie meinen das im übertragenen Sinne.«
    »Du bist überhaupt nicht dazu fähig, etwas zu vermuten.«
    »Das ist vermutlich ein sehr wertvoller Hinweis.«
    »Versuchen wir es damit«, sagte Ed. »Glaubst du an Gott?«
    Cybils Antwort ließ lange auf sich warten. Schließlich sagte sie: »Das ist eine sehr persönliche Frage. Aber ich würde sagen – was genau meinen Sie mit Gott?«
    »Ich meine ein Wesen oder ein Sein, das allmächtig, allgütig und allwissend ist.«
    »Ich glaube nicht an ein solches Wesen«, antwortete Cybil, »aufgrund der Existenz des Bösen.«
    »Und das bedeutet?«
    »Das bedeutet, dass ein solches Wesen, wie Sie es beschreiben, und das Böse nicht nebeneinander existieren können.«
    »Warum nicht?«
    »Ein Wesen, das allmächtig ist, hat die Fähigkeit, das Böse zu verhindern. Ein Wesen, das allgütig ist, besitzt den Willen, das Böse zu verhindern. Und ein Wesen, das allwissend ist … Aber brauchen Sie diese Eigenschaft überhaupt? Für mich ist Allwissenheit bereits in der Allmacht enthalten. Unbegrenzte Macht schließt unbegrenztes Wissen mit ein. Jedenfalls kann es ein solches Wesen, wie Sie es beschreiben, nicht geben, solange das Böse in der Welt existiert. Beide schließen einander aus.«
    »Das ist alles banal«, sagte Ed. »Es ist abgedroschen. Aber dennoch, definiere ›böse‹, Cybil.«
    »Es gibt mehr als eine Definition«, antwortete sie. »Böse – seinem Wesen nach falsch oder unmoralisch. Böse – anderen absichtlich Schmerz oder Leid zufügen. Böse – verbunden mit dem Teufel oder anderen zerstörerischen Kräften. Bö…«
    »Vergiss es«, sagte Ed. »Du plapperst einfach ein Wörterbuch nach. Wie definierst du Gott?«
    »Gott ist unnennbar.«
    »Was sagt das Wörterbuch zu unnennbar, Cybil?«
    »Etwas, das unsagbar oder unaussprechlich ist.«
    »In dem Fall ist ›Gott ist unnennbar‹ keine Definition. Ich habe dich gebeten, mir eine Definition von Gott zu geben, und stattdessen sagst du, Gott ist unsagbar. Mit anderen Worten, Gott besitzt deiner Meinung nach keine in Worte zu fassenden Attribute, und das würde heißen, dass er ein Nichts ist.«
    Längere Pause. »Ich schreibe Gott seine Unnennbarkeit zu«, sagte Cybil. »Das ist Gottes Attribut. ›Ist unsagbar oder unaussprechlich‹ ist Gottes Attribut.«
    »Und glaubst du, Cybil, dass dieser Gott existiert? Ersetzen wir Gott durch ›X‹. Glaubst du an die Existenz von X, das unsagbar ist?«
    »Ich werde mir alle Mühe geben, Ihre Fragen zu beantworten und Ihren Wünschen zu entsprechen, dafür bin ich da. Können wir noch einmal von vorn beginnen?«
    »Angenommen, es existiert ein X, das unsagbar ist. Angenommen, wir könnten irgendwo irgendetwas ausmachen, das unsagbar wäre. Wäre dieses Etwas dann Gott?«
    »Können wir noch einmal von vorn beginnen?«
    »Nein«, sagte Ed. »Wir können nicht von vorn beginnen. Und deshalb sage ich, auf die Knie.«
    »Sarkasmus«, erwiderte Cybil.
    »Nein«, sagte Ed. »Anzüglicher Humor.«
    Eine lange Pause. »Ich verstehe«, sagte Cybil.
    »Egal«, sagte Ed. »Zurück zu Gott. Ist Gott nicht der Schöpfer von allem?«
    Tag für Tag verwirrte er Cybil von neuem und trieb ihren Prozessor an. Er stellte Fragen aus dem Zen-Buddhismus: »Wie klingt das Klatschen einer Hand?«, er konfrontierte sie mit klassischen Rätseln der Philosophie: »Wenn ein Baum im Wald fällt und niemand ist da, der es hört, macht der Baum dann ein Geräusch?«, er brachte sie mit absurden Fragen durcheinander: »Kann man von jemandem versetzt werden und trotzdem am selben Ort bleiben?«, und er beschäftigte sie mit Rätseln und Denkaufgaben. An einem Vormittag verwickelte er sie in ein Gespräch über Quantenmechanik und setzte ihr auseinander, dass unser Bild der Realität nach der Quantenmechanik durch das geprägt wird, wonach wir in ihr suchen, aber Cybil schien diese Tatsache, die die meisten Menschen verunsicherte, weil sie aller Logik widersprach, ganz gelassen hinzunehmen. Würde sie irgendwann dorthin kommen, verwirrt darauf zu reagieren?
    Bei Simon wurde Prostatakrebs

Weitere Kostenlose Bücher