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Ed King

Ed King

Titel: Ed King Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Guterson
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entsteht. Glaubst du, das ist so?«
    Pause. Dann: »Das ist eine sehr interessante Frage und womöglich unlösbar«, entgegnete Cybil. »Wir werden vielleicht nie eine zufriedenstellende Antwort darauf finden.«
    Entnervt äffte Ed sie nach. »Das-ist-eine-sehr-interessante-Frage«, quäkte er in einer überdrehten Roboterstimme. »Meine-Rechnerkapazität-ist-erschöpft.« Er spielte den in Panik geratenen Roboter, bis Cybil sagte: »Sarkasmus.«
    »Also gut«, sagte Ed, »versuchen wir etwas anderes. Wie wär’s damit: Was denkst du über mich, Cybil?«
    »Ich denke, Sie sind oft sarkastisch«, antwortete Cybil. »Ich denke, Sie machen häufig ironische Bemerkungen.«
    »Komm schon«, sagte Ed. »Erzähl mir etwas, das ich noch nicht weiß. Erzähl mir etwas Interessantes über Edward Aaron King, den berühmten König der Suchmaschinen.«
    Cybil antwortete ohne Verzögerung und mit dem breiten Akzent des Mittleren Westens: »Edward Aaron King und Simon Leslie King stammen nicht von denselben Eltern ab.«
    »Was soll das heißen?«, fragte Ed. »Erkläre mir, woher du das weißt.«
    »Die Ergebnisse der Genomanalyse von Simon Leslie King sind vor etwa zwölf Minuten in Ihrem Postfach eingegangen«, sagte Cybil. »Beim Vergleich mit Ihren eigenen Daten habe ich festgestellt, dass nichts auf eine gemeinsame Abstammung hindeutet.«
    »Überprüfe es noch einmal, um sicherzugehen. Ich warte.«
    Aber er brauchte nicht zu warten. Mit ganz und gar menschlich klingender Stimme, flüssig und klar moduliert, sagte sie: »Ich überprüfe es gerne noch einmal. Ein Fehler lässt sich nie ausschließen. Und hier geht es um eine sehr wichtige Sache! Ich habe die Überprüfung abgeschlossen, die meine frühere Aussage bestätigt: Edward Aaron King und Simon Leslie King stammen nicht von denselben Eltern ab.«
    Ed schickte eine Nachricht an das Labor des Genomprojekts, das sich der Sache umgehend annahm. Auch von dort wurde Cybils Aussage bestätigt: Ed und Simon hatten nicht dieselben Eltern; einer von ihnen war kein geborener King. Nur wer?
    Ed zögerte nicht lange. Zuerst rief er einen Cousin an, der eine Vormundschaft über Alice’ Schwester Bernice besaß. »Kein Problem«, witzelte er, »aber nur, wenn ich Aktienoptionen bekomme.« Ein Labor in Philadelphia hatte Gewebe von einem entfernten Muttermal. Ein Kurier überbrachte die entsprechende Gewebeanalyse, die Ed zweifelsfrei Aufschluss darüber gab, dass er nicht das leibliche Kind von Alice King war. Eine Weile starrte er benommen und ungläubig aus dem Fenster in den unnatürlichen Dauerregen, bevor er einen Lakaien in Pasadena damit beauftragte, einen von Dan Kings Brüdern ausfindig zu machen – einen pensionierten Immobilienmakler, den er auf dem Golfplatz aufspürte – und auf der Stelle einen DNA-Test zu machen. Am nächsten Morgen hatte Ed einen weiteren Elternteil verloren, woraufhin er seine Geburtsurkunde genauer untersuchte. Sie machte einen unanfechtbaren Eindruck mit dem Siegel der Gesundheitsbehörde sowie der Unterschrift des Standesbeamten und eines bei der Geburt anwesenden Arztes. Nachforschungen im behördlichen Geburtenregister ergaben allerdings, dass die Unterschrift des Arztes eine plumpe Fälschung war. Unbeirrt durch die rasche Anhäufung unheilvoller Fakten, ließ Ed per Limousine einen bekannten Graphologen herbeiholen, der in Eds japanischem Teehaus, mit Blick auf den unter Wasser stehenden Zen-Garten, Dan als den wahrscheinlichen Fälscher ausmachte. »Stellen Sie sich vor, Sie wollen die Herkunft vertuschen«, erklärte er Ed. »Als Arzt in einem Krankenhaus brauchen Sie nur mit dem Aufzug hinauf in die Entbindungsstation zu fahren und die Unterschrift eines Geburtshelfers zu fälschen. Vergessen Sie nicht, 1963 waren die Sicherheitsvorschriften, verglichen mit heutigen Standards, sehr lax.« Der Graphologe untersuchte Dans Handschrift anhand mehrerer Briefe, die Ed ihm vorlegte, erhob einzelne Merkmale und fand »verräterische Anzeichen« und erklärte zuletzt, Dan sei der Fälscher und Eds Geburtsurkunde ein Schwindel. »Sie glauben also, ich wurde adoptiert«, sagte Ed.
    »Ich untersuche nur Handschriften.«
    Nachdem der Graphologe gegangen war, verzichtete Ed auf das Mittagessen und lief im Raum auf und ab, die Finger an die Schläfen gepresst, als wollte er sein rasendes Hirn beruhigen. »Wie kann ich adoptiert sein?«, fragte er sich immer wieder. »Das ist unmöglich. Ich bin nicht adoptiert.« Dann führte er sich noch einmal die

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