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Ed King

Ed King

Titel: Ed King Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Guterson
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ich halte zu dir und wir stehen das gemeinsam durch. Solche Dinge passieren.«
    Diane seufzte. »Ein Baby«, sagte sie. »Und sieh nur, was ich mache.«
    »Ich sehe es«, antwortete Walter, »ich sehe zwei Menschen, die sich alle Mühe geben, richtig zu handeln, Diane. Wir werden dafür sorgen, dass unser Baby ein gutes Zuhause findet. Wir haben einen Fehler gemacht – ich habe einen Fehler gemacht –, aber wir übernehmen gemeinsam die Verantwortung dafür, und bisher bin ich stolz darauf, an deiner Seite zu stehen und zu erleben, wie ›tapfer‹, wenn das das richtige Wort ist, du deinen Weg gehst. Hör zu, es ist bestimmt nicht leicht, Tag für Tag allein auf der Insel zu sein, besonders in deinem Alter, aber wir müssen standhaft sein, und wir werden es schaffen.«
    »Es ist ja nicht bloß ein Baby«, sagte Diane. »Es ist mein Baby, das da in mir wächst.« Dann weinte sie, und das Eis lief ihr über die Hand.
    Walter überzeugte Diane davon, sich für eine eingeleitete Geburt zu entscheiden. Sie sollte sagen, sie lebe auf San Juan Island und habe Angst, das Kind auf der Fähre zu bekommen, aber der eigentliche Grund war natürlich, dass Walter bei einer eingeleiteten Geburt besser planen konnte.
    Eine Woche vor dem Tag, an dem er in seinem Kalender DIENSTREISE NACH BALTIMORE eingetragen hatte, mussten sie eine Belehrung des obersten Gutmenschen der Adoptionsagentur über sich ergehen lassen. Nach dem Gesetz habe Diane bis zu achtundvierzig Stunden nach der Geburt Zeit, es sich anders zu überlegen. Danach würde das Kind einen weiteren Tag auf der Säuglingsstation bleiben und untersucht werden. Wenn irgendetwas nicht stimmte und das Neugeborene bestimmte Standards nicht erfüllte, würde die neue Familie das Kind nicht annehmen, so wie im Adoptionsvertrag vereinbart. Wenn alles in Ordnung war, was alle erwarteten, würden die Adoptiveltern das Kind am vierten Tag abholen, ohne dass Diane sie zu Gesicht bekäme oder umgekehrt. Danach – und darüber ließ der Gutmensch sich lang und breit aus – dürfe Diane davon ausgehen, das Richtige getan und dafür gesorgt zu haben, dass ihr Kind geliebt werde und ein gutes Leben habe, indem sie es Adoptiveltern übergehen habe, die von nun an gesetzlich seine einzigen Eltern seien. Ob ihr dies klar sei? Wusste Diane, was sie tat? Verstand sie die Details, die juristischen Feinheiten und gesetzlichen Auflagen? Eigentlich müsste sie dies alles verstehen, dachte Walter, denn alle Einzelheiten waren in biblischer Länge und Breite durchgekaut worden. Alles lag vor ihnen, ein Wust von Verordnungen und Paragraphen, die Juristen und Politiker sich ausgedacht hatten, die aber in ihrem Fall, so hoffte er, irrelevant wären. »Halten wir uns an das besprochene Szenario«, dachte er, »ohne Wenn und Aber.«
    Dann war der vereinbarte Tag gekommen. Mit zwei Autos fuhren sie zum Krankenhaus auf dem Festland, Diane in ihrer Schrottlaube ohne Führerschein oder Versicherung und Walter in seinem Lincoln, damit sie nachher getrennte Wege gehen konnten. Allerdings wären es nicht ganz getrennte Wege, denn Walter würde, das hatte Diane ihm klargemacht, dreihundert Dollar monatlich an sie zahlen. Wie sollte er das schaukeln? Damit würde er sich später befassen. Eine harte Nuss, aber nicht jetzt. Für den Augenblick saßen sie auf der Fähre in seinem Wagen, Diane mit den Händen ihren Bauch stützend, Walter auf der Fahrerseite, die Hände hinterm Kopf verschränkt. Zum ersten Mal hatte er das Gefühl, die ganze Geschichte könnte zu einem Ende kommen, ohne ihn in Stücke zu reißen. Vielleicht käme er heil davon. Vielleicht wäre die Gefahr bald ausgestanden. »He«, sagte er, »wie geht’s dir, Diane?«
    »Ich habe Angst.«
    Walter nickte, als verstünde er sie. »Das ist ganz normal. Andererseits ist die Wahrscheinlichkeit, dass es während der Geburt zu größeren Komplikationen kommt, heutzutage verschwindend gering. Noch was?«
    »Wahrscheinlichkeit«, zischte Diane. »Sei nicht so dumm. Ich mache mir keine Sorgen über das, was heute wahrscheinlich passiert oder nicht passiert. Ich mache mir Sorgen über das, was wahrscheinlich danach kommt.«
    »Ich weiß«, antwortete Walter. »Ich weiß, ich weiß. Aber ich glaube, es ist besser für uns, nicht über den Tag hinauszudenken. Dies ist nicht der Augenblick, dein ganzes weiteres Leben zu planen. Denken wir an das, was heute vor uns liegt, und morgen sehen wir weiter.«
    »Du hast leicht reden«, sagte Diane. »Du gehst

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