Ed King
Schultern und war wie üblich damit beschäftigt, sich mit der Hand über den Kopf zu fahren und über seiner IBM-Selectric zu brüten. Beide konnten hören, was gesprochen wurde, also sagte Walter mit normaler Stimme: »Also gut, ich höre.«
»Was sollen wir jetzt tun, Walter?«
»Das müssen wir im Detail besprechen«, sagte er. »Können wir einen Termin vereinbaren?«
»Das ist so furchtbar«, erwiderte Diane. »Ich wollte nie so werden wie meine Mutter. Und das ist jetzt aus mir geworden.« Er hörte sie schluchzen.
Walter sagte: »Ich verstehe vollkommen. Ich habe meinen Terminkalender aufgeschlagen vor mir. Machen Sie einen Vorschlag.«
»Warum muss das passieren?«, fragte Diane.
»Ich möchte Ihnen gerne helfen, das herauszufinden. Wir sollten das in einem persönlichen Gespräch klären«, sagte Walter. »Ich verstehe, was Sie meinen – es ist dringend für Sie, und Sie sollen wissen, dass ich für Sie da bin, genauer gesagt, ich stehe zu Ihren Diensten.«
»Oh, Walter«, sagte Diane. »Was soll bloß aus mir werden?«
Am selben Abend holte Walter sie bei einer Adresse in Laurelhurstab, wo sie eine neue Stelle als Au-pair gefunden hatte. Es war Mitte August, und in der kühlen Luft nach Sonnenuntergang war der nahende Herbst zu spüren. Diane wartete ungeduldig mit verschränkten Armen vor dem Haus, in Jeans und einem weißen Herrenhemd mit aufgekrempelten Ärmeln. Man sah, dass sie sich nicht für ihn zurechtgemacht hatte. Sie sah aus, als hätte sie kurz zuvor an der Spüle gestanden, was durchaus zutreffen konnte. Sie stieg rasch zu ihm in den Wagen und sagte: »Fahr los«, als wäre der Lincoln ein Fluchtfahrzeug. Als Walter Gas gab, blickte sie in den Rückspiegel. Sie ließen Laurelhurst hinter sich. Walter kurvte ziellos durch Wohngebiete, während er, von langen Phasen des Schweigens unterbrochen, auf sie einredete. »Ich bin sicher«, sagte er, »dass ich eine Abtreibung arrangieren könnte. Wenn du dies für eine denkbare Lösung hältst, will ich gerne mit dir darüber reden. Als Erstes sollst du wissen, dass ich mich um alles kümmern und die Kosten übernehmen würde und dass ich dich begleiten und anschließend wieder nach Hause bringen würde. Ich wäre die ganze Zeit bei dir. Darüber brauchst du dir keine Sorgen zu machen.«
Diane lehnte während der Fahrt ihren Kopf gegen die Seitenscheibe. Walter überlegte, was ihr Blick ausdrücken sollte. Dass er sich gefälligst um ein Präservativ hätte kümmern müssen? Dass er ein totaler Idiot war, dem sie am liebsten niemals begegnet wäre? Es war unmöglich zu sagen, was Diane dachte, das hatte er vom Moment ihrer ersten Begegnung an gespürt, denn sie war fünfzehn und stammte aus einem anderen Land. »Das klingt alles großartig«, sagte sie, »aber ich könnte das nie im Leben tun. Ich werde das Kind nicht abtreiben.«
»Ich weiß nicht«, sagte Walter schnell. »Wir sollten uns alle Optionen offenhalten.«
Ihr Schweigen wurde länger, während sie an Rasensprengern, Hundebesitzern und ein paar Kindern auf Fahrrädern vorbeifuhren und wieder und wieder bei der gleichen Frage landeten. »Was jetzt?« Zuletzt jedoch stimmte Diane einem Plan zu, der kompliziert und alles andere als idiotensicher war, aber unter den gegebenen Umständen wusste Walter keinen besseren. Mitte November erzählte Diane ihrer Gastfamilie, dass sie zurück nach England gehen werde. Eine Wochevor Weihnachten brachten ihre Gastmutter und ihr Gastvater sie zum Sea-Tac-Flughafen. Sie schleppte ihre Koffer ins Terminal, fuhr mit der Rolltreppe hinunter zur Gepäckaufgabe und ging wieder nach draußen, wo Walter im Wagen auf sie wartete. Dianes Schwangerschaft lastete schwer auf ihm und er bangte um den Ausgang des Unternehmens, aber in diesem Moment fühlte er sich gestärkt und bereit. Lydia, die in ihren Alltag zurückgefunden hatte und wieder ganz die Alte war, hatte er erzählt, er müsse nach Houston zu einer Konferenz. Sie hatte nur schnippisch geantwortet: »Das sagen sie alle«, und er hatte leise gelacht, als hätte sie ihn ertappt. Dann hatte er sie mit einem Gefühl von Zärtlichkeit und Selbstverachtung gedrückt und beteuert, er wolle nicht nach Houston fahren, was in gewisser Weise sogar der Wahrheit entsprach.
Jetzt waren er und sein schwangeres, fünfzehnjähriges ehemaliges Au-pair unterwegs ins achtzig Meilen nördlich gelegene Anacortes. Walter brütete am Fähranleger, von wo sie nach San Juan Island übersetzen wollten, während Diane
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