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Ed King

Ed King

Titel: Ed King Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Guterson
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Rückseite einer Quittung von Lipman’s. »Mein Äquivalent zu einem gläsernen Schuh«, sagte sie, bevor sie den Zettel in die Brusttasche seines Blazers steckte. »Dafür ist das die Realität.«
    Jim hatte eine bezaubernde Familie. Seine Eltern, Nelson und Isobel, verstanden sich auf Anhieb mit Diane, ganz besonders Nelson, der mit seiner schmalen Oberlippe und seinem glänzenden Glatzkopf aussah wie ein Butler. Nelson war im Krieg in Debden stationiert gewesen, wo er »die Engländer lieben gelernt«, oder genauer gesagt, wo er jede Menge englischer Mädchen kennengelernt habe, die ganz genauso aussahen und klangen wie Diane. »Und deshalb«, fügte er augenzwinkernd hinzu, »verbinde ich Sie automatisch mit einer Zeit in meinem Leben, die aufregend und prägend für mich war.« Isobel sagte, Nelson habe auf dem Dachboden ein Fotoalbum mit Bildern der jungen, hübschen Engländerinnen, mit denen er ausgegangen sei, während sie kaum Verabredungen hatte, weil die meisten jungen Männer in Übersee waren. Doch wie wunderbar sei es gewesen, als sie 45 alle nach Hause zurückkehrten und sie sich vor Verehrern kaum habe retten können, bevor sie Nelson am Silvesterabend 46 im Sun Valley Lodge kennenlernte. Während des Kriegs hatte es als Hospital gedient und war gerade erst wieder eröffnet worden. Drei selige Tage lang waren sie gemeinsam Ski gefahren.
    Die Longs waren sich einig, dass Diane genau die Richtige für Jim war. Innerhalb eines Monats hatte sie ihr Alter Ego, Candy Dark, abgelegt und war ein fester Bestandteil des regen Gesellschaftslebens des bekannten Ski-Clans geworden. Jim und seine Brüder – Rob, Tom, Will und Trip – sahen sich untereinander alle ähnlich, obwohl Jim der sportlichste war und Tom, der jüngste und wie Jim unverheiratet, mit Abstand das dichteste Haar hatte. Die verheirateten Brüder flirteten auf die eine oder andere Weise mit Diane, waren aber alle zurückhaltend und ungefährlich. Tom, das Nesthäkchen der Familie und ihr selbsternannter Rebell, war zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um in Diane mehr zu sehen, als er sehen wollte, nämlich ein englisches Schmuckstück. Kims ältere Schwester Sue war mit dem Verkaufsleiter eines Lkw-Herstellers verheiratet, und seine jüngere Schwester Lynn war Tri-Delta-Studentin an der Universität von Oregon. Sie teilte sich bereitwillig mit Diane ein Zimmer, wenn die Longs in die Timberline Lodge einfielen oder nach einem Spiel der Ducks im Hilton in Eugene übernachteten. Lynn hatte einen buschigen kastanienbraunen Pferdeschwanz und liebte es, im Hotelzimmer auf ihrem Bett zu sitzen, Rum-Cola zu trinken und über Sex zu reden. Hartnäckig bedrängte sie Diane, Auskünfte über ihr Liebesleben zu geben, was sie schon gemacht oder nicht gemacht habe, was sie als Nächstes machen wolle, ob es stimme, dass Ausländer besser im Bett seien, besonders die Franzosen, ob sie auf Reizwäsche stehe, und wenn ja, auf welche, und ob sie Geheimnisse für sich behalten könne. Und dann natürlich die Geheimnisse selbst, zum Beispiel, dass Lynn die Pille genommen habe, bis ihr die zusätzlichen Pfunde und die Kopfschmerzen zu viel wurden (jetzt hatte sie ein Pessar, das aber auch nicht das Gelbe vom Ei war und möglicherweise neu angepasst werden musste), oder dass sie ihre Jungfräulichkeit während der Highschool verloren habe, danach aber nur noch mit einem Jungen geschlafen habe, abgesehen von dem, mit dem sie momentan schlief und der besser war als der davor und als der Junge an der Highschool.
    Jim war vergleichsweise geduldig, was seine sexuellen Bedürfnisse anging. Diane ließ ihn schon früh unter ihren Büstenhalter, doch war ihr Slip für ihn tabu, bis er ihr nach drei Monaten beim Besuch eines Fischrestaurants einen Granatring schenkte, was so viel heißen sollte wie: »Ich bin in dich verliebt.« An diesem Abend wehrte sie seine abwärts wandernden Finger nicht ab, die, kaum dass sie ihr Ziel erreicht hatten, mit Höchstgeschwindigkeit loslegten. Diane ließ seine übereifrigen Anstrengungen über sich ergehen, presste die Pobacken zusammen und stöhnte mehrmals aus vermeintlicher Lust, woraufhin er flüsterte: »Ich bin dran.« Nach knapp dreißig Sekunden schnaubte er: »Heiliger Herr Jesus!«, und alles war vorüber. Fortan genügte diese Art sportlichen Wettbewerbs, um Jim bei Laune zu halten. Wenn er vom Skifahren, Golfen oder Schwimmen kam oder nach einem langen Tag in der Firma, machte er seine Sache bei ihr und sie anschließend

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