Ed King
und diskutierte genauso gern über exklusive Ziele, sodass die Flugtickets gewöhnlich erst nach langen und hitzigen Debatten gebucht werden konnten. Der eine Bruder war für Lake Tahoe, der andere für Jackson Hole, und ein dritter ließ sich nicht von Vail abbringen. Diane tat so, als hätte sie eine eigene Meinung zu den Orten, Hotels, Skipisten, Stränden und Golfplätzen, über die gestritten wurde, aber tatsächlich war ihr alles egal, solange sie nicht auf ihren gewohnten Komfort verzichten musste. Während die Longs Ski fuhren, golften oder schnorchelten, stöberte Diane in Geschäften oder saß im Liegestuhl und las. Zuletzt schlurfte die Verwandtschaft erschöpft von den Anstrengungen des Tages ins Haus, und es war Zeit für Cocktailsund Pupus, Chips und Dip oder Fondue. Den Tagesgesprächen der Longs zuzuhören, ihren Aufschneidereien und dem gegenseitigen Anfeuern, verärgerte Diane mehr als der Tag selbst.
Die Longs waren eingeschworene Gesellschaftstrinker und wurden lockerer, wenn sie einmal in Schwung gekommen waren. Die ganze Urlaubsgesellschaft versammelte sich am Pool, wo die Brüder sich gegenseitig mit Arschbomben übertrumpften oder ihre Frauen ins Wasser schubsten. Das Erkennungszeichen der Familie war ein keckerndes Lachen, das bei diesen Gelegenheiten immer lauter und schriller wurde und um sich griff, als sei es ansteckend. Es hallte von einer Seite des Pools zur anderen, wenn die Long-Frauen auf den Schultern ihrer Männer thronten und sich lachend und stöhnend herunterzuzerren versuchten, angefeuert von den stürmischen Kommentaren ihrer unteren Hälften. Die Kommentare wurden gedämpfter und ernster, wenn die Männer Wettkämpfe unter Wasser ausfochten, doch schon bald ging es wieder zotig und albern zu, wenn sich die Frauen im Synchronschwimmen versuchten. Zuletzt saß der ganze Clan plaudernd neben dem Pool und genoss die letzten Sonnenstrahlen. Nach dem Duschen wurde auf der Terrasse gegessen. Anschließend fielen sie in eine Bar oder einen Club ein, wo einer oder mehrere von Jims Brüdern eine Disco-Parodie hinlegten oder zu vorgerückter Stunde auch schon einmal einen Striptease. Am Tag nach solchen Eskapaden kamen die Longs gegen Mittag aus ihren Zimmern, tranken schwarzen Kaffee und beschrieben sich gegenseitig ihren Kater. Doch schon bald darauf wurden Pläne geschmiedet, wie sie ihre Kopfschmerzen mit einer Partie Tennis, Golf oder Laufen vertreiben könnten.
In der Heimatbasis, dem Riverside Club in Portland, hielt Diane die meisten Männer auf Distanz, nur entmutigte das nicht die »Alpha-Männchen«, wie Jim die ehrgeizigen, aufstrebenden Spieler in der Rangliste des Clubs nannte. Sie flirteten mit ihr auf Bällen und Cocktailpartys, auf der Veranda des Golfplatzes und auf der Terrasse neben dem Pool. Unbeeindruckt von hübschen Jungs mit Geld, von denen letztendlich nichts zu erwarten war, konzentrierte Diane sich ganz auf ihre aufwendige Kosmetik, die künstlichen Nägel, die Besuche im Schönheitssalon und ihre makellose, peinlich gepflegte Garderobe.Mindestens einmal in der Woche hatte sie einen Termin, zum Beispiel zur Elektrolyse oder beim Dermatologen, oder sie ging zur Pediküre oder zur Kosmetik. Sie wusste, dass alle ihre Anstrengungen zum Scheitern verurteilt waren, denn zuletzt wurde jeder alt und hässlich. Und wie sollte man sich daran gewöhnen, alt und hässlich zu sein, wenn man sich nicht rechtzeitig darauf einstellte? Meistens jedoch verscheuchte Diane diese Gedanken und sagte sich, dass sie diese Fragen nicht heute beantworten musste, dass das gnädigerweise später kommen würde und im Hintergrund bleiben konnte und dass man sich ihnen im Alter mutig stellen konnte. Im Augenblick jedoch wollte sie in die Schlacht ziehen, denn die Schlacht, wenn auch nicht der gesamte Feldzug, konnte noch spielend gewonnen werden. Im Namen dieses vorübergehenden Siegs ließ Diane zur genauen Selbstüberprüfung einen beleuchteten Schminkspiegel an einer Ziehharmonikahalterung im Bad anbringen. Sie quälte sich mit Pinzetten, um zu verhindern, dass Schamhaare unter ihrem Badeanzug hervorschauten. Sie zupfte sich feine Härchen vom Kinn. Sie legte mit unendlicher Sorgfalt Mascara auf. Am Ende einer langen Sitzung intensiver Körperpflege war Diane selbst überrascht, wie gut sie aussah. »Ja«, sagte sie manchmal zu sich selbst, »alles ist eitel, zweifellos, aber ich bin die Schönste von allen.«
Jim machte kein Geheimnis aus seiner Freude über ihr großartiges
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