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Ed King

Ed King

Titel: Ed King Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Guterson
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brachte er einen Fruchtbarkeitsspezialisten ins Spiel. Diane betrachtete den Vorschlag, solange es ging, als vage Option und erklärte dann, sie wolle »ein wenig eigene Nachforschung anstellen«, während sie insgeheim hoffte, das Problem werde sich mit der Zeit von selbst erledigen. Aber Jims Kampagne stand gerade erst am Anfang. Auch andere Teile der Familie begannen sich für seinen potenziellen Nachwuchs zu interessieren, am nachdrücklichsten Jims Schwester Sue, die Frau des Lkw-Fabrikanten, die aus für Diane nicht nachvollziehbaren Gründen das Sagen in der Familie hatte. Sie war diejenige, die Ferienziele vorschlug, ins Reisebüro ging und für alle die Zimmer reservierte. Sie war auch diejenige, die jedes Jahr Logenplätze für den Nussknacker organisierte. Sobald eine der Long-Töchter dreizehn wurde, lud sie sämtliche weiblichen Familienmitglieder zum Nachmittagstee in ein ihnen vorbehaltenes Separee im Heathman. Sie selbst hatte zwei Töchter und drei Söhne, und ihr Mann war ein so hervorragender Golfer, dass er Jim immer acht Schläge schenkte. Sue spielte ebenfalls Golf.
    Sue verabredete sich am Telefon mit Diane zum Lunch. Bei Shrimp-und-Avocado-Salat redete sie zuerst um den heißen Brei herum, bevor sie einfühlsam und verständnisvoll auf ihr eigentliches Thema zu sprechen kam und ihr eine Liste mit Namen und Telefonnummern von Fruchtbarkeitsspezialisten zuschob. Sue hatte die Namen und Nummern in ihrer großen, geschwungenen Handschrift auf das Blatt eines Notizblocks geschrieben, auf dem oben »Mit besten Empfehlungen von … Sue Strom« aufgedruckt war. Unter die Liste hatte sie »Segne dich Gott!« geschrieben und ein Smiley gemalt.
    Doch auch jetzt blieb Diane untätig. Jim, mittlerweile verzweifelt in der Offensive, ging zu einem Spezialisten, der versicherte, »bei ihm sei alles im grünen Bereich«, wie er sagte. Diane hatte das Gefühl, er betrachte das Ergebnis des Tests als eine Art Zeugnis seines Werts als Mann – Samenvolumen, Spermiendichte, Beweglichkeit – und schiebe gleichzeitig ihr die Schuld zu. Im Gegenzug erklärte sie, ebenfalls einen Spezialisten aufgesucht und erfahren zu haben, sie sei aus unbekannten Gründen »subfertil«. Das bedeute lediglich, fügte sie hinzu, dass sie sich noch fleißiger anstrengen müssten, womit Jim sich fürs Erste zufriedengab. Am Sonntag des Super Bowl, den sie in Wills Schloss am Stadtrand verbrachten, berichtete er seinen grinsenden Brüdern frohgemut von dem Auftrag, »mit Diane Überstunden zu machen«.
    Natürlich brachten die zusätzlichen Anstrengungen Jim auch nicht weiter. So zeugungsfähig, willens und tatkräftig er auch war, er konnte Dianes »Subfertilität« einfach nicht knacken. Sie hielt jedoch seine Hoffnung wach, indem sie vorgab, stimulierende Hormone zu nehmen. Außerdem kaufte sie Freude am Sex, was Jim anfangs verlegen machte. Davon unbeirrt schaffte sie einen Sex-Ratgeber an, in dem alle Positionen abgebildet waren, die ihre Chancen vergrößern konnten, und ermunterte Jim, sie alle auszuprobieren, was er mit Feuereifer tat. Er ging die Sache ernsthaft an und versuchte, möglichst tief in sie einzudringen. Eines Abends brachte er kopierte Seiten aus einer Studie mit, in der untersucht wurde, ob die Qualität des weiblichen Orgasmus einen Einfluss auf die Chancen einer Schwangerschaft hatte. Die Untersuchung basiere auf der Theorie, wie es in dem Text hieß, »dass starke weibliche Kontraktionen wie mächtige Wellen sind,auf denen die Spermien dem Gebärmutterhals entgegenreiten«. Fasziniert von dem Gedanken, sich auf den Genuss der Partnerin zu konzentrieren, brachte Jim als Nächstes einen Vibrator und einen Dildo nach Hause. Diane, die zahllose Kunden mit einer Vorliebe für diese und andere Gerätschaften erduldet hatte, ließ ihn nicht nur gewähren, sondern tat pflichtbewusst so, als würde sie in mächtigen Wellen kontrahieren.
    Jim, der bei allem Reichtum und allen Privilegien völlig naiv war, hatte keine Ahnung, was gespielt wurde, und genoss sein abwechslungsreicheres Sexualleben, auch wenn die Empfängnis nach wie vor auf sich warten ließ. Auf der Höhe seiner Manneskraft, erlebte er eine Glückssträhne, genau wie das Unternehmen Long Alpine, das inzwischen so erfolgreich war, dass nicht nur der heimische Oregonian , sondern auch Fortune und The Wall Street Journal darüber berichteten. Schon bald musste die Firma erweitert und modernisiert werden, und die Marketingabteilung entwickelte unter Jims

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