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Ed King

Ed King

Titel: Ed King Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Guterson
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als Vertrauensperson wunderbar, aber gemein, wenn er sich über ihre Haare ausließ. »Ich kann mit vernachlässigtem Rohmaterial nicht arbeiten, weißt du«, sagte er manchmal und ließ eine ihrer Haarsträhnen durch seine Hände gleiten, oder auch: »Wenn du nicht täglich einen vernünftigen Conditioner benutzt, hat es gar keinen Sinn, zu mir zu kommen.« Sie schluckte diese bissigen Bemerkungen, weil ihre Besuche bei Steve immer in einem Triumph endeten. Wenn er zuletzt ihren Stuhl vor dem Spiegel drehte, sah Diane besser aus, und weil sie besser aussah, fühlte sie sich auch besser.
    Dann kam jedoch der Tag, an dem beide enttäuscht waren. Steve weigerte sich, Geld für das angerichtete Desaster anzunehmen, und versuchte vergeblich, mit der Schere noch etwas zu retten. Aber es wurde alles nur noch schlimmer, bis Steve mit Tränen in den Augen fragte, ob sie mit ihm auf eine Zigarette vor die Tür wolle, die er dringend brauche nach »diesem … diesem … ach, ich mag’s nicht mal sagen«. Draußen lief er wild paffend und mit grimmigem Gesicht vor seinem Salon auf und ab. Dann setzte er einen schwarzen Reißverschlussstiefel auf den Fenstervorsprung, verzog gequält sein Gesicht beim Anblick von Dianes verpfuschter Frisur und beschwor sie eindringlich, zu einem Freund von ihm zu gehen, »der ein leichtes Gesichtspeeling bei dir macht, nur ein bisschen Verjüngung der Haut, ich zahl auch dafür, nach dem, was ich dir eingebrockt habe«. Diane war gleich von dem Vorschlag eingenommen und fragte sich, warum sie nicht schon früher darauf gekommen war.
    Steves Freund war Dermatologe und hieß David Berg. Das Ergebnis seiner Behandlung war so überwältigend gut und seine Art so erfrischend und aufbauend, dass Diane ein Fan von leichten Gesichtspeelings wurde. Dr. Berg erklärte immer sehr genau, was er machte – »Das ist nur ein ganz milder Hautreiniger; jetzt trage ich unser Wundermittel auf; nun müssen wir vorsichtig und sorgfältig abspülen; zum Schluss gibt’s noch eine Lotion zur Beruhigung der Haut« –, und redete dabei mit einer samtigen Stimme, die ein Gesichtspeeling wie eine Kurbehandlung erscheinen ließ. Jedes Mal war Diane überrascht und beeindruckt von seinen Fähigkeiten, ihrer Haut mit einem Minimum an Schmerzen neue Frische zu verleihen. Ihre Behandlungen waren eine Angelegenheit zwischen ihr und Dr. Berg, die sie von Walter Cousins’ Geld bezahlte, das sie aus einem geheimen Bankfach nahm. Als es jedoch an aufwendigere Behandlungsschritte ging, nämlich die feinen Fältchen auf der Stirn, um die Mundwinkel und die Augenpartie zum Verschwinden zu bringen, musste Diane mit Jim sprechen, weil sie es unmöglich vor ihm verbergen könne, sagte Dr. Berg. An den behandelten Stellen würde sich eine leichte Kruste bilden und die Haut würde für einige Wochen einen pinken Farbton annehmen, bevor sie das endgültige Resultat einer glatteren, festeren und jugendlicheren Gesichtshaut erwarten dürfe. »Aber das hast du überhaupt nicht nötig«, hielt Jim dagegen, als sie es ihm erklärte, »weil ich Billy Joel bin – I love you just the way you are .«
    Im ersten Moment wollte Diane sagen: »Es geht aber nicht um dich, Jim«, aber inzwischen wusste sie es besser. »Ich bin nur froh, in modernen Zeiten zu leben«, sagte sie, »und das nötige Kleingeld für ein Intensivpeeling zu haben, und auch wenn es vielleicht moralisch vertretbarer wäre, unser Geld für karitative Zwecke zu spenden, können wir uns das doch leisten, oder?«
    »Können wir«, antwortete Jim, »aber darum geht es gar nicht. Ich weiß auch nicht, wie ich es ausdrücken soll, aber worum es hier geht, ist Eitelkeit.«
    Er hatte seine Mokassins über Kreuz auf den Wohnzimmertisch gelegt. »Auch nicht gerade die vorteilhafteste Haltung, um sich über Eitelkeit auszulassen«, dachte Diane. »Was ist mit deinen Ergänzungsmitteln?«, fragte sie, obwohl sie wusste, dass er sie seit Jahren nicht mehr eingenommen hatte. »Dieses Zeug für den schnellen Muskelaufbau? Oder dieses Gerät, das du dir bestellt hast – wie heißt es doch gleich –, dein Bauchmuskeltrainer? Also komm schon, sei nicht so selbstgerecht.«
    Jim spannte spaßeshalber seinen rechten Bizeps. »Und deshalb habe ich jetzt perfekte Bauchmuskeln«, sagte er.
    Also ließ sie ein Intensivpeeling an sich machen, das ein wenig wehtat, und verließ mit einer dicken Schicht Vaseline, reichlich Heftpflaster und Schmerzmitteln die Praxis. Abends schwollen ihr zu

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