Ed King
vor, dass sie die Spiele wie aus seltsamer Entfernung erlebte.
Ein Facelifting war kompliziert. Dr. Berg war Facharzt für Dermatologie, aber nicht für plastische Chirurgie. Dr. Green machte keine Gesichtsoperationen. Beide hatten Empfehlungen für sie, allerdings waren es nicht dieselben Empfehlungen. Diane war viel unterwegs und flog sogar nach Los Angeles, um sich mit einem Chirurgen zu beraten, der ansonsten Filmstars behandelte. Jeder, mit dem sie sprach, hatte ausgezeichnete Referenzen und machte persönlich einen ebenso überzeugenden Eindruck, aber zuletzt entschied sie sich für Dr. Jerry Kaplan, weil er vor Ort war, noch Termine im Juni frei hatte und weil in seinem Wartezimmer Vanity Fair und Vogue auslagen. Seine Sprechstundenhilfe gab Diane Referenzen und Informationsbroschüren, sprach ihr Mut zu und machte ihr Komplimente. Diane las die Fachliteratur und auch einige Horrorgeschichten, die plötzlich überall auftauchten, über missglückte Faceliftings, Narkosefehler und schmerzhafte Komplikationen bei der Heilung. Doch das alles konnte sie nicht abschrecken. Dr. Kaplan, der begeistert von ihrem Gesicht und den Dingen redete, die man damit anstellen konnte, schien der Aufgabe gewachsen zu sein. Sie könnten mit einem Brauenlifting anfangen, um die Stirn zu glätten, sagte er, und ein bisschen an den Augen zur Straffung der Unterlider machen – »viel Freude für wenig Aufwand« nannte er das. Er versicherte ihr, sie werde mit dem Ergebnis zufrieden sein, er könne aber kein Versprechen abgeben, weil seine Arbeit mehr der Kunst als der Wissenschaft zugehöre.
»Der Kunst?«, fragte Diane. »Das macht mich ein bisschen nervös.«
Dr. Kaplan lehnte sich in seinem Schreibtischstuhl zurück und legte die Hände hinter den Kopf. »Es geht um ästhetische Chirurgie«, sagte er. »Die Resultate sind somit immer subjektiv. Sie werden unter emotional eingefärbtem Blickwinkel betrachtet.« Der Arzt ließ seinen Hals kreisen, wie um ihn zu lockern. »Ich will ganz offen zu Ihnen sprechen«, sagte er. »Niemand sollte sich für eine Schönheitsoperation entscheiden, wenn er eigentlich eine Therapie braucht. Meine Arbeit ist äußerlich. Ich verändere nur die Oberfläche.«
»Ich brauche keine Therapie«, sagte Diane. »Ich möchte besser aussehen.«
Dr. Kaplan wischte sich einen Fremdkörper aus dem Augenwinkel. »An Ihrem Aussehen kann ich etwas verändern«, versicherte er ihr, »aber für das, was drinnen vor sich geht, bin ich nicht zuständig. Ich kann Ihre emotionalen Probleme nicht lösen, ich meine, vorausgesetzt, Sie haben emotionale Probleme.« Dr. Kaplan zerrieb, was er sich vom Augenlid gefischt hatte, zwischen Daumen und Zeigefinger. »Was drinnen ist, ist nicht mein Gebiet«, wiederholte er. »Ich werde alles in meinen Möglichkeiten Stehende tun, Ihnen ein makellos schönes Gesicht zu geben, aber …«
»Das heißt, es ist jetzt nicht schön?«
Ohne einen Moment zu zögern, fällte er sein Urteil. »Es ist wunderschön«, sagte er. »Sollen wir die Operation abblasen?«
Zwei Wochen später saß sie auf der Kante seines Untersuchungstisches, während er ihre Haut mit der Hand knetete und sie durch ein beleuchtetes Vergrößerungsglas inspizierte. Er presste, spannte, zupfte und knuffte und erläuterte gleichzeitig seinen Befund: »Unterhalb der Kinnregion haben Sie eine minimale Bindegewebsschwäche, die wir vermutlich mit einem S-Lift beheben oder auch für später belassen können. Durch die Peelings ist Ihre Hautqualität immer noch gut, aber hier, unter den Augen, zeigt sich, wie Sie wissen, eine leichte Müdigkeit, die wir meiner Meinung nach angehen sollten, und … nun … über Ihre oberen Lider lässt sich ebenfalls streiten. Ich könnte sie liften, denke ich, oder ich könnte die gesamte Stirnpartie machen, also die Stirn liften, wo die Haut ein wenig erschlafft ist – wirklich nur ein kleines bisschen –, und die Augenlider gleich mit straffen; ich denke, in Ihrem Fall wäre das die bessere Lösung.« Dr. Kaplan bearbeitete mit seinen geübten Fingern ihre Schläfen. »Also gut«, sagte er, mit seinen Bewegungen fortfahrend, »S-Lift, Unterlider, Stirnlift statt bloß die Oberlider – wir sollten das alles machen, solange Ihre Haut noch eine hohe Elastizität hat. Und für jemanden in Ihrem Alter haben Sie wirklich eine ausgezeichnete Elastizität. Nicht dass ich Sie als Kundin verlieren möchte, aber alles das könnte meiner Meinung nach auch noch ein paar
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