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Ed King

Ed King

Titel: Ed King Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Guterson
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Jahre warten. Absolut.«
    »Wir machen alles«, sagte Diane. »Ich will es jetzt.«
    »Sagen Sie mir noch einmal, was Sie wollen«, sagte Dr. Kaplan. »Gehen wir es noch einmal der Reihe nach durch.«
    »Was ich will«, sagte Diane. »Ich will jünger aussehen. Ich möchte keine schlaffen Wangen. Ich kann meine Augen nicht leiden. Ich kann meine Stirn nicht leiden. Ich will nicht die ganze Zeit müde und grau aussehen. Ich will nicht so aussehen, als hätte ich irgendwelche Operationen an mir machen lassen. Mein Ziel ist es, zehn Jahre jünger auszusehen, aber natürlich, nicht künstlich.«
    Da sie wusste, wie sie klang, fügte Diane noch hinzu: »Das alles würde ich niemandem außer einem Schönheitschirurgen sagen. Ich habe tatsächlich noch eine andere Seite – ein anderes Ich, das sehr viel weniger eitel ist.«
    An dem vereinbarten Tag machte Diane das, was Dr. Kaplans Sprechstundenhilfe ihr gesagt hatte: Sie erschien mit nüchternem Magen, einem zuvor eingenommenen Sedativum, ohne Make-up oder Schmuck und mit Jim im Schlepptau. Als ihr Gesicht wie von einem Tattoo-Künstler mit allerlei Strichen übersät war und sie in einem unvorteilhaften Krankenhauskittel ausgestreckt auf einer Trage lag, drückte Jim ihr einen Kuss auf die Stirn und sagte: »Ich liebe dich, Diane. Ich bin da, wenn du wieder rauskommst. Gott schütze dich.«
    Jim war da, als sie im Aufwachraum zu sich kam, nur dass sie ihn nicht sehen konnte, weil ihr Kopf komplett einbandagiert war. Sie wusste nur, dass er da war, weil er, als sie seinen Namen sagte, antwortete: »Lass uns zur Sache kommen, Diane. Ich habe da in deinem Krankenblatt eine merkwürdige Sache entdeckt.«
    Das war ungewöhnlich. Es war nicht das, was Jim nach dem Erwachen aus der Narkose als Erstes zu ihr sagen sollte. »Sind meine Augen in Ordnung?«, fragte sie mit schmerzender Kehle. »Ist alles gutgegangen? Sehe ich gut aus?«
    Sie hörte eine Stimme, die von einer Schwester stammen musste. »Es ist alles prima verlaufen. Haben Sie Durst, Mrs Long? Aber sicher. Ich hole ein paar Eiswürfel. Seien Sie beruhigt, es ist phantastisch gelaufen. Der Doktor kommt in ein paar Minuten und erzählt Ihnen mehr, aber er ist sehr, sehr zufrieden mit allem.«
    Dann kam wieder Jims Stimme, immer noch in dem ausdruckslosen, beunruhigenden Geschäftston, der jedes Mitgefühl vermissen ließ. »Ich weiß nicht, ob wirklich alles so phantastisch ist«, sagte er. »Du hast einen Verband um den Kopf, deshalb kann ich dir dein Krankenblatt nicht vors Gesicht halten, aber da steht ›Kombiniertes orales Kontrazeptivum‹, Diane. Das heißt die Pille.«
    Trotz ihrer Benommenheit reagierte Diane auf diesen Vorwurf mit kühler Offenheit. »Ich nehme nicht die Pille«, sagte sie.
    »Und wieso steht es dann auf deinem Krankenblatt?«
    »Ein Versehen.«
    Es entstand eine lange Pause, in der Diane dachte: »Miserables Timing.« Blind und hilflos, hörte sie Jim sagen: »Ich komme mir verarscht vor. So richtig verarscht. Ich glaube nicht, dass mir jemals etwas so gestunken hat. Das ist echt mies. Unterste Schublade. Ich kann’s gar nicht glauben; das muss jemand anderem passiert sein. So was kann gar nicht mir passieren.«
    »Jim.«
    »Lass das. Weißt du was, Diane? Das ganze Geld für dein Aussehen, das ist alles nur Firlefanz. Und obendrein auch noch zu lügen und zu sagen, die Pille auf dem Krankenblatt sei ein Versehen – wer verdammt noch mal bist du? Wer bist du?«
    Als Diane schwieg, sagte die Schwester schnell: »Vielleicht sollten Sie später darüber reden, Mr Long. Die Patientin hat gerade erst eine Operation hinter sich.«
    Aber das spätere Gespräch war genauso unergiebig. Jim wollte nichts hören und machte klar Front gegen sie. Die selbstgerechte Sicherheit, die die Longs so reich gemacht hatte? Jim besaß davon im Übermaß und ließ es Diane eiskalt spüren. Mit anderen Worten, es gab nichts zu bereden, zumindest nicht für Jim. Bevor Diane auch nur ahnte, wohin die Dinge sich entwickelten, hatte ihr böse hintergangener Ehemann bereits einen privaten Schnüffler engagiert. Innerhalb einer Woche nach ihrem Facelifting war die Pille ein Faktum, und Jim hatte seine Mission gefunden: Wie oft hatte Diane gelogen? Womit hatte sie ihn belogen? Und wann? Der Schnüffler fand jede Menge Unangenehmes, darunter das Postfach in Sullivan’s Gulch, das Diane erst kürzlich aufgelöst hatte. Die Dinge erreichten ihren Tiefpunkt, als er unter Dianes alter Telefonnummer auf den Candace Dark

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