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Ed King

Ed King

Titel: Ed King Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Guterson
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Escort Service stieß. Der Schnüffler war gut, aber eins blieb ihm gnädigerweise verborgen – die Existenz von Baby Doe.
    Der Long-Clan war entsetzt, dass Jim eine ehemalige Prostituierte geheiratet hatte. Sie schlossen die Reihen, wie schon bei Sues unstetem Lkw-Fabrikanten, und servierten Diane ihr Haupt auf dem Silberteller. Die Karriere als »Escort«, ihre vermeintliche Unfruchtbarkeit, das merkwürdige Postfach, die Lügen über ihre Herkunft, die erfundene Biographie, ihr ganzes gefälschtes Ich: Das alles ergab mehr als genug Material für den erstklassigen Scheidungsanwalt, den Jim sich nahm – und der bereits Sue geholfen hatte, ihren untreuen Gatten bis aufs Hemd auszuziehen –, um sicherzustellen, dass Diane aus der Familie verbannt wurde und dabei so wenig von dem Ski-Reichtum mitnahm, wie es das Gesetz von Oregon erlaubte. Nachdem alles über die Bühne war, saß Diane nach elf Jahren als Mrs Long wieder auf der Straße, mit fünfundzwanzigtausend Dollar Abfindung von Jim, sechzigtausend Dollar Schweigegeld von Walter Cousins, ein paar hübschen Kleidern, schlankem Po und schlanker Taille, einem gelifteten Gesicht, das permanent einen überraschten Ausdruck trug, und dem immer gleichen Bedauern wegen ihres Sohnes. Alles in allem gar nicht mal schlecht. Bedauern, Kleidung, Schönheit, relative Jugend und fünfundachtzigtausend Dollar für einen Neuanfang.

6
    Ed und ältere Frauen
    Nach seinem Sieg zwischen den Weizenfeldern hielt Ed sich streng an das Tempolimit und sah immer wieder in den Rückspiegel. »Glaubst du, er ist tot?«, fragte er Tracy Stolnitz in regelmäßigen Abständen. »Glaubst du, den Typen hat’s erwischt?«
    »Und ob«, antwortete Tracy jedes Mal oder irgendetwas in der Art. »Hundertprozentig. Wir könnten in Schwierigkeiten stecken.«
    Ed machte sich Sorgen, ein Farmer könnte sie beobachtet und bereits die Bundespolizei alarmiert haben. Bei Washtucna rechnete er ununterbrochen damit, auf eine Straßensperre zu treffen, wie im Film, aber er ließ es drauf ankommen und passierte den Ort in der vorgeschriebenen Geschwindigkeit. Auf der anschließenden einstündigen Fahrt bis Othello sah er immer wieder angespannt in den Rückspiegel und fragte sich, ob der BMW-Fahrer nicht doch wie durch ein Wunder überlebt hatte oder ob ein Farmer ihnen inzwischen die Polizei auf den Hals gehetzt hatte. Aber auch in Othello gab es keine Straßensperren und ebenfalls nicht in Royal City, Vantage oder Ellensburg. Obwohl das nicht viel heißen musste. Denn wenn der Typ überlebt hatte, könnte der Ärger erst später losgehen. Vielleicht würde er, getrieben vom eisernen Willen, Rache zu üben, gesund werden, Ed ausfindig machen und ihn umbringen. Oder er kam schwer atmend und stöhnend aus dem OP gerollt und würde einem Schnüffler von dem schwarzen 66er Pontiac GTO mit Washingtoner Kennzeichen und Rennstreifen erzählen, der ihn von der Straße gedrängt hatte. Demselben GTO, in dem Ed jetzt unterwegs war und der mit einer dicken Schicht Ackerstaub überzogen war. Dem Wagen, nach dem mittlerweile offiziell von allen Gesetzeshütern zwischen Idaho und dem Pazifik gefahndet wurde. Trotz aller Sorgen gelangten Ed und Tracy zuletzt unbehelligt nach Seattle, abgesehen von Eds innerem Aufruhr, den Gewissensbissen, den Grübeleien und vor allem der Angst, geschnappt zu werden.
    »Cool«, sagte Tracy, als er sie vor dem Haus ihrer Mutter absetzte. »Ich glaube, wir sind echt cool.«
    »Ich kann’s nicht fassen«, antwortete Ed. »Ich hab jemanden umgebracht.«
    Am nächsten Morgen, nach einer schlaflosen Nacht, wusch Ed den Staub von seinem Wagen. Er erklärte Alice, er müsse an dem Wagen etwas nachsehen, und fragte, ob er ihren Peugeot aus der Garage fahren und dort seinen Wagen reparieren könne. »Darf ich mir den Peugeot auch kurz ausleihen?«, fragte er. Alice gab ihm die Schlüssel, sagte: »Bis heute Nachmittag«, und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Ed fuhr zur Stadtbibliothek, wo er im Moscow-Pullman Review auf einen Artikel mit der Überschrift »Tödlicher Unfall ohne Fremdbeteiligung« stieß. Der Text lautete:
    Ein 51-jähriger Fahrer aus Seattle kam am Sonntagmorgen bei einem Unfall ohne Fremdbeteiligung in Whitman County ums Leben.
    Der Unfall ereignete sich zwischen 11 und 12 Uhr vormittags auf der Zaring Cut-Off Road vier Meilen westlich von Dusty.
    Der Fahrer des BMW verlor offenbar die Kontrolle über sein Fahrzeug und kam von der Straße ab. Er verstarb noch am

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