Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut
hatte ich frisches Blut am Handrücken. An Nase und Kinn klebten getrocknete Blutkrusten. Ich konnte das linke Auge nicht richtig öffnen, und eine frische Wunde, die von der linken Schläfe bis unters linke Ohr zu reichen schien, schmerzte heftig, als ich hinfasste. Mit der Zunge ertastete ich Zahnfleisch, das in Fetzen hing, und Zahnreste, die noch im linken Unterkiefer steckten; es fühlte sich an, als würden mindestens zwei Zähne fehlen. Als ich zu mir gekommen war, war meine Kopfhaut trocken gewesen, jetzt war sie ganz nass. Ich fuhr mir mit der Hand durchs Haar und stellte fest, dass es Schweiß und wenigstens kein Blut war. Mir tat alles weh, es schien aber nichts gebrochen zu sein. Im Notfall, glaubte ich, würde ich mich bewegen können.
Ich wandte noch einmal den Kopf, ließ ihn aber diesmal auf dem Sofa liegen. Wenn ich den Kopf nach rechts drehte und ihn dann ganz langsam in den Nacken legte, konnte ich aus einer Art Fischaugenperspektive in den Raum schauen: Er war lang und schmal, ein alter Gartenschuppen voller Geräte, Farbeimer und Pinsel. Der Boden war aus Stein, und an der rechten Wand befanden sich ein paar Schränke oder kleine Abstellkammern. Am anderen Ende des Raumes, in eine Wolke von Qualm gehüllt, saßen drei Männer an einem weißen Gartentisch und spielten Karten. Ich sah ihnen eine Weile zu und bemühte mich, mein rechtes Auge scharf zu stellen und den pochenden Schmerz in meinem Schädel zu ignorieren. Schließlich war ich mir sicher, sie erkannt zu haben: Es waren Blaukappe, Nasenring und Dessie Delaney. Immerhin saß mein Kopf noch auf den Schultern. Ich legte mich wieder gerade hin und sah zu den Deckenbalken hinauf. Durch lange, schmale Fenster fiel sanftes Licht herein: früher Abend, vielleicht noch derselbe Tag. Das hoffte ich zumindest.
Jemand stand vom Tisch auf. Ich hörte, wie eine Tür geöffnet wurde, gleich darauf ertönten Pissgeräusche.
»Mann, tut das gut.«
»Schau mal nach dem Typen, ja?«
»Der läuft schon nicht weg.«
»Schau trotzdem nach. Podge will, dass wir ihm gleich Bescheid sagen, wenn er aufwacht.«
»Podge will viel, wenn der Tag lang ist.«
»Händewaschen nicht vergessen.«
»Leck mich doch.«
Wieder Lachen, dann näherten sich Schritte. Es half nichts, das Unvermeidliche hinauszuzögern. Ich sah hinauf zu einem großen, dürren Mann mit kahl rasiertem Schädel, einem Nasenring und grün-gelben Flecken am Hals.
»Der Wichser ist wach«, sagte Nasenring und schaute grinsend auf mich herunter. »Wir sollten ihm ’nen Spiegel geben, dann kann er sein neues Gesicht bewundern.«
Blaukappe kam dazu. Er trug keinen Verband mehr, aber seine Nase war ein blau und rot verschwollenes Etwas. Auch er grinste. Mein Gesicht hatte offenbar hohen Unterhaltungswert.
»Sieht aus wie ’n Job für Podge Halligan«, sagte er mit schlecht imitiertem amerikanischem Akzent. »Geh ihn mal holen, Dessie.«
Jetzt lachten Nasenring und Blaukappe alle beide. Diese ewige Lacherei ging mir auf die Nerven. Ich richtete mich auf, stellte die Füße auf den Boden und umklammerte meine Knie, um das Gleichgewicht zu halten. Als ich mich bewegte, machten Nasenring und Blaukappe gleichzeitig einen Schritt rückwärts, und Blaukappe stolperte über den kaputten Rasenmäher. Ich wäre fast ohnmächtig geworden, als mir das Blut aus dem Kopf schwand, und war kurz davor, mich zu übergeben, weil sich mir der Magen von der ungewohnten Bewegung umdrehte. Jemand schien in regelmäßigen, rhythmischen Abständen mit einem Stein auf meinen Kopf zu hauen. Nasenring versuchte, Blaukappe aufzuhelfen, und Blaukappe schubste ihn weg. Ich blieb, wo ich war, und bereitete mich darauf vor, den Kopf zu heben. Das Blut lief mir in Strömen aus der Nase. Ich drückte sie direkt unter der Nasenwurzel fest zusammen.
»Kannst froh sein, dass er sie dir nicht gebrochen hat«, brummte Blaukappe missmutig.
»Können wir ja machen«, schlug Nasenring vor. Er sah Blaukappe an. Der zuckte die Achseln, hob einen schweren Spaten mit Holzgriff auf und warf ihn Nasenring zu. Nasenring griff daneben, und der Spaten fiel krachend zu Boden.
»Mach ruhig«, sagte Blaukappe.
Da tauchte hinter ihm Dessie Delaney auf. Er trug den rechten Arm in Gips.
»Podge sagt, bevor er hier ist, passiert gar nichts«, sagte er. Im Vergleich mit Blaukappe und Nasenring wirkte er autoritär, fast schon staatsmännisch.
»Ich schulde dem Scheißer noch was.« Nasenring bückte sich nach dem Spaten.
»Meinst du, ich
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