Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut
nicht?«, sagte Dessie Delaney. »Warten wir auf Podge. Ich bin mir ziemlich sicher, Podge hat nen Plan.«
»Der kann froh sein, dass Podge ihm nicht die Nase gebrochen hat«, sagte Blaukappe.
»Der kann froh sein, dass Podge so einiges nicht gemacht hat«, fügte Dessie Delaney grinsend hinzu.
Blaukappe und Nasenring lachten.
»Ist wahrscheinlich der Erste, dem Podge Roofies verpasst und dem hinterher nicht das Loch wehtut«, sagte Blaukappe.
»Was nicht ist, kann ja noch werden, Jungs. Die Nacht ist jung. Alles ist möglich«, ließ sich eine dünne, hohe Stimme vernehmen.
Podge Halligan war eingetroffen.
Er sah aus wie ein Mitglied der Loyalisten-Miliz: Muscle-Shirt, Hüftjeans, weiße Baseballkappe. Er begrüßte seine Männer mit einer Umarmung und einem Schlag auf den Rücken, küsste Nasenring auf den Mund, dann wirbelte er herum und schlug mir mit der linken Faust ins Gesicht, wobei er den Schlag mit der Schulter verstärkte. Ich flog zurück auf das Sofa, mein Kopf knallte an die Wand. Blut schoss mir aus der Nase auf Podges weißes Shirt. Er zog es sofort aus und wischte sich damit das Blut von seinem mit Tattoos übersäten, von Steroiden aufgeblähten Oberkörper.
»Noch ein paar auf die Nase, dann kann ich ihn in den Arsch ficken!«, brüllte Podge Halligan. Er lachte, aber es dauerte, bis die anderen einstimmten. Dessie Delaney verzog den Mund, Blaukappe sah verstört drein und Nasenring einfach nur verängstigt.
Podge schien das nicht zu stören. Er drehte sich um, marschierte durch den Raum, wippte dabei mit dem Kopf und schnippte mit den Fingern im Takt einer Melodie, die nur er hören konnte.
Ich befühlte meine Nase. Obwohl sie ein einziger Brei aus Knorpel und blutigem Fleisch war, war sie wie durch ein Wunder nicht gebrochen. Ich drückte sie noch einmal direkt unter der Nasenwurzel zusammen, um den Blutfluss zu stillen. Ich fixierte den Spaten auf dem Boden, wo Blaukappe ihn hatte fallen lassen, merkte mir die Positionen der Gartengeräte an den Wänden, musterte die verängstigten Mienen von Podges Spießgesellen. Wenn ich schon unterging, wollte ich zumindest dafür sorgen, dass Podge nicht davonkam.
Jetzt kam er mit einer Bierdose und einer Zigarette zurück. Er trank die Dose halb leer, rülpste Blaukappe ins Gesicht, dann trat er vor mich und fuchtelte mit der brennenden Zigarette vor meinem Gesicht herum.
»Ich bin noch nicht fertig mit dem Wichser hier. Noch lange nicht«, sagte er, und sein aufgedunsenes Gesicht verzog sich zu einer ganzen Serie Furcht einflößender, anzüglicher Grimassen. Er zog lange an der Zigarette und brachte die rot glühende Spitze erst ganz nah an mein zugeschwollenes linkes Auge, dann an mein offenes rechtes heran. Es tränte und schmerzte von der Hitze und dem Qualm. Ich versuchte, ruhig zu bleiben, und bereitete mich innerlich darauf vor, schnell nach dem Spaten zu greifen.
»Podge. Podge, George hat gesagt …«
Podge Halligan nahm die Zigarette weg und drehte sich zu Dessie Delaney um.
»Was hat George gesagt?«
Delaney versuchte, Podge zu sich zu ziehen und ihm etwas ins Ohr zu flüstern, aber Podge schüttelte ihn ab wie eine lästige Fliege.
»Hör auf mit dem Scheiß. Willst mir ja wohl nicht Geheimnisse erzählen und flüstern wie ’ne Tussi? Was hat mein Bruder gesagt?«
»Wir sollen nicht zu weit gehen. Einfach rausfinden, was er weiß, und dann … Wir sollen ihm nur ’n bisschen Angst machen, sonst nichts«, sagte Dessie Delaney.
Podge trat ganz dicht an Delaney heran, sodass sie fast Stirn an Stirn standen.
»Ich glaub, er hat schon Angst, Dessie. Hast du auch Angst? Sag schon.«
Dessie Delaney schüttelte den Kopf.
»Nein, Podge«, sagte er.
Podge trat einen Schritt zurück.
»Gut so«, sagte er und versetzte Dessie Delaney einen Kopfstoß. Delaney schrie auf vor Schmerz und fiel auf die Knie. Zwischen den Fingern, die er ans Gesicht gedrückt hielt, tropfte Blut hervor.
»Solltest aber Angst haben. Mein Bruder. Mein sauberer Bruder.« Podge wippte wild mit dem Kopf zu den imaginären Beats. »Was spielt das für ’ne Rolle, was der kleine Wichser da weiß? Kommt aus den Staaten hierher, hält sich für sonst was, schnüffelt rum wie ’n gottverdammter … Ich meine, wenn er wirklich was wüsste, wenn er wüsste, wo Tommy Owens ist und was in der Nacht da mit MacLiam und Peter Dawson passiert ist, wenn er überhaupt irgendwas wüsste … wenn er etwas wüsste oder vielleicht sogar wirklich weiß … der kann doch
Weitere Kostenlose Bücher