Edelherb: Roman (German Edition)
Freund geschossen habe. Du willst irgendwas von mir.«
Ich schaute auf die Uhr. »Was könntest du denn haben, das ich von dir wollte?«
»Wie ich geschrieben habe: Informationen«, sagte Jacks.
Da hatte er recht. »Dein Vater ist tot«, sagte ich zu ihm.
»Yuri, ja, hab ich gehört. Na und? Der Mann war kein bisschen ein Vater für mich.«
Es war schwer vorstellbar, dass er so wenig für seinen eigenen Vater empfand. »Im September sagtest du, dass Natty und ich in großer Gefahr wären. Vielleicht hast du mitbekommen, dass es danach Attentate auf uns beide gab und dass Leo tot ist.«
»Leo ist tot?« Jacks schüttelte den Kopf. »So war das nicht geplant.«
»Was war nicht so geplant? Was meinst du damit?«
»Ich hatte gehört …« Er senkte die Stimme. »Dass jemand aus der Familie versuchen wollte, deine Schwester und dich auszuschalten. Dadurch wäre dann von Leonyd Balanchines Seite der Familie niemand mehr übrig, der die Geschäfte übernehmen könnte. Aber Leo sollte nicht angetastet werden. Leo war da, wo auch immer du ihn hingeschickt hattest. Leo war aus dem Rennen.«
»Wer war es, Jacks? Sag mir, von wem du redest.«
Er schüttelte den Kopf. »Ich … ich weiß es nicht genau. Also gut, pass auf: Ich habe niemanden vergiftet.«
»Das glaube ich dir.«
»Wirklich?« Überrascht hielt Jacks inne. »Und ich wollte auch nicht auf deinen Freund schießen. Was ich dir letztes Jahr gesagt habe, war die Wahrheit. Ich wollte Leo nur verletzen, um ihn zu Yuri zu bringen. Aber dann hatte ich leider Pech und erwischte deinen Freund. Ich hätte nur ein paar Monate absitzen müssen, wenn es Leo gewesen wäre, aber … na, du weißt ja, wie es lief.
Yuri hat Mickey zu mir geschickt. Er sagte: ›Die Stadt will einen Namen sehen, der für die Balanchine-Kontaminierung verantwortlich ist, dann kann die Familie die Sache zu den Akten legen.‹ Also habe ich den Kopf hingehalten.«
»Was hast du dafür bekommen?«
»Mickey sagte, er würde sich um mich kümmern, wenn ich wieder draußen bin.«
»Aber was hat das mit Natty und mir zu tun?«
Jacks verdrehte die Augen. »Ich fragte ihn: ›Und was ist, wenn ich rauskomme, und Anya Balanchine und ihre Schwester sind dann erwachsen? Was hält sie davon ab, mir eine Kugel zwischen die Augen zu setzen als Ausgleich für alles, was ich getan habe?‹ Da sagte Mickey, er würde sich um euch kümmern.«
Jacks wusste überhaupt nichts über Sophia Bitter.
»Jacks, das ist alles, was du mir sagen wolltest? Das heißt doch noch lange nicht, dass Mickey mich umlegen wollte! Ich denke, er wollte mich zum Geschäftspartner machen.«
»Aber du hast gesagt, es hätte Anschläge auf dich und deine Schwester gegeben. Von daher …«
»Was ist mit Mickeys Frau?«
»Sophia? Nee. Die hatte damit bestimmt nichts zu tun. Ist doch nur eine Frau.«
»Das ist chauvinistisch.« Ich stand auf. Mit Jacks zu sprechen war schon immer Zeitverschwendung gewesen.
»Warte, Anya! Geh nicht! Wo du das gerade sagst: Das erste Mal habe ich Sophia Bitter gesehen, kurz bevor das mit den Vergiftungen begann.«
Langsam kehrte ich zu meinem Stuhl zurück.
»Sie war erst ein oder zwei Wochen vorher in New York eingetroffen. Damals dachte ich mir nichts dabei, aber vielleicht hast du ja recht. Vielleicht wollte Mickey sie mit seiner Vertuschung ja schützen.« Jacks’ blasses Gesicht wurde rot. »Vielleicht ist diese Schlampe der einzige Grund dafür, dass ich hier hocke!« Er wollte wissen, welche Beweise ich dafür hätte, dass Sophia Bitter daran beteiligt war, und ich erzählte ihm von der Goldfolie und dem Umstand, dass sie einer der wenigen Menschen gewesen war, die gewusst hatten, wo meine Geschwister und ich sich aufhielten.
»Das kann sie niemals alleine durchgeführt haben«, sagte Jacks. »Sie muss einen Komplizen haben.«
Ich fand einen Namen ziemlich offensichtlich. »Yuji Ono?«
»Möglich. Aber es muss auch jemand von innen sein.«
»Ihr Mann.«
»Ja, aber die Sache ist die, Annie: Vielleicht verstehst du das nicht, aber die Vergiftungen haben in erster Linie Mickey geschadet. Er sollte Balanchine Chocolate als Nächster leiten. Als die Leute vergiftet wurden, dachten alle, er und Yuri könnten nicht für Ordnung sorgen.« Jacks fuhr sich über seine Glatze. »Was ist mit Fats? Nee, das würde Fats nie tun. Er liebt Schokolade viel zu sehr. Und er liebt euch Kinder. Was ist mit diesem Anwalt, der für dich arbeitet?«
»Mr. Kipling?«, fragte ich zurück.
»Nein,
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