Edelweißpiraten
loszubrüllen. Was uns einfällt, mitten in der Nacht hier rumzuhängen und so einen Lärm zu machen? Ob wir nicht wissen, dass das verboten ist? Und wir sollten ihm gefälligst unsere Ausweise zeigen!
Wir haben’s erst mit den üblichen Sprüchen versucht:
»Ausweise? Was für Ausweise?«
»Verboten? Seit wann?«
»Wen meinen Sie eigentlich? Uns?«
Aber das hat bei dem nicht verfangen. Er hat uns böse angesehen, dann ist er auf Frettchen zugesteuert. Den suchen sich die Kerle meistens aus, weil er so hässlich ist und weil sie glauben, mit ihm könnten sie sich alles erlauben.
»He, du! Kleine Ratte! Komm mal her!«
Frettchen ist wie von der Tarantel gestochen hochgesprungen. »Jawohl, Herr Oberwachtmeister!«
Der Kerl war natürlich kein Ober-, sondern ein stinknormaler Wachtmeister. Aber das machen wir bei Polizisten immer so. Erstens, um uns über sie lustig zu machen. Und zweitens, weil sich einige von ihnen wirklich geschmeichelt fühlen. Einige. Dieser natürlich nicht.
»Was habt ihr hier verloren?«, hat er losgedonnert.
Frettchen hat die Hacken zusammengeschlagen. »Wir sind beschäftigt, Herr Oberwachtmeister!«
»So! Beschäftigt, was? Da bin ich aber gespannt, womit ein verlauster Haufen wie ihr beschäftigt sein kann. Raus mit der Sprache!«
»Melde gehorsamst, Herr Oberwachtmeister: Haben vom Endsieg geträumt und darüber völlig die Zeit vergessen!«
Für ein paar Sekunden ist es totenstill gewesen. Alle haben die Luft angehalten. Ich weiß nicht, wie Frettchen das macht, aber er sagt so was immer todernst. Als wär’s seine tiefste Überzeugung. Sogar der Wachtmeister war für einen Moment unschlüssig. Dann hat er sich vor ihm aufgebaut.
»Jetzt pass mal gut auf, Bürschchen! Werd hier ja nicht frech! Mit einem wie dir sind wir ganz schnell fertig, verstanden?«
»Jawohl, Herr Oberwachtmeister!« Frettchen hat wieder die Hacken zusammengeschlagen, diesmal so laut, dass es einem in
den Ohren dröhnte. »Ganz schnell fertig mit einem wie mir. Danke für die Belehrung, Herr Oberwachtmeister!«
Wir anderen hatten inzwischen einen Kreis um die beiden gebildet. »Ach, lassen Sie ihn doch«, hat Tom von der Seite gesagt. »Sehen Sie nicht, dass er ganz verwirrt ist? Er redet schon unzusammenhängendes Zeug!«
»Unzusammenhängendes Zeug mach ich gleich aus dir«, knurrte der Wachtmeister. Dann hat er einen nach dem anderen von uns angesehen. Schließlich ist er bei Flint hängengeblieben.
»Du da!«, hat er gesagt und mit dem Finger auf ihn gezeigt. »Bist du hier der Anführer?«
Das kommt jedes Mal. Flint kann machen, was er will: Irgendwann picken sie ihn raus. Man sieht’s ihm einfach an, dass er was Besonderes ist. Zum Glück hat er ’ne gute Methode, darauf zu reagieren: Er fängt an zu stottern und benimmt sich wie ein Vollidiot. So hat er’s gestern auch gemacht.
»W-Was? Ich? Herr W-W-W…«
Tom hat ihn von der Seite angestoßen. »Mensch, der ist Oberwachtmeister!«, hat er geflüstert.
Für ein paar Sekunden hat Flint ihn angestiert, als müsste er über den Satz erst nachdenken. Dann hat er sich wieder dem Polizisten zugewendet. »Herr Oberw-w-w-w…«
Wir konnten uns kaum noch halten vor Lachen. Nur der Polizist fand das Ganze weniger komisch. Er hat wieder angefangen zu schreien. Wir sollten ihm jetzt gefälligst unsere Ausweise zeigen! Dabei ist seine Hand zum Gürtel gegangen. Dahin, wo seine Waffe war.
Höchste Zeit für Flockes Auftritt! Sie stand hinter ihm, sodass er sie nicht sehen konnte, während Tilly und Maja schon längst im Gebüsch verschwunden waren.
»Das ist alles meine Schuld, Herr Oberwachtmeister«, hat sie gesagt.
Er hat sich zu ihr umgedreht. Mit ’ner Mädchenstimme hatte er anscheinend nicht gerechnet. »Was soll das heißen, deine Schuld? Was machst du überhaupt hier? Schämst du dich nicht, mitten in der Nacht im Park mit diesem Gesindel? Weiß deine Mutter, wo du bist?«
»Das ist es ja. Meine Mutter ist krank. Ich muss ihr Medikamente holen. Und die Jungs hier begleiten mich. Damit mir nichts zustößt.«
Sie hat ihn ganz kläglich angesehen. Das war das Signal für uns. Von allen Seiten haben wir angefangen, auf ihn einzureden. Alles, was uns gerade einfiel.
»Ja, so ist es. Wir begleiten sie nämlich nur. Und Sie wollen uns dafür verhaften!«
»Stellen Sie sich vor, sie wird überfallen, und ihre Mutter kriegt die Medikamente nicht!«
»Genau! Wollen Sie schuld sein, wenn sie stirbt?«
»Wir beschweren uns bei Ihrem
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