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Edelweißpiraten

Edelweißpiraten

Titel: Edelweißpiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Reinhardt
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dableiben.
    Also sind wir in die Küche gegangen und haben uns mit ihnen um den Tisch gesetzt. Die Frau hat sich um Tillys Knöchel gekümmert, der inzwischen dick und blau wie ’ne Pflaume gewesen ist, und dann hat sie uns erst mal genauer angesehen.
    »Kinder, seid ihr dünn!«, hat sie gesagt – obwohl wir eigentlich gar nicht so dünn sind –, »und so struppig!« Dann ist sie aufgestanden und hat den Tisch gedeckt. Es waren richtig gute Sachen dabei. Wahrscheinlich das Beste, was sie hatten. Für Ostern aufgespart oder so. Wir wollten’s erst nicht essen, weil’s uns peinlich war, aber sie und ihr Mann haben keine Ruhe gegeben. Also haben wir irgendwann angefangen reinzuhauen.
    »So, und jetzt erzählt mal«, hat der Mann gesagt, als wir fertig waren. »Wo haben sie euch beim Pinseln erwischt?«
    Ich wusste erst nicht, wie er drauf kommt, aber dann hat er auf meine Hose gezeigt. Die ist voll mit Farbe gewesen. Wahrscheinlich aus der Unterführung, als ich den Eimer weggeworfen hab. Also haben wir alles erzählt: was wir getan haben und wie’s zu der Verfolgungsjagd gekommen ist.
    »Kinder, Kinder, was macht ihr bloß für Sachen«, hat der Mann gesagt. »Ihr wisst doch gar nicht, was ihr tut. Ihr seid viel zu jung dafür!«
    »Jung vielleicht, aber nicht zu jung«, hab ich gesagt. »Es ist nicht nur ’ne Laune oder so. Wir haben’s uns gut überlegt.«
    Die Frau hat den Kopf geschüttelt und sich an Tilly gewandt. »Aber warum musst du dabei mitmachen, Kindchen? Stell dir vor, du fällst diesen Leuten in die Hände. Nicht auszudenken, was sie mit dir anstellen können!«
    »Nichts Schlimmeres als mit den Jungs auch«, hat Tilly gesagt. »Das macht doch keinen Unterschied. Soll ich etwa zuhause bleiben, nur weil ich ’n Mädchen bin?«
    Die beiden haben sich angesehen und ziemlich unglücklich gewirkt. Man konnte merken, dass sie sich wirklich Sorgen um uns machen. Sie haben noch ’ne Zeit lang auf uns eingeredet, aber dann ist ihnen wohl klar geworden, dass sie uns nicht umstimmen können.
    »Es ist ja nicht so, dass ihr unrecht habt mit dem, was ihr tut«, hat der Mann gesagt. »Aber es ändert nichts. Gegen die Nazis kann keiner was ausrichten, schon gar nicht so einfache Leute wie wir. Da müssen schon welche von oben für sorgen, dass die wegkommen.«
    »Aber wer denn?«, hab ich zu ihm gesagt. »Die, die’s könnten, sind weg. Alle einkassiert und ’n Kopf kürzer gemacht. Keiner mehr da!«
    »Ja«, hat Tilly gemeint. »Und außerdem: Wer sagt denn, dass man nichts ausrichten kann? Vielleicht müssen sich nur genug zusammentun. Egal, ob einfache Leute oder nicht. Nur genug müssen’s sein!«
    Der Mann hat mit den Schultern gezuckt. »Es werden aber nie genug sein. Und glaubt bloß nicht, dass der Hunger oder die Bombenangriffe daran was ändern. Im Gegenteil! Da denken erst recht nur alle an sich. Das war schon immer so, und es wird auch immer so bleiben.«
    Es hat sich ziemlich deprimierend angehört, wie er das sagte,
und wir haben nichts mehr darauf geantwortet. Die Frau hat den Tisch abgeräumt, es ist ’ne Zeit lang still gewesen.
    »Vielleicht wisst ihr nichts davon«, hat der Mann dann wieder gesagt. »Aber im Viertel wird geredet über die Sachen, die auf den Mauern stehen.«
    Tilly und ich, wir haben uns angesehen. Das war das Erste, was wir hören, so was hatte uns noch keiner erzählt.
    »Was wird geredet?«, hat Tilly gefragt.
    »Kommt drauf an, mit wem man spricht. Manche hätten’s am liebsten, wenn sie euch kriegen oder ihr wenigstens von selbst damit aufhört. Weil sie Angst haben, dass es sonst für alle Ärger gibt. Vielen sprecht ihr auch aus der Seele. Die würden die Sprüche glatt unterschreiben, wenn sie sich nur trauen. Aber –«, er hat sich vorgebeugt und uns angesehen, »macht euch nichts vor. Wenn es ernst wird, ist hier keiner, der euch hilft.«
    »Keiner?«, hat Tilly gesagt. »Und warum habt ihr uns dann geholfen?«
    »Ach, Kindchen, wir sind alt«, hat die Frau gesagt. »Für uns ist es sowieso bald zu Ende. Da schreckt einen nichts mehr. Aber ihr seid noch jung, ihr habt alles vor euch. Ihr dürft euer Leben nicht wegwerfen!«
    Wir haben noch ’ne Zeit lang mit ihnen zusammengesessen, dann sind wir aufgestanden und wollten gehen. Aber sie haben uns wieder zurückgehalten. Sie haben gemeint, es wären vielleicht Streifen unterwegs und würden auf uns lauern. Und außerdem könnte Tilly noch immer nicht richtig laufen. Deswegen sollten wir lieber bei ihnen

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