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Eden

Titel: Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tony Mochinski
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verübeln.
    Jenseits der Mauer drängte sich eine Versammlung von Untoten wie ein perverser Straßenumzug, eine morbide Simulation eines Alltags, den es nicht mehr gab, außer in der Erinnerung. Gestank. Heulen. Das war ihre Zukunft.
    Die Mauer rund um Eden war kurz nach dem Ausbruch errichtet worden. Dutzende Menschen hatten Tag und Nacht daran gebaut. Dutzende andere waren Streife gegangen und hatten die Zombies draußen gehalten. Das erzählte man sich zumindest. Das erzählten sie einander. Keiner von denen im Innern der Mauer war damals dabei gewesen, niemand hier hatte sie wachsen sehen.
    Es musste der helle Wahnsinn gewesen sein, diese Mauer aufzuschichten, während die Untoten sich versammelten, Hunderte von ihnen, Tausende. Unzählige.
    Unter ihm lag ein völlig normaler Häuserblock. Zementierte Bürgersteige, sauber parallel geparkte Autos, winzige grüne Vorgärten vor jedem Haus, kleine Treppen hinauf zur Eingangstür, ab und zu eine amerikanische Fahne über dem Eingang. Diaz’ dominikanische Flagge als Zeichen seiner Anwesenheit. Die meisten Häuser berührten einander. Gassen mussten in dieser Gegend Mangelware gewesen sein vor dem Ausbruch, vermutete Harris. Es gab nur zwei pro Straßenseite.
    Das Einzige, was fehl am Platze wirkte, war das Gemeinschaftsbad. Aus Wellblech gezimmerte Kabinen mit einem Dach zum Schutz vor der Sonne und vor Spannern. Das Bad und die Dächer über den Generatoren, die den nötigen Strom für Licht, Klimaanlagen im Sommer und die Kühlschränke lieferten. Damit in Eden ein Anschein von Normalität möglich war.
    Als Junge war Harris auf einer Straße aufgewachsen, die kaum anders ausgesehen hatte, wenn auch in Brooklyn. Dann waren seine Frau und er in die Vorstadt gezogen, als sie eine Stelle als Anwältin auf der Wall Street angenommen hatte. Nach dem Umzug hatte Harris es näher zur Arbeit gehabt und sich keine Sorgen um Raquel zu machen brauchen, denn sie konnte die Metro North in die City nehmen.
    Wenn er die Augen schloss und sich konzentrierte, konnte er fast hören, wie es hier früher geklungen hatte. Spielende Kinder auf dem Bürgersteig. Ballspiele, Fangen, Himmel und Hölle auf den Asphalt gemalt. Der Wagen eines Eisverkäufers klimperte seine Melodie, die Kinder brüllten zu Mom und Dad hoch nach Geld für Eis am Stiel oder eine Waffel. Ein Chopper donnerte mit röhrendem Auspuff die Straße entlang, und die Vibrationen des kaum schallgedämpften V-Motors lösten links und rechts die Autoalarmanlagen aus.
    Wenn man hinüber zur Mauer und darüber hinweg blickte, wurde einem schnell bewusst, wie radikal sich alles geändert hatte. Die Welt hatte eine komplette Kehrtwende vollzogen.
    Die Mauer war vier Meter hoch und sechzig Zentimeter dick mit einem in der Mitte eingelassenen Stahlgitter als zusätzliche Verstärkung. Die Sicherheitstüren waren strategisch platziert und fest verschlossen. Von innen mit zusätzlichen Riegeln gesichert. Im Norden gab es eine sehr viel größere Öffnung, groß genug für einen Laster. Ursprünglich hatten die Baumeister Edens dort ein stählernes Schubtor mit zwei kugelsicheren Fenstern eingebaut.
    Nach einer Abstimmung der Bewohner hatte Panas das Glas schwarz übermalt. Der Anblick der Zombies auf der anderen Seite hatte ausgesprochen beunruhigend gewirkt, und alle waren froh, als sie ihn nicht mehr ertragen mussten.
    Am nördlichen und südlichen Ende des Blocks war die Gefahr eines Durchbruchs am größten. Dort standen Frachtcontainer als zusätzliche Verstärkung direkt an der Mauer, und auf den Containern befanden sich Plattformen, von denen man in beide Richtungen über die Mauer sehen und Wache halten konnte.
    Die Mauer schloss auch die Rückseite der Häuser ein. Als sie gebaut wurde, hatte man darauf geachtet, die Hinterhöfe intakt zu lassen. Die Zäune, die sie früher geteilt hatten, waren eingerissen, und jetzt pflanzten die Bewohner dort auf zwei Grünstreifen östlich und westlich ihrer Häuser Nahrungsmittel an. Mais, Tomaten, Kürbisse, grüne Bohnen, Melonen und ein wenig Weizen. Weizen wuchs in diesem Klima schlecht. Die Nahrung war grundsätzlich knapp, und manchmal hatte man das Gefühl, dass sie hier alle langsam verhungerten.
    Auf der Mauer waren dicke Stacheldrahtspiralen befestigt, in denen Blechdosen hingen. Falls ein Untoter es auf die Mauer schaffte, sollte er sich im Draht verheddern, und durch den Lärm bei dem Versuch, sich zu befreien, die Bewohner im Innern alarmieren.
    Sie hatten es noch nie

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