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Eden Inc.

Eden Inc.

Titel: Eden Inc. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Child
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Genies« Silver zu enthüllen. In der Einleitung stand: Frage: Was tut man, wenn man keine Freundin findest? Antwort: Man programmiert sich eine. Der Artikel selbst hatte nichts zu sagen, deswegen legte Lash ihn beiseite, stand auf und ging ans Fenster.
    Es stimmte. Es gab nur wenige andere Aufgaben, auf die Silver Liza hätte ansetzen können, um mehr Geld zu verdienen oder um die künftige Finanzierung seiner Forschungsarbeit zu sichern. Trotzdem war es auf einer gewissen Ebene ein wenig seltsam. Da gab es einen in jeder Hinsicht scheu und einzelgängerisch veranlagten Menschen, der sein Vermögen mit dem größten Gesellschaftsspiel überhaupt machte: dem Liebesspiel. Es war fast eine Schande, ja bittere Ironie, dass dieses Spiel nicht auch Silver selbst mit einbezog.
    Als Lash aus dem Fenster schaute, fiel ihm mit plötzlicher Klarheit das Haiku ein, das Diana Mirren am vergangenen Abend zitiert hatte:
     
    Insekten auf einem Ast
    treiben flussabwärts
    und singen dennoch.
     
    Als Lash an das Essen dachte, musste er lächeln. Als sie endlich dazu gekommen waren, ihre Bestellung aufzugeben, war ihnen die Konversation so leicht und mühelos gefallen wie keine, an die er sich erinnern konnte. Seine gewohnheitsmäßige Distanziertheit war ohne den geringsten Protest dahingeschmolzen. Diana hatte angefangen, seine Sätze zu beenden, und er die ihren, als würden sie sich schon seit ihrer Kindheit kennen. Und doch war es eine eigenartige Art der Vertrautheit gewesen, voll von zahllosen kleinen Überraschungen. Es fast ein Uhr gewesen, als sie sich am Central Park West getrennt hatten. Sie hatten ihre Telefonnummern ausgetauscht und waren getrennt ihrer Wege gegangen. Sie hatten nicht ausdrücklich abgemacht, sich wieder zu treffen.
    Aber das war auch nicht nötig gewesen. Lash wusste, dass er sie wiedersehen würde, und zwar bald. Eigentlich fühlte er sich schon jetzt verlockt, sie anzurufen und ihr anzubieten, etwas für sie zu kochen.
    Was hatte sie gesagt? Haikus sind das Gegenteil von Rätseln? Suchen Sie nicht nach Antworten. Denken Sie lieber an sich öffnende Türen.
    Türen öffnen. Wie interpretierte er das von ihr zitierte Gedicht?
    Es waren nur neun Wörter. Lashs geistiges Auge erblickte einen grünen Weidenzweig, der sich in der trägen Strömung drehte und einem fernen Wasserfall entgegentrieb. Sangen die Insekten, weil sie nicht wussten, was ihnen drohte - oder gerade deswegen?
    Die Wilners und die Thorpes waren wie die Insekten in dem Gedicht, die auf dem dahintreibenden Zweig sangen. Selig, pausenlos glücklich ... bis hin zum letzten unergründlichen Augenblick.
    Die Stille wurde vom Klingeln des Telefons unterbrochen.
    Lash sprang auf die Beine und ging in die Küche. Vielleicht rief Diana ja an. Vielleicht musste er das Rezept für den Lachs en croûte wieder ausgraben.
    Er nahm den Hörer ab. »Lash.«
    »Chris?«, meldete sich eine Stimme. »Hier ist John.«
    »John?«
    »John Coven.«
    Lash erkannte die Stimme des FBI-Agenten, der Handerlings Beschattung geleitet hatte. Seine gute Laune ging in den Keller. Coven rief zweifellos an, weil er persönlich an Eden interessiert war. Vielleicht glaubte er, Lash könne ihm einen Rabatt oder dergleichen besorgen.
    »Wie geht’s, John?«, sagte er.
    »Mir geht’s gut. Hören Sie, Sie werden nicht fassen, was ich Ihnen jetzt sage.«
    »Dann mal los.«
    »Wyre kommt auf Bewährung raus.«
    Lash hatte das Gefühl zu erstarren. »Sagen Sie das noch mal.«
    »Edmund Wyre hat Bewährung gekriegt. Letzten Freitagnachmittag.«
    Lash schluckte. »Ich hab nichts davon gehört.«
    »Niemand hat was davon gehört. Ich hab’s erst vor zehn Minuten erfahren. Hab’s in der Glotze gesehen.« »Unmöglich. Der Typ hat sechs Menschen umgebracht.«
    »Brauchen Sie mir nicht zu erzählen.«
    »Das kann doch nur ein Irrtum sein.«
    »Ist kein Irrtum. Der ganze Ausschuss hat für ihn und das schriftliche Gutachten des Bewährungshelfers gestimmt.«
    »Irgendwelche Bewährungsauflagen?«
    »Unter den Umständen die üblichen. Besondere Aufsicht.
    Was bei ’nem Typen wie Wyre nichts anderes bedeutet, als dass er sie verarscht, wo er nur kann.«
    Lash spürte einen stechenden Schmerz in der rechten Hand, und ihm fiel auf, dass er den Hörer mit aller Kraft umklammerte. »Wie lange ist er noch drin? Wochen? Monate?«
    »Von wegen. Offenbar rackern sich alle ab, Wyre als Paradebeispiel für eine gelungene Rehabilitierung auf ein Plakat zu knallen. Die Überprüfung ist schon

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