Eden Inc.
Christopher Lash.«
Durch den Hörer drang gedämpft Straßenlärm: das Rauschen des Verkehrs, die Hupe eines Lastwagens.
»Christopher?«, sagte Tara emotionslos.
»Ich muss mit Ihnen reden. Jetzt, sofort. Es ist sehr wichtig.«
»Warum kommen Sie nicht ins Büro?«
»Nein. Nicht drinnen. Das Risiko kann ich nicht eingehen.«
Tara zögerte.
»Bitte, Tara.« Lashs Stimme klang nun fast flehend. »Ich brauche Ihre Hilfe. Außerdem muss ich Ihnen etwas erzählen, das niemand sonst hören darf.«
Tara sagte noch immer nichts.
»Tara. Ein weiteres Superpaar wird sterben.«
»Direkt um die Ecke ist ein Café«, sagte Tara. »Das Rio. In der Vierundfünfzigsten, zwischen der Madison und der Park Avenue.«
»Ich werde dort auf Sie warten. Bitte, beeilen Sie sich.« Das Telefon war tot.
Doch Tara erhob sich nicht von ihrem Platz. Sie rührte sich überhaupt nicht. Sie legte nur den Hörer auf die Gabel und schaute ihn an, als ringe sie mit einer schrecklichen Ungewissheit.
41
Kurz nach 16.00 Uhr betrat Lash das Rio. Die Wände waren mit vergoldeten Tapeten versehen. Die indirekte Beleuchtung und die rosinenfarbenen Gesimse verliehen dem Café einen dunstigen, goldenen Schein.
Einen Moment lang glaubte er, er sei als Erster gekommen.
Doch dann erspähte er Tara, die in einer Nische im rückwärtigen Bereich saß. Er ging weiter und ließ sich auf den Sitz ihr gegenüber gleiten.
Eine Kellnerin tauchte auf. Lash bestellte einen Kaffee und wartete, bis sie gegangen war. Dann drehte er sich um.
»Danke, dass Sie gekommen sind, Tara.«
Tara nickte.
»Haben Sie mit dem Arzt gesprochen? Moffett?«
Tara nickte erneut.
»Was hat er gesagt?«
»Dass er einer internen Anweisung gefolgt ist.«
»Was soll das bedeuten?«
»Eine Verordnung aufgrund von Befunden einer vorherigen Untersuchung.«
»Mit anderen Worten, er hat den Befehl eines anderen Eden- Arztes befolgt.«
»Ja.«
»Hat er gesagt, wessen Anweisung das war?«
»Das habe ich nicht gefragt.«
»Wie einfach wäre es, solche Verordnungen zu fälschen?«
Tara zögerte. »Wie bitte?«
»Bei Eden ist doch alles automatisiert. Man kriegt ein Stück Papier, auf dem steht, was man tun soll. Könnte nicht jemand falsche medizinische Verordnungen ins Computersystem einspeisen?«
Da Tara nicht antwortete, beugte Lash sich ein Stück weiter vor. »Ich habe zwar noch nicht alle Antworten, aber genug, um zu wissen, dass nicht nur die verbleibenden Superpaare in Gefahr sind, sondern auch wir.«
»Wieso?«
»Weil jemand - jemand, der bei Eden tätig ist - diese Frauen konditioniert hat, sich umzubringen und ihre Ehemänner zu töten.«
Tara wollte etwas sagen, aber Lash hob rasch abwehrend eine Hand. »Nein. Lassen Sie mich zuerst ausreden. Sie werden es erst glauben, wenn Sie die Vorgeschichte kennen.«
Tara entspannte sich, doch nur ein wenig. Sie musterte Lash verschreckt, sogar mit Besorgnis. Lash warf einen Blick in einen nicht weit entfernten Spiegel, der ihm kurz sein eigenes Bild zeigte: abgehärmt, das Haar zerzaust, müde, nervös hin und her huschende Augen. An ihrer Stelle wäre er auch besorgt gewesen.
Die Kellnerin brachte den Kaffee. Lash trank einen Schluck.
»Das Rezept für Lindsay Thorpe, das Milligramm Scolipan.
Das war der Hinweis, der mir gefehlt hat. Ich habe den ganzen Nachmittag damit verbracht, weitere Informationen herauszukriegen. Hat Dr. Moffett erzählt, was Scolipan ist und wogegen es normalerweise verordnet wird?«
Tara schüttelte den Kopf.
»Es ist ein Muskelrelaxans. Es wirkt in jenem Hirnbereich, der Muskelzuckungen steuert. Sportmediziner setzen es ein, um Zerrungen zu behandeln. Sie sagen, Dr. Moffett habe die Behandlung aufgrund einer früher erfolgten Untersuchung fortgesetzt. Aber welche frühere Untersuchung hätte wohl vorhersagen können, dass Lindsay Thorpe sich einen Muskel zerren würde?«
»Dann muss Scolipan eingesetzt werden, um etwas anderes zu behandeln.«
»Sie haben mehr Recht, als Sie glauben. Scolipan diente ursprünglich tatsächlich dazu, etwas anderes zu behandeln.
Doch dieses Etwas wurde geheim gehalten und in den Datenbanken der Medikamentenentwicklung versteckt.«
Er hielt inne. »Haben Sie schon mal Fernsehwerbung für etwas gesehen, das sich wie ein Wundermedikament anhört? Nie wieder Allergien, zum Beispiel. Oder: Ihr hoher Cholesterinspiegel wird für immer verschwinden. Dann rauschen sämtliche Nebenwirkungen über den Bildschirm ... Es reicht fast aus, um jeder Medizin für
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