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Eden Inc.

Eden Inc.

Titel: Eden Inc. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Child
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kam herein. Er trat vor, sein großer Leib wankte, als warte er auf Befehle. Man hatte den Mann zwar vom Militär fortlocken können, doch das hatte ihm offensichtlich nicht sein militärisches Gehabe genommen.
    »Wie steht’s, Mr. Sheldrake?«, fragte Mauchly.
    »Fünfundsiebzig Prozent der Besucher haben das Haus verlassen«, erwiderte Sheldrake. »Laut Zählungen der Kontrollstellen haben etwa achtunddreißig Prozent der im Zentrum tätigen Arbeitskräfte die Sicherheitsportale passiert.
    Wir rechnen damit, dass die Evakuierung in den nächsten zwanzig Minuten abgeschlossen sein wird.«
    »Und Lash?«
    Sheldrake hob einen Ausdruck hoch. »Die Scanner haben ihn bis zu einem Werkstattgebiet verfolgt. Er war dort in einem halben Dutzend Räumen. Seither gibt es keine Sichtungsmeldungen mehr.«
    »Lassen Sie mal sehen.« Mauchly schaute sich den Ausdruck an. Das Lager für überflüssige Disks. Netzwerk-Infrastruktur.
    »Was könnte er an so einem Ort anstellen?«
    »Die Frage stellen wir uns auch, Sir.«
    »Da stimmt was nicht.« Mauchly deutete auf die Liste. »Diesen Zeitprotokollen zufolge ist Lash in fünfzehn Sekunden in sechs verschiedenen Räumen gewesen.« Er gab Sheldrake den Ausdruck zurück. »In dieser Zeit hätte er sie gar nicht betreten können. Was also hat er gemacht?«
    »Er führt uns an der Nase herum.«
    »Genau das nehme ich auch an. Der letzte Raum, den er betreten hat, war ein Netzbetrieb. Auf den sollten Ihre Leute die Suche konzentrieren.«
    »Sehr wohl, Sir.«
    »Die Patrouillen im Zentrum sollen jedoch weitermachen.
    Wir müssen davon ausgehen, dass Lash die Randbezirke sondiert und versucht, einen Weg aus dem Zentrum zu finden.
    Ich gehe jetzt ins Kommandozentrum rauf. Von da aus kann ich das Unternehmen effektiver überblicken.«
    Sheldrake wandte sich zum Gehen. Mauchly beobachtete ihn. Dann sagte er, nun leiser: »Mr. Sheldrake?«
    »Sir?«
    Mauchly musterte ihn einen Augenblick. Sheldrake wusste natürlich nicht alles - er wusste beispielsweise nicht genau, warum Lash sich in diesem Gebäude aufhielt -, aber er wusste genug, um zu verstehen, dass der Mann eine große Gefahr darstellte.
    »Lash hat Eden schon einmal blamiert. Je länger er auf freiem Fuß ist, desto mehr Schaden kann er anrichten. Beträchtlichen Schaden.«
    Sheldrake nickte.
    »Geheimhaltung ist das Gebot der Stunde. Mit Situationen dieser Art müssen wir innerhalb des Hauses fertig werden. Je eher die Sache abgeschlossen ist, desto besser ist es für alle, die hier arbeiten.« Mauchly spürte, wie der Zorn erneut in ihm aufwallte. »Verstehen Sie? Wir müssen die Sache unter allen Umständen beenden.«
    Sheldrake nickte erneut, diesmal jedoch langsamer. »Ganz meine Meinung, Sir.«
    »Dann sorgen Sie dafür«, sagte Mauchly.

 
46
    Innen im Kabelschacht war Zeit eine fremde Größe. Der schmale Schlauch gabelte sich und dann noch einmal. Ein scheinbar endloses Röhrennetz verlief waagerecht und senkrecht durch den inneren Turm. Es gab keine der üblichen Kriterien, anhand deren man das Vergehen der Zeit hätte messen können: nur eine klaustrophobische Welt aus mattblauem Licht und endlosen Kabelströmen. Hin und wieder kreuzte ein größerer Schacht den Weg - Arterien inmitten der Matrixadern -, doch zum größten Teil waren die Schächte, denen Lash folgte, schrecklich voll gestopft und zwangen ihn, auf allen vieren zu krabbeln - wie ein Höhlenforscher, der sich durch eine Verengung zwängt.
    Wann immer es möglich war, kletterte er nach oben. Kleine Metallvorsprünge, die aus den Wänden ragten und den Zweck hatten, Lüsterklemmen zu befestigen, dienten ihm als Halt. Hin und wieder blieb sein Hemd an einer scharfen Kante hängen, die seine Haut aufritzte. Von Zeit zu Zeit kam er an Klappen vorbei wie der, durch die er in das Röhrensystem eingedrungen war. Doch sie waren nie beschriftet, deswegen konnte er unmöglich erkennen, wie weit er hinaufgestiegen war. Wie die Zeit so war auch die Entfernung in dieser engen, fremdartigen Welt völlig bedeutungslos.
    Lash hielt hin und wieder an, um Atem zu schöpfen und zu lauschen. Einmal hatte ein fernes Poltern die Stille durchbrochen, als hätte jemand im untersten Kellerbereich des Gebäudes eine riesige Tür zugeworfen. Dann glaubte er, einen kaum hörbaren, gespenstisch klingenden Schrei durch die Schächte hallen zu hören, der an das Wispern des Windes erinnerte. Doch danach kam nur noch das Geräusch seines eigenen schweren Atems. Und er war weitergekrochen,

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