Eden Inc.
schließlich. Lash nickte.
Silver schüttelte langsam den Kopf. »Edwin hat zwar gesagt, ich soll Sie bei Laune halten, aber das geht mir nun doch zu weit.« Er schaute Tara an. »Ms. Stapleton, können Sie sich vorstellen, dass ich diese Frauen umgebracht habe? Wie habe ich es wohl angestellt? Und warum? Und warum habe ich mir dann auch noch die Mühe gemacht, die Morde ausgerechnet Christopher Lash in die Schuhe zu schieben?«
Silver sprach ruhig und gelassen. Er klang sogar leicht beleidigt. Es war wirklich nicht einfach - und es fiel auch Lash nicht leicht -, sich vorzustellen, dass der Eden-Gründer die Morde begangen haben sollte. Aber wenn Silver wirklich unschuldig war, wusste auch er nicht mehr weiter.
»Sie sind der Killer, Christopher«, sagte Silver und wandte sich Lash wieder zu. »Dies auszusprechen schmerzt mich mehr, als Sie sich vorstellen können. Ich stehe nur selten mit Menschen auf freundschaftlichem Fuß, und ich war schon drauf und dran, einen Freund in Ihnen zu sehen. Und doch haben Sie alles aufs Spiel gesetzt, wofür ich gearbeitet habe.
Und ich kann noch immer nicht verstehen warum.«
Lash trat einen weiteren Schritt vor.
»Es wird Ihnen nichts nützen, wenn Sie mir was antun«, sagte Silver schnell. »Ich weiß, dass Sie den Aufzug lahm gelegt haben, aber Edwin und seine Leute werden trotzdem in wenigen Minuten hier sein. Es wäre für alle einfacher - auch für Sie -, wenn Sie aufgeben.«
»Um mich erschießen zu lassen? War das nicht Ihre persönliche Anweisung: schießen, um zu töten?«
Nun legte Silver sein überraschtes Gehabe ab.
Als Lash Silver ansah und hörte, welchen Kurs er einschlug, wurde ihm bewusst, dass es nur noch eine mögliche Waffe zu seiner Verteidigung gab: sein Fachwissen. Wenn es ihm gelang, Silver den Wind aus den Segeln zu nehmen und die wahnwitzigen Folgewidrigkeiten in seinen Worten oder Taten zu finden, hatte er eine Chance, diesen Kampf zu gewinnen.
»Vor einer Minute haben Sie mich gefragt, warum Sie diese Morde hätten begehen sollen«, fuhr er fort. »Ich hatte gehofft, Sie wären Manns genug, es mir zu sagen. Aber Sie zwingen mich, meine eigenen Schlüsse zu ziehen. Und das bedeutet die Durchführung einer psychologischen Autopsie.
An Ihnen.«
Silver schaute ihn wachsam an.
»Sie sind schüchtern, leben zurückgezogen, fühlen sich in gesellschaftlichen Situationen unwohl. Der Umgang mit dem anderen Geschlecht bereitet Ihnen möglicherweise Unbehagen. Vielleicht halten Sie sich für linkisch oder unattraktiv.
Sie verständigen sich per E-Mail oder Bildtelefon - oder durch Mauchly. Über Ihre Kindheit ist wenig bekannt; es ist gut möglich, dass Sie Anstrengungen unternommen haben, sie zu verschleiern. Sie leben hier oben wie ein Mönch, schließen sich mit Ihrer Schöpfung ein, die außerdem eine weibliche Stimme und einen weiblichen Namen hat, und widmen Ihre gesamte Zeit ihrer Verbesserung. Und ist es nicht aufschlussreich - äußerst aufschlussreich -, dass Sie beschlossen haben, Ihr Lebenswerk der Zusammenführung einsamer Menschen zu widmen?«
Da Silver nicht antwortete, fuhr Lash fort.
»Natürlich sind viele Menschen schüchtern. Viele Menschen fühlen sich in Gesellschaft unwohl. Wenn Sie all diese Abscheulichkeiten begangen haben, muss an Ihrer Geschichte also schon ein bisschen mehr dran sein.« Lash hielt inne, ohne Silver aus den Augen zu lassen. »Was können Sie uns über den Avatar null erzählen? Den Avatar, der rein zufällig zu allen Frauen der sechs Superpaare passt?«
Silver antwortete nicht, aber eine schreckliche Blässe legte sich auf sein Gesicht.
»Es ist Ihr Avatar, nicht wahr? Ihr Persönlichkeitskonstrukt, das übrig blieb, als Sie den ersten Alphatest des Eden- Programms durchführten. Nur haben Sie ihn nie entfernt, als die Anwendung dann eingesetzt wurde. Insgeheim haben Sie sich weiterhin mit echten Bewerbern verglichen. Die Verlockung, ihr Ebenbild zu finden, war einfach zu groß. Sie konnten ohne dieses Wissen nicht leben. Und doch konnten Sie auch nicht mit diesem Wissen leben.«
Silver hatte seinen entgeisterten Gesichtsausdruck nun wieder unter Kontrolle. Seine Miene war undurchdringlich.
Lash wandte sich Tara zu. »Ich sehe hier zwei mutmaßliche klinische Profile. Das erste besteht darin, dass wir es mit einer einfachen soziopathischen Persönlichkeit zu tun haben, mit einem verantwortungslosen und egoistischen Menschen ohne Moralkodex. Ein Soziopath wäre von den sechs zu ihm passenden Frauen
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