Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eden Inc.

Eden Inc.

Titel: Eden Inc. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Child
Vom Netzwerk:
Ambulanzeinfahrt fegte, sah er, dass es in der Notaufnahme ungewöhnlich still war. Nur zwei Fahrzeuge standen im Schatten hinter den Glastüren.
    Das eine war ein Rettungswagen, das andere ein langes, leichenwagenähnliches Auto mit dem Symbol der örtlichen Gerichtsmedizin. Die hinteren Türflügel der Ambulanz standen offen. Als Lash über den Asphalt trottete, warf er einen Blick auf den Wagen. Ein Sanitäter war mit Eimer und Schrubber zugange und putzte das Innere. Sogar aus der Entfernung von zwanzig Metern roch Lash den Kupfergeruch von Blut.
    Dies ließ ihn verharren. Er blickte zögernd an dem klotzigen roten Gebäude hinauf. Er war seit drei Jahren nicht mehr in einer Notaufnahme gewesen. Dann fiel ihm Mauchlys drängende Stimme wieder ein, und er zwang sich zum Weitergehen.
    Im Wartebereich herrschte gedämpfte Stille. Ein halbes Dutzend Menschen saßen auf Plastikstühlen, stierten mit leerem Blick die Wände an oder füllten Formulare aus. In einer Ecke standen einige Polizisten, die sich mit leiser Stimme unterhielten. Lash hastete zu der Tür mit der Aufschrift PERSONAL, ging hinein und tastete an der Wand nach dem Knopf, der die Automatiktür zur Notaufnahme öffnete.
    Die Tür glitt mit einem leisen Zischen auf, was ihm einen Blick auf eine völlig andere Szenerie ermöglichte. Mehrere Pfleger strampelten sich mit Behandlungsgeräten ab. Eine Schwester kam vorbei. Sie schleppte literweise Blutkonserven. Eine andere folgte ihr mit einem Defibrillator-Wägelchen. Drei schweigende Sanitäter standen vor dem Schwesternzimmer.
    Sie wirkten wie betäubt. Zwei der Männer trugen noch immer blassgrüne, dick mit Blut verschmierte Handschuhe.
    Lash hielt nach einem bekannten Gesicht Ausschau. Gleich darauf erspähte er den Oberarzt Alfred Chen. Er kam in seine Richtung. Normalerweise bewegte Chen sich mit der langsamen, stattlichen Eleganz eines Propheten und stellte das Lächeln eines Buddhas zur Schau. Doch heute Abend schritt er schnell aus, und von seinem Lächeln war nichts zu sehen.
    Chens Blick war auf ein Klemmbrett gerichtet, das er in der Hand hielt; deswegen machte er sich nicht die Mühe, zu Lash aufzuschauen. Als er vorbeikam, streckte Lash einen Arm aus. »Hallo, Alfred. Wie geht’s?«
    Chen schaute ihn einen Moment lang aus leeren Augen an. »Ach, Chris. Hallo.« Er ließ ein kurzes Lächeln sehen.
    »Könnte besser sein. Hör mal, ich .«
    »Ich bin hier, um mir das Ehepaar Wilner anzusehen.«
    Chen wirkte überrascht. »Da will ich gerade hin. Komm mit.«
    Lash nahm Chens Schritt auf.
    »Sind die beiden deine Patienten?«, fragte Chen.
    »Künftige.«
    »Wie hast du so schnell davon erfahren? Sie wurden doch erst vor fünf Minuten eingeliefert.«
    »Was ist passiert?«
    »Die Polizei spricht von einem Selbstmordpakt. Sie waren ziemlich gründlich. Radialader, vom Handgelenk zum Unterarm der Länge nach geöffnet.«
    »Im Badezimmer?«
    »Das ist ja das Eigenartige. Sie wurden zusammen im Bett gefunden. Vollständig bekleidet.«
    Lash spürte, wie seine Kinnmuskeln sich spannten. »Wer hat sie gefunden?« »Das Blut ist durch die Decke in die Eigentumswohnung eine Etage tiefer getropft. Da hat der Besitzer die Polizei verständigt. Die müssen stundenlang dagelegen haben.«
    »Wie ist ihr Zustand?«
    »John Wilner ist ausgeblutet«, sagte Chen leise. »War schon tot, als die Polizei eintraf. Seine Frau lebt noch, aber sie ist mehr tot als lebendig.«
    »Irgendwelche Kinder?«
    »Nein.« Chen warf einen Blick auf seine Unterlagen. »Aber Karen Wilner ist im fünften Monat schwanger.«
    Vor ihnen verschwand die Krankenschwester mit dem Defibrillator-Wägelchen hinter einem Vorhang. Chen folgte ihr.
    Lash blieb ihm auf den Fersen.
    Der Raum hinter dem Vorhang war so voll, dass Lash das Bett nicht sah. Irgendwo ließen die schrillen Töne eines EKG auf einen gefährlich schnellen Puls schließen. Lash sah ein Meer von Gesichtern und vernahm ein Durcheinander von Stimmen. Sie klangen ruhig, aber drängend.
    »Herzschlag bei 120, außerhalb der Sinustachykardie«, sagte eine Frau.
    »Systole bei 70.«
    Urplötzlich schlug ein Alarm an und fügte dem Stimmengewirr ein weiteres Geräusch hinzu.
    »Mehr Plasma!« Eine Stimme, die lauter und beharrlicher klang.
    Lash huschte hinter die blau gekleideten Gestalten, drehte dem Vorhang den Rücken zu und arbeitete sich an den Kopf des Bettes vor. Als er sich zwischen zwei Reihen diagnostischer Gerätschaften quetschte, kam Karen Wilner endlich in sein

Weitere Kostenlose Bücher