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Eden Inc.

Eden Inc.

Titel: Eden Inc. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Child
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Beispiel kann ich Ihnen anbieten: HLA.«
    »Das sagt mir nichts.«
    »Human-Leukozyten-Antigene. Bei Tieren nennt man es MHC. Es ist ein großes Gen, das auf dem langen Arm des Chromosoms 6 lebt und Körpergeruchspräferenzen beeinflusst. Studien haben erwiesen, dass Menschen sich meist von Menschen angezogen fühlen, deren HLA-Haplotypen den eigenen am unähnlichsten sind.«
    »Schätze, ich sollte Nature regelmäßiger lesen. Wie hat man das denn nachgewiesen?«
    »Tja, bei einem Test hat man eine Gruppe von Probanden gebeten, an den Achseln von T-Shirts zu schnuppern, die zuvor Angehörige des anderen Geschlechts trugen. Anschließend sollten sie sie nach Attraktivität sortieren. Die von allen bevorzugten Gerüche entsprachen genau den Genotypen, die ihnen am unähnlichsten waren.«
    »Sie scherzen.«
    »Keinesfalls. Auch Tiere zeigen eine Vorliebe, sich mit Partnern zu paaren, deren MHC-Gene das Gegenteil ihrer eigenen sind. Mäuse zum Beispiel treffen ihre Wahl, indem sie am Urin potenzieller Gefährtinnen schnuppern.«
    Ein kurzes Schweigen machte sich breit.
    »Da ist mir das mit dem T-Shirt lieber«, meinte Tara.
    Es war seit mehreren Minuten das erste Mal, dass sie etwas sagte. Lash drehte sich um und schaute sie an. Doch da sie nicht lächelte, wusste er nicht genau, ob sie es witzig gemeint hatte.
    Mauchly zuckte die Achseln. »Jedenfalls hat man die genetischen Vorlieben der Thorpes und Wilners mit den anderen Informationen, die man über sie gesammelt hatte, kombiniert: Überwachungsdaten, Testergebnisse und alles andere eben.«
    Lash musterte die Männer in den Kitteln hinter der Glaswand. »Es ist verblüffend. Außerdem möchte ich die Testergebnisse so bald wie möglich sehen. Aber die wirkliche Frage lautet: Auf welche Weise haben die beiden Paare genau zueinander gefunden?«
    »Das erfahren Sie bei unserem nächsten Halt.« Mauchly geleitete sie in den Korridor zurück.
    Eine verwirrende Reise durch ein Labyrinth von Gängen folgte. Dann wieder eine Fahrt mit dem Aufzug nach unten.
    Irgendwann stand Lash vor einer anderen zweiflügeligen Tür mit der simplen Aufschrift PRÜFKAMMER.
    »Was ist das hier?«, fragte er.
    »Der Tank«, erwiderte Mauchly. »Nach Ihnen, bitte.«
    Lash trat in einen großen Raum ein. Die Decke war niedrig.
    Indirekte Beleuchtung verlieh ihm eine eigenartig intime Atmosphäre. Die Wände links und rechts waren mit verschiedenen Displays und Instrumenten bedeckt. Doch Lashs Aufmerksamkeit wurde von der hinteren Wand angezogen, die vollständig von so einer Art Aquarium beherrscht wurde.
    Er blieb stehen.
    »Nur zu«, sagte Mauchly, »schauen Sie ihn sich ruhig an.«
    Je näher Lash herankam, desto klarer wurde ihm, dass er einen riesigen, in die Wand der Kammer eingelassenen lichtdurchlässigen Würfel vor sich hatte. Eine Hand voll Techniker stand vor ihm. Einige machten Eingaben in Palmtops, andere sahen einfach nur zu. Im Inneren des Würfels bewegten sich zahllose geisterhafte Erscheinungen ruhelos hin und her, wechselten die Farbe, blitzen kurz auf, wenn sie miteinander kollidierten, und verblassten wieder. Das schwache Licht und die blasse Transparenz der Entitäten im Tankinneren verliehen dem Würfel die Illusion einer gewaltigen Tiefe.
    »Verstehen Sie, warum wir das Ding Tank nennen?«, fragte Mauchly.
    Lash nickte geistesabwesend. Es war wirklich eine Art Aquarium: ein elektrochemisches Aquarium. Und doch erschien ihm »Tank« ein zu prosaischer Name für etwas von solch unirdischer Schönheit.
    »Was ist es genau?«, fragte Lash leise.
    »Eine plastische Darstellung des tatsächlichen Abgleichungsprozesses, wie er in Echtzeit abläuft. Sie gibt uns visuelle Fingerzeige, die viel schwieriger zu analysieren wären, wenn wir uns durch Berge von Papierausdrucken lesen müssten. Jedes Objekt, das sie da im Tank umherhuschen sehen, ist ein Avatar.«
    »Ein Avatar?«
    »Das Persönlichkeitskonstrukt eines Bewerbers. Erstellt aufgrund von Bewertungen und Überwachungsdaten. Aber das kann Tara besser erklären als ich.«
    Bisher hatte Tara sich im Hintergrund gehalten. Nun kam sie nach vorn. »Wir haben die Idee der Datengewinnung und der Analyse auf den Kopf gestellt. Sobald die Beobachtungsphase beendet ist, erschaffen unsere Computer aus den Rohdaten eines Bewerbers - ein halbes Terabyte Informationen - ein Konstrukt, das wir als Avatar bezeichnen. Dieses Konstrukt wird dann in eine künstliche Umwelt versetzt, in der es mit anderen Avataren interagieren

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