Eden Prophecy
Terrasse.«
»Es ist, als hätte die Geschichte verschiedene Formen angenommen«, fuhr Danielle fort. »Der Garten der Hesperiden bei den mazedonischen Griechen. Die Unterwasserpflanze im Gilgamesch-Epos. Die Geschichte von Adam und Eva in der Genesis.«
»Und was ist das hier?«, fragte Hawker. »Dieses Gebäude? Ich kann mich nicht an irgendwelche Bautätigkeit von Adam und Eva erinnern.«
»Wie reden bei alldem von einer Legende, die vor siebentausend Jahren in der bekannten Welt verbreitet wurde. Sie mag an ein paar Orten niedergeschrieben worden sein, wie auf diesen Tafeln oder der Kupferschriftrolle, aber solche Dinge waren viel zu wertvoll, um sie zu transportieren.«
»Ganz zu schweigen davon, dass sie meist zu schwer waren«, sagte Sonia, die immer noch an den Rändern der Tafel grub und sie aus der Erde zu ziehen versuchte.
»Abgesehen davon«, ergänzte Danielle, »hätten neunundneunzig Prozent der Menschen sie damals ohnehin nicht lesen können.«
»Die Geschichte verändert sich also«, sagte Hawker.
»McCarter hat mir erzählt, dass sich Mythen immer auf diese Weise bilden«, sagte Danielle. »Die Geschichten beginnen als reale Begebenheiten, aber mit der Zeit wird das Reale durch idealistische Vorstellungen ersetzt. Gebäude und Kleidung kommen in der Erzählung nicht mehr vor, denn der Garten ist kein Garten mehr, der bearbeitet wird, er ist zu einem Paradies geworden. Die Arbeit von Männern und Frauen, die das Land bestellen, die Landschaft formen und das Wasser umleiten, ist zur Macht Gottes geworden.«
»McCarter sollte wirklich hier sein«, sagte Hawker.
Danielle lächelte. »Ja, wahrscheinlich.«
Hawker sah sich um. Obwohl der Bau Jahrhunderte unter Wasser gelegen hatte, erinnerte er an viele Ruinen der modernen Welt: leergeräumt und kahl. Der Ruß an den Wänden hätte statt aus grauer Vorzeit ebenso gut von Beduinen stammen können, die vor einem halben Jahr hier gelagert hatten.
Falls es Gold, Onyx oder aromatische Gewürze an diesem Ort gegeben hatte, waren sie längst verschwunden. So ziemlich das Einzige, was blieb, waren die Steine und die Ziegel mit den Zeichen darauf, wie der, mit dem sich Sonia immer noch abmühte.
Er ging neben ihr in die Knie, nahm einen Stein als behelfsmäßiges Werkzeug und fing an, am Rand der Tafel entlangzukratzen.
»Bist du dir sicher, dass das der richtige ist?«, fragte er.
»Er trägt das Symbol«, erwiderte sie. »Das Symbol des Gartens. Das Symbol des Lebens. Die Samen von dem Baum befinden sich in ihm.«
Hawker legte die Hand auf die Oberfläche der Tafel. Sie war nicht aus Stein. Es war ein Ziegel aus Lehm, von Menschenhand geformt. Genau wie es in der Schriftrolle gestanden hatte.
Sonia lächelte im Dunkeln. Hawker wandte den Kopf und sah Danielle an, die ebenfalls lächelte. Es war zu guter Letzt doch noch ein Moment, der sich wie ein Sieg anfühlte.
Und dann drang ein Knistern und Rauschen aus dem Scanner an Danielles Gürtel.
Hawkers Blick ging zu dem Gerät. Die grüne Leuchtanzeige schwankte: Ein Signal wurde aufgefangen, aber wahrscheinlich durch die Steine ringsum blockiert.
Danielle hatte es offenbar ebenfalls begriffen. Sie nahm den Scanner vom Gürtel und hielt ihn ans Ohr, während sie in Richtung Ausgang ging.
Eine zweite Welle von statischem Rauschen kam aus dem Lautsprecher, und dann Worte, die zu leise waren, als dass Hawker sie hören konnte.
Danielle hörte sie jedoch. Sie drehte sich zu ihm um. »Wir haben keine Zeit mehr.«
37
»Seht zu, dass ihr das Ding aus dem Boden kriegt«, sagte Danielle.
Während Hawker die festgebackene Erde rings um die Tafel mit seinem scharfkantigen Stein attackierte, stieg Danielle hinauf an die Oberfläche. Im Süden drang ein Leuchten über den Horizont, aber es war nicht der Mond – der würde erst in einigen Stunden aufgehen.
Sie kletterte auf einen der Steinhaufen, wo sie einen besseren Blick hatte.
Es war eine von den Scheinwerfern mehrerer Fahrzeuge beschienene Staubwolke. Die Entfernung konnte sie nur schätzen, einige Meilen vielleicht.
Sie hörte eine weitere Funkübertragung und erkannte, dass die Stimmen Englisch sprachen.
»Wie haben sie uns gefunden?«, fragte Sonia. »Wie können sie wissen, dass wir hier sind?«
»Sie haben die Schriftrolle«, sagte Danielle. »Und sie müssen Bashir immer noch haben.«
Der arme Mann war noch nicht wiederaufgetaucht, weder tot noch lebendig. Sie hatten ihn vermutlich nicht ohne Grund behalten.
Dennoch waren ihr diese Leute
Weitere Kostenlose Bücher