Eden Prophecy
den er nun ablegte. Scindo wusste nicht, was sich darin befand.
»Ich helfe euch nicht«, sagte Bashir. »Ich bin schon gefoltert worden. Was könntet ihr mir antun, was die mir nicht bereits angetan haben?«
Cruor packte Bashir am Gesicht, zog ihn näher und betrachtete die alte Wunde prüfend.
»Wir sind zu Schlimmerem fähig, das verspreche ich dir«, sagte er.
Er ließ Bashir los und stieß ihn zurück auf einen Stuhl. Dann griff er nach dem Pappzylinder und öffnete ihn.
Scindo hatte mit einer Waffe gerechnet, einem Schwert oder einer Art Dolch. Stattdessen sah er etwas, das wie ein dünnes, gebogenes Stück Metall aussah.
Cruor legte es auf den Tisch und fing an, es zu entrollen.
Bashir stand auf und bewegte sich langsam auf den Tisch zu, als würde er von ihm angezogen.
Scindo sah, wie Cruor die Kupferfolie mit großer Mühe und Präzision entrollte. Als sie schließlich einigermaßen flach war, befestigten er und ein anderer Mann sie mit Klammern an dem Tisch.
Scindo machte große Augen. In das Kupfer waren Zeichen gestanzt.
»Danach hast du dein halbes Leben lang gesucht«, sagte Cruor. »Wir geben dir die Möglichkeit, es zu lesen.«
Bashir blickte auf.
»Pass auf, dass du uns nicht anlügst. Wir werden von anderen überprüfen lassen, was du sagst.«
»Warum interessiert euch das?«, fragte Bashir. »Es ist uralt.«
»Es legt die Lüge offen«, sagte Cruor.
»Welche Lüge?«
»Die Lüge von Gott.«
Bashir schaute verwirrt drein.
»Für einen kleinen Akt des Ungehorsams hat Gott die Menschheit aus dem Paradies geworfen. Für einen einzigen Fehler hat er uns einem harten Leben und sicherem Tod ausgesetzt. Manche kommen in den Himmel und andere in die Hölle, heißt es. Aber wenn ein Mensch ewig leben kann, braucht er keinen Himmel und keine Hölle und keine Behauptungen eines falschen Gottes.«
Bashir rang um eine Antwort, aber offenbar wusste er nicht, was er sagen sollte.
»Es ist die erste Lüge!«, rief Cruor. »Alle anderen Lügen sind aus ihr entstanden. Du kannst in jeden Winkel dieser Erde gehen, überall wirst du Menschen finden, die einen Gott, den sie nicht sehen, um Vergebung bitten, um ewiges Leben. Wir werden nicht um das bitten, was wir uns nehmen können … und geben, wenn wir es wollen.«
Bashir wich zurück. Cruor packte ihn.
»Sieh es dir an«, sagte er.
»Ihr seid wahnsinnig«, sagte Bashir, Entsetzen im Gesicht. »Ihr alle seid wahnsinniger als jeder, der aus Gier oder Lust tötet.«
»Die Wahrheit steht hier geschrieben«, rief Cruor. »Du hast es selbst gesagt.«
»Nein«, sagte Bashir. »Ich werde sie euch nicht verraten.«
Cruor stieß Bashirs Gesicht auf die Schriftrolle. »Du wirst uns den Weg zeigen.«
»Fahr zur Hölle«, brachte Bashir heraus.
Cruor zog ihn zurück und schlug ihm ins Gesicht, sodass er gegen die Wand taumelte.
Bashir ging zu Boden und blieb zusammengekauert so weit wie möglich vom Mann des Bluts entfernt sitzen.
Cruor machte einem anderen Mitglied der Bruderschaft ein Zeichen, der Bashir packte und zu ihm schleifte. Mit einem Messer durchschnitt Cruor Bashirs Handfesseln und kettete seine Arme dann an das Geländer, an das Scindo Tage zuvor mit Handschellen gefesselt gewesen war.
»Scindo!«, rief Cruor und zeigte auf Bashirs Füße.
Scindo kniete nieder und band Bashirs Füße fest. Obwohl sich der Mann wehrte, zog er die Riemen schnell so fest, dass sich Bashir nicht mehr rühren konnte.
»Was tut ihr?«, rief Bashir.
Keine Antwort.
Cruor ging auf eine Tür zu. Das andere Mitglied der Bruderschaft nahm einen Schweißbrenner aus einem Regal und drehte den Gashahn auf.
Die Flamme sprang zischend an, ein weißblauer Strahl.
»Ich lese es«, sagte Bashir. »Ich sage euch, was auf der Rolle steht.«
Scindo wusste, es musste sein, aber ihm wurde übel bei dem Gedanken. Er sah Cruor an, der an der Tür innegehalten hatte, während der Mann mit dem Schweißbrenner zu Bashir trat.
»Warte«, sagte Cruor.
Scindos Herz schlug heftig in der Brust, Erleichterung durchflutete ihn. Der Perser hatte Vernunft angenommen. Vielleicht würde ihn Cruor verschonen.
Cruor lächelte den Mann mit dem Schweißbrenner an.
»Lass es Scindo machen«, sagte er in einem Ton, der keine Widerrede duldete. »Er muss sich seine Sporen noch verdienen.« Und dann ging er hinaus und schlug die Metalltür hinter sich zu.
31
Hawker starrte Sonia wie benommen an. Er dachte an die auf der Brust ihres Vaters eingebrannten Verse aus der Genesis. Er wusste,
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