Eden Prophecy
lachte, und Savi lächelte immer weiter. »Und wenn nicht?«, ließ sie nicht locker.
Hawker fragte sich, worauf sie hinauswollte. »Dann liegt es daran, dass die ganze Geschichte eine Metapher ist. Wir sind alle unschuldig, bis wir fehlen. Wir treffen alle unsere eigene Entscheidung. Sie, ich, alle. Wir sind alle Adam, wir sind alle Eva.«
Sonia sah zu Savi hinüber, die plötzlich nicht mehr so begeistert wirkte. Vielleicht war es nicht die Antwort, auf die sie gehofft hatte.
»Er klingt wie Vater«, sagte Sonia.
Bei diesen Worten fiel Hawker ein, dass er mit Ranga ein Jahrzehnt früher eine ähnliche Unterhaltung geführt hatte. Unmittelbar bevor Ranga nach Afrika aufgebrochen war.
»Das stimmt«, bestätigte Savi mit einem leicht säuerlichen Gesichtsausdruck. »Und er klingt außerdem wie Pelagius, der im 4. Jahrhundert einen ähnlichen Gedanken äußerte.«
»Ich weiß nicht, wer das ist, aber hört sich nach einem schlauen Burschen an«, sagte Hawker.
»Er war ein britischer Mönch, der sehr einflussreich wurde, bis ihn der heilige Augustinus und das Konzil von Karthago 418 zum Ketzer erklärten.«
Hawker nickte reumütig; er war in die Falle getappt. »Zu schade, dass ich nicht dabei war, ich hätte ihn unterstützen können.«
»Ich glaube, deine Hilfe wird hier von wesentlich größerem Wert sein«, sagte Sonia. »Und überhaupt ist es nicht die theologische Auseinandersetzung, die mich interessiert. Oder die Vater interessiert hat. Uns geht und ging es um die physische Realität.«
»Gut«, sagte Hawker und dachte an den Ausgangspunkt ihres Gesprächs zurück. »Ihr wollt mir also erzählen, dass der Garten Eden ein realer Ort war. An dem Gott Adam und Eva unterbrachte, bis sie sündigten. Und dass Bashir und dein Vater wussten, wo man ihn findet.«
»Nicht direkt«, sagte Sonia. »Gott hat möglicherweise nichts damit zu tun.«
Hawker sah sie an.
»Lass es mich anders erklären, damit du uns nicht für verrückt hältst«, sagte sie. »Wie viel weißt du über Genetik?«
Es war das zweite Mal in drei Tagen, dass ihm jemand diese Frage stellte. Seit er Danielle darauf geantwortet hatte, hatte ihm ein gewisser Yang einen zweistündigen Crashkurs zu diesem Thema verpasst, bevor er nach Dubai geflogen war. Viel geholfen hatte es nicht.
»Mehr als mir im Moment lieb ist«, sagte er. »Und dass wir alle mit Viren verwandt sind.«
»Genetik lehrt uns alles Mögliche«, sagte sie. »Sie lässt uns die Migration des Homo sapiens nachverfolgen, indem sie mutierenden Genen folgt. Wenn ein mutiertes Gen bei einer Population fehlt, wissen wir, dass sich diese Bevölkerungsgruppe abgespalten hat, bevor das Gen im menschlichen Code aufgetaucht ist.«
»Okay«, sagte Hawker. »Und …«
»Und sie verrät uns, dass es verschiedene Wege gibt, um verschiedene Probleme anzugehen. Manche Tiere zum Beispiel altern langsamer und leben deshalb länger. Es hat seinen Preis, der darin besteht, was sie in diesem Leben zu leisten imstande sind, aber Tatsache ist, sie leben länger.
Andere Tiere leben extrem kurz, reproduzieren sich aber rasend schnell und sichern so das Überleben ihrer DNA . Pflanzen sind teilweise enorm langlebig. Es gibt Bäume, die schon lebten, als Christus über die Erde wandelte.«
»Bäume leben also lange«, sagte Hawker. »Das heißt aber nicht, dass sie der Baum des Lebens sind.«
»Nein«, sagte Sonia. »Nur dass sie eins der Geheimnisse des ewigen Lebens entdeckt haben. Eine andere Lebensform, die einen anderen Typ des Geheimnisses gefunden hat, ist Turritopsis nutricula, eine Quallenart, die zum Erwachsenenalter heranwächst, sich fortpflanzt und dann, anstatt zu sterben, zu einer Jugendphase zurückkehrt. Statt einer linearen Lebensspanne durchlebt dieses Geschöpf Zyklen: alt, dann jung, dann wieder alt, wieder jung und so endlos weiter, es sei denn, es wird gefressen.«
Hawker fiel ein, dass der französische Polizeichef Lavril etwas davon gesagt hatte, an Ranga seien Verletzungen durch Nesselfäden von Quallen gefunden worden. Konnte das der Grund dafür gewesen sein?
»Hat dein Vater mit diesen unsterblichen Quallen gearbeitet?«
»Ja«, sagte Sonia. »Aber sie agieren nach einem anderen Prinzip als das, was Nadia braucht. Turritopsis nutricula erreicht die Geschlechtsreife und reaktiviert dann ihre Stammzellen. Und fängt wieder von vorn an. Im Grunde ist es nicht so, dass sie nicht altert, sie altert nur in beide Richtungen. Nadia und wir alle sind sehr viel komplexere
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