Eden und Orion - Lichtjahre zu dir
jetzt bewusst, dass wir tatsächlich alleine im Raum waren. »So, bist du das?«, nuschelte ich skeptisch.
»Wir haben irgendwie nie mehr Zeit für uns allein.« Connor grinste. »Diese Gelegenheit müssen wir unbedingt ausnutzen.«
Mir blieb das Herz stehen.
»Ich bin dran«, grinste Connor und griff nach dem Scrabblebrett. Als Megan es letztes Mal auch nicht geschafft hatte, zu unserem Lernnachmittag zu kommen, hatten Connor und ich eine Runde angefangen, die wir immer noch nicht zu Ende gespielt hatten.
Connor sah mich scharf an. »Alles okay mit dir? Was hast du denn gedacht, was ich sagen würde?«
Super, ich lief natürlich sofort rot an. Darauf war wirklich Verlass.
Erst als Mrs Penrose mit dem Tee zu uns hereinkam, merkte ich, dass ich die ganze Zeit den Atem angehalten hatte.
»Ich gehe rüber zu Oma und Opa«, sagte sie zu Connor und sah sich missbilligend in seinem Zimmer um. »Gegen Nachmittag bin ich wieder da. Und falls du morgen eine saubere Schuluniform haben willst, schlage ich vor, dass du deine Klamotten einsammelst und in die Waschmaschine steckst.«
»Geht klar«, grunzte Connor.
Mrs Penrose zog sich nach unten zurück, und Connor und ich waren wieder allein. Ich goss uns Tee ein.
»Wie bist du gestern eigentlich nach Hause gekommen?«, fragte Connor und starrte stirnrunzelnd auf seine Scrabblesteine.
»Zu Fuß«, sagte ich.
Connor sah auf. »Im Dunkeln? Das sind doch locker zehn Kilometer bis Penpol Cove.«
»So dunkel war es gar nicht. Der Mond schien.«
Er schnaubte. » So dunkel war es gar nicht . Dass ich nicht lache! Ich wette, das war Westlands Idee, dich im Mondschein nach Hause zu bringen. Ganz toll, echt.«
»Eigentlich war es meine Idee.«
»Deine?« Er schrie fast.
»Connor, willst du mir jetzt alles nachsagen, oder was?«
»Ich nehme mal an, im Mondschein nach Hause zu gehen ist ziemlich romantisch«, stichelte Connor weiter.
»Eigentlich hat Ryan dich verdächtigt, der Romantischere von uns beiden zu sein. Sterne angucken, und dann auch noch ausgerechnet die Venus, das sei ja wohl ein Klassiker, hat er gesagt.«
Connor wurde rot. »Venus war zu diesem Zeitpunkt der einzige Stern am Himmel«, rechtfertigte er sich.
»Das habe ich Ryan auch gesagt. Und dann habe ich ihm auch gleich noch erklärt, dass du mein ältester Freund bist und dass zwischen uns garantiert kein Funke Romantik aufkommt.«
»Na, da wird er aber erleichtert gewesen sein!« Connor starrte zornig auf seine Scrabblesteine.
»Ihm ist es komplett egal, wie wir zueinander stehen«, seufzte ich. »Jetzt mach schon, Connor. Kannst du legen oder nicht?«
Connor sah von seinen Spielsteinen auf und mir direkt in die Augen. Sein Gesicht war immer noch gerötet. Eine Sekunde lang fragte ich mich, was ich wohl für ihn empfände, wenn ich ihn nicht so gut kennen würde. Er war attraktiv – der klassische Surfertyp eben: blond, mit einer leichten Naturwelle, ein paar Sommersprossen auf der immer leicht gebräunten Haut, strahlend blaue Augen. Wäre er nicht so etwas wie ein Bruder für mich, gefiele er mir wahrscheinlich sogar richtig gut. So aber sah ich immer nur Connor vor mir, meinen besten Freund, nicht den sexy Surfer. Connor, der als kleiner Junge beinahe zwanghaft für Star Wars geschwärmt hatte. Connor, der in der Nase gepopelt und die Popel auch noch gegessen hatte. Connor, der seine schmutzigen Unterhosen kreuz und quer in seinem Zimmer herumliegen ließ.
»Eden«, sagte er und holte Atem, doch ich ließ ihn nicht zu Wort kommen.
»Ich gehe jetzt meine Hände waschen, und dann esse ich einen Keks. Wenn du bis dahin nicht gelegt hast, musst du aussetzen«, verkündete ich streng.
Ich rauschte die Treppe hinunter ins Bad. Nachdem ich die Tür verriegelt hatte, ließ ich kaltes Wasser ins Becken laufen und kühlte mein Gesicht. Connor und ich waren Freunde. Wir spielten Scrabble miteinander. Wir lernten zusammen für unsere Prüfungen, und manchmal gingen wir ins Kino. Nicht mehr und nicht weniger. Keiner von uns hatte je an etwas anderes gedacht. Und hätte Ryan mir diese Flausen nicht in den Kopf gesetzt, wäre ich auch nie auf die Idee gekommen, dass Connor mehr für mich empfinden könnte.
Dabei kannte Ryan uns kaum. Wie blöd von mir, mich hinreißen zu lassen, solch dummes Zeug zu denken. Connor würde niemals etwas Peinliches zu mir sagen oder versuchen mich zu küssen . Ich belächelte meine Paranoia, öffnete die Badezimmertür und ging schnell wieder nach oben.
Fünftes
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