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Eden und Orion - Lichtjahre zu dir

Eden und Orion - Lichtjahre zu dir

Titel: Eden und Orion - Lichtjahre zu dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Douglas
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du.«
    »Aber er mag dich wirklich. Und er wird sich mit dir verabreden wollen. So richtig und mit Hintergedanken. Denk an meine Worte.«
    Ich ließ es dabei bewenden.

    Kurz nach zehn kamen wir an. Mrs Link verteilte Zeichenblöcke und Aufgabenzettel und entließ uns dann in den Tag. Um vierzehn Uhr sei Abfahrt, mahnte sie.
    »Willst du erst was essen oder gleich zu den Gewächshäusern gehen?«, fragte ich Ryan.
    »Zu den Gewächshäusern«, antwortete er spontan.
    »Und welches willst du sehen? Das mit den mediterranen Pflanzen oder das mit den tropischen? Ich mag das Gewächshaus mit dem Tropenklima am liebsten. Da ist es so schön exotisch und warm.«
    »Dann führ mich gerne dorthin.«
    Wir schlenderten durch das Café zu dem Tropengewächshaus.
    Dampfende Feuchte und der Geruch von nasser Erde schlugen uns entgegen. Ryan schloss die Augen und atmete tief ein. »Wow! Hier riecht es unglaublich!«, rief er überwältigt.
    Ich lachte. Wie betäubt folgte er dem kleinen Pfad durch das satte Grün der Dschungelpflanzen und die drückende Schwüle.
    »Schau dir das an!« Ryan blieb vor einer riesigen Pflanze mit dicken, glänzenden Blättern stehen. Er rieb eines der Blätter zwischen Daumen und Zeigefinger. »Wie das glänzt!«
    Ich lächelte. »Du magst Pflanzen wirklich, oder?«
    Ryan hob den Kopf und horchte auf. »Ist das dort oben ein Wasserfall?«, fragte er und legte den Kopf in den Nacken. Ohne eine Antwort abzuwarten, stapfte er los und folgte dem Pfad, der sich durch die dampfende Dschungellandschaft bis direkt unter das Gewächshausdach hinaufschlängelte. Ich holte ihn erst beim Wasserfall ein, der vom höchsten Punkt des Gewächshauses in die Tiefe stürzte.
    »Lass uns hiermit anfangen«, schlug Ryan vor und zeigte auf eine großblättrige Dschungelpflanze. »Wir könnten uns in die Kühle des Wasserfalls setzen, was meinst du?«
    Er setzte sich im Schneidersitz auf den Boden, klappte seinen Zeichenblock auf und ließ seinen Stift über das Papier gleiten.
    »Diese Pflanze scheint unglaublich gesund zu sein, so sattgrün, wie sie leuchtet«, sagte Ryan und klang richtiggehend beglückt.
    Ich musste lachen über seine Begeisterung. »Wie sehen denn eure Pflanzen aus, dort, wo du herkommst?«
    Ryan setzte den Stift ab. Seine Hand fuhr unruhig über das Zeichenpapier, und seine Augen blickten abwesend in die Ferne, als suche er ein Bild in seiner Erinnerung. »Dort, wo ich herkomme, gibt es einen See«, sagte er leise. »Früher war er von Bäumen umstanden. Ahorn, Birken und Kiefern. Im Herbst färbten sich die Ahornblätter gelb und golden und rot.«
    »Ich habe Fotos vom Indian Summer in Neuengland gesehen. Es muss wunderschön sein.«
    Ryan nickte. »Das war es auch. Die Leute haben im Herbst Urlaub bei uns gemacht, um die Farbenpracht zu sehen. Im Winter kamen sie zum Skifahren und im Sommer zum Angeln und Bootfahren in den Seen. Und überall standen Bäume.«
    »Das klingt wirklich idyllisch. Wie heißt der Ort, wo du herkommst?«
    »Wolfeboro«, antwortete Ryan. »Aber so sieht es dort schon lange nicht mehr aus.«
    »Was ist passiert?«
    Er schloss die Augen. »Ich weiß es nicht. Zu hohe Schadstoffbelastung. Schuld war irgendein Industrieunfall, nehme ich an. Jedenfalls waren am Ende alle Bäume abgestorben. Geblieben sind uns nur noch langsam vermodernde Baumskelette.«
    »Das ist furchtbar«, flüsterte ich und berührte ihn tröstend am Arm. »Aber eines Tages wachsen sie wieder nach.«
    »Hoffentlich.«
    Wir zeichneten schweigend weiter. Ab und an warf ich einen Blick auf Ryans Block. Er hatte die Umrisse der Pflanze bereits fertig und auf seiner Zeichnung sogar den Blätterglanz und die einfallenden Sonnenstrahlen eingefangen, die von den sechseckigen Glasscheiben im Dach gebrochen und reflektiert wurden.
    Jetzt drehte er das Blatt um und begann eine neue Zeichnung. Als Motiv wählte er dieselbe Pflanze, diesmal aber in Nahansicht. Er bildete die Fächerform der Blätter sorgfältig ab und beachtete sogar die Adern in jedem einzelnen Wedel – Details, die ich nicht einmal gesehen hätte. Konzentriert starrte ich wieder auf meine eigene Zeichnung. Ich versuchte mich an derselben Pflanze wie Ryan. Viel Ähnlichkeit bestand allerdings nicht zwischen unseren Ergebnissen. Immerhin hatte ich die Kontur einigermaßen getroffen – das war zweifellos meine beste Zeichnung seit Langem. Nun kam der schwierigere Teil: die Ausarbeitung der Details.
    Ryan lehnte sich zu mir herüber und grinste.

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