Eden und Orion - Lichtjahre zu dir
mental aus. Ich brauchte Antworten. Und zwar dringend.
»Stört es euch, wenn ich mich an den Computer setze?«, fragte ich dann unschuldig.
»Willst du etwa noch mehr lernen?«, fragte Miranda.
»Ich komme mit einer Physikaufgabe nicht weiter.«
»Und wie lautet die?«, fragte sie skeptisch.
»Sind Zeitreisen physikalisch möglich?« , improvisierte ich und seufzte theatralisch. »Ich ringe noch mit der Antwort und dachte, ich recherchiere ein bisschen.«
Travis schüttelte den Kopf. »Das ist ein echt schwieriges Thema für eine Highschool-Prüfung. Immerhin sind sich die Wissenschaftler bei dieser Frage bis heute nicht einig. Welche Theorien sollt ihr denn auswerten? Einsteins Relativitätstheorie?«
Einstein war ein guter Einstieg – immerhin war er wirklich ziemlich schlau.
»Ja, Einstein.«
Travis stellte den Ton aus. »Nach Einsteins Relativitätstheorie wäre die Voraussetzung für Zeitreisen, dass man schneller als Licht reisen kann. Was aber nicht möglich ist, weil der Energieaufwand, um Lichtgeschwindigkeit zu erreichen, unendlich groß wäre.«
»Damit hält Einstein Zeitreisen also nicht für möglich«, schloss ich seinen Gedankengang ab und war seltsamerweise ein wenig enttäuscht.
»Ja und nein. Bei der allgemeinen Relativitätstheorie sieht die Sache schon wieder anders aus. Und wenn du dann noch die Quantenmechanik ins Spiel bringst …«
»Travis!« Miranda war ehrlich schockiert. »Wo hast du dieses ganze Strebergewäsch bloß aufgeschnappt?«
Travis grinste breit. »Würdest du mir glauben, dass ich vor meiner Küchenlehre kurz erwogen habe, Naturwissenschaften zu studieren?«
»Machst du Witze?« Miranda schaute ihn mit großen Augen an.
»Vergesst mal kurz Einstein und die Quantendings«, lenkte ich ein. »Lasst den ganzen Theoriekram und sagt mir lieber: Glaubt ihr, dass Zeitreisen möglich sind?«
Travis sah mir fest in die Augen. »Nein. Und die Wissenschaft übrigens auch nicht. Nur weil etwas theoretisch möglich wäre, heißt das noch lange nicht, dass es auch wahrscheinlich ist.« Er stand auf und zog ein Päckchen Zigaretten aus seiner Gesäßtasche. Miranda verzog das Gesicht. Ich wusste, wie sehr sie Zigarettenrauch verabscheute, und wunderte mich deshalb immer wieder, dass sie das Rauchen bei Travis tapfer akzeptierte. Wahrscheinlich sagte sie sich, dass man eben nicht alles haben konnte. Immerhin hatten die Typen uns in den letzten Jahren nicht gerade die Bude eingerannt.
Travis nahm eine Zigarette aus der Packung und steckte sie hinter sein Ohr. »Ich geh dann mal heim«, sagte er. »Morgen muss ich früh raus.«
»Ich bring dich noch zur Tür.« Miranda sprang auf.
Sobald ich hörte, dass Miranda sich die Zähne putzte, fuhr ich den Rechner hoch.
Die erste Google-Suche startete ich nach Connor. »Connor Penrose«. Nicht gerade ein Allerweltsname, aber bei einer Erdbevölkerung von sieben Milliarden ging ich davon aus, dass es zahllose Connor Penroses geben musste. Tatsächlich brachte meine Suche über eine Million Ergebnisse. Ich überflog die ersten zehn Trefferseiten: Facebook-Profile, Teilnehmer- und Ergebnislisten von sportlichen Wettkämpfen, Ortsnamen. Was ich allerdings nicht fand, waren Verweise auf einen Astronomen dieses Namens, der den Planeten Eden entdeckt hatte. Ob ich ein entsprechendes Ergebnis erwartet hatte, konnte ich nicht mit Bestimmtheit sagen.
Als Nächstes googelte ich »Eden«. Vor allem zum Eden-Projekt bekam ich viele Treffer und einen Verweis auf eine Star-Trek -Folge. Es war reine Zeitverschwendung.
Einer spontanen Eingebung folgend, suchte ich nach Wolfeboro, Ryans Heimatstadt. Wieder erhielt ich Tausende von Ergebnissen. Wolfeboro war eine kleine 6.000-Seelen-Gemeinde, die damit warb, Amerikas ältester Sommerkurort zu sein. Ich sah mir Fotos der Stadt an, die von blauen Seen und weitläufigen, grünen Wäldern umgeben war. Ich erinnerte mich, dass Ryan mir erzählt hatte, alle Bäume seien nach einem Industrieunfall abgestorben. Den Industrieunfall nahm ich auch noch in die Suche auf.
Nichts.
Ich probierte es mit einer anderen Suchmaschine. Ich durchsuchte die aktuellen Nachrichten. Doch es gab keinerlei Hinweise auf eine Umweltkatastrophe in Wolfeboro.
Als ich gegen halb zwölf ins Bett ging, hatte ich eine Theorie entwickelt: Aller Logik zum Trotz und obwohl es unmöglich schien, belehrten mich die Fakten doch eines Besseren: das Buch, das erst in 69 Jahren geschrieben werden würde. Die Tatsache, dass der Autor
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