Eden und Orion - Lichtjahre zu dir
»Also, das bist du definitiv nicht!«
»Und? Machen wir jetzt was Schönes?«
»Such dir was aus«, sagte ich lächelnd. Mittlerweile hatte Ryan seinen Arm über die Sofalehne gelegt.
»Hmmm«, sagte er nachdenklich und rutschte näher zu mir. »Ich hätte da schon eine Idee …«
Er wandte den Blick von mir ab und sah zum Fenster. Ich hörte Reifen auf Kies knirschen, sah die Vorderlichter eines Autos wie Suchscheinwerfer das Wohnzimmerfenster entlangleuchten und hörte dann, wie eine Wagentür zugeschlagen wurde.
Ryan seufzte. »Wir bekommen Gesellschaft.«
»Ich sollte dann besser gehen«, sagte ich hastig.
»Nein, bitte bleib. Ich möchte dich meinem Vater vorstellen.«
Mein Lächeln geriet schief. »Oh, das ist genau, was ich mir unter Was-Schönes-Machen vorgestellt hatte«, spottete ich und versuchte, meine Aufregung zu unterdrücken.
»Wir können auch hoch in mein Zimmer gehen«, schlug Ryan vor, doch in diesem Moment schwang auch schon die Wohnzimmertür auf. Es war allerdings Cassie, nicht Ryans Vater. »Bist du da, Ryan?«, rief sie, als sie hereingestürmt kam. »Du glaubst nicht, was …«
Ryan drehte sich zu ihr um. »Hallo, Cass«, sagt er. »Was gibt’s?«
Plötzlich passierte alles in Zeitlupe: Ich sah Cassie von mir zu Ryan schauen und zurück. Ich sah, wie sie seinen Arm über der Sofalehne wahrnahm und wie nah wir nebeneinandersaßen.
Einen Moment verharrte sie in Schweigen. »Super Idee«, sagte sie dann, machte kehrt und ging hinaus.
Ryan sprang auf und rannte ihr nach. »Cass!«, hörte ich Ryan zischen.
Sofort spitzte ich die Ohren.
»Und was soll das bringen?«, flüsterte sie wütend. »Du weißt ganz genau, dass du niemanden mit nach Hause bringen sollst.«
»Ich hab sie nicht eingeladen!«, hörte ich ihn sagen. »Sie stand plötzlich einfach vor der Tür. Aber das ist doch eigentlich kein Problem, oder?«
»Schick sie heim!«
Ryan antwortete etwas, allerdings so leise, dass ich nichts verstand. Ich ging zurück zum Sofa und sammelte beschämt meine Bücher ein. Ich wollte nur noch eines: raus hier. Und zwar so schnell wie möglich. In meiner Hektik stieß ich den Bücherstapel vor dem Sofa um. Rasch stapelte ich die Bücher wieder aufeinander und stopfte den Rest meiner Sachen in meinen Rucksack.
Ryan kam zurück. »Entschuldige«, sagte er bedauernd. »Sie ist wirklich nicht gesellschaftsfähig.«
»Schon in Ordnung«, sagte ich und stand auf. »Ich muss sowieso los. Miranda fragt sich bestimmt schon, wo ich bleibe.«
»Ich fahre dich.«
»Ich kann zu Fuß gehen.«
»Draußen stürmt es, und der Wetterbericht sieht nicht gerade gut aus. Ich lasse dich nicht zu Fuß gehen.« Ryan duldete keine Widerrede – daran ließ er keinen Zweifel.
Ich leistete keinen Widerstand mehr – denn in den beißend kalten Wind hinauszugehen hatte ich ehrlich gesagt auch keine sonderliche Lust.
»Ich bin in fünf Minuten zurück«, rief Ryan über die Schulter, als wir aus der Haustür traten.
Der Wind fuhr mir sofort in die Haare und fegte sie mir ins Gesicht. Obwohl es noch einigermaßen früh war, begann es bereits zu dämmern.
»Ist Cassie wirklich deine Schwester?«, fragte ich, als wir schließlich beide im Auto saßen und die Türen zugeschlagen hatten. Mir waren die Gerüchte wieder eingefallen, die ich damals, als er neu an der Schule war, gehört hatte – dass er mit seiner Freundin zusammenwohne, einer ziemlich hübschen Blondine.
»Ja, natürlich.«
»Sie wirkt nur so …« Ich zögerte. Eigentlich hatte ich eifersüchtig sagen wollen. »… besitzergreifend«, murmelte ich stattdessen.
»Ach, ignorier sie einfach«, sagte Ryan und fuhr aus der Auffahrt. Er deutete auf die dunklen Wolken, die am Horizont aufzogen. »Sieht nach einem richtigen Sturm aus«, sagte er, und ich hatte das deutliche Gefühl, dass er das Thema wechseln wollte.
Ryan parkte um die Ecke, damit Miranda und Travis das Auto nicht sahen, und ging das letzte Stück zu Fuß mit mir.
»Danke fürs Bringen«, sagte ich, als wir zur Einfahrt kamen. »Und? Möchtest du morgen immer noch was mit mir machen?«
»Auf jeden Fall!«, sagte Ryan und grinste breit. »Schließlich sind wir ja noch gar nicht zum schönen Teil gekommen.«
Nach dem Abendessen ließ ich Miranda und Travis mit ihrer Zeitung und einer Flasche Wein im Wohnzimmer allein und ging in mein Zimmer hoch. Morgen würden Ryan und ich allein miteinander sein.
Ich wusste, dass er mich mochte – immerhin war er immer freundlich und
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