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Eden

Eden

Titel: Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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nicht das Herz aus dem Beschützer herausmontieren und es hinter einem provisorischen Panzer aufstellen, hier oben, im Schutz des Raketenrumpfes?« Der Koordinator sah den Physiker an. Der schüttelte den Kopf. »Nein. Jeder Pol des Herzens wiegt mehr als eine Tonne. Außerdem lassen sich die Pole nicht durch den Tunnel zwängen.« »Man könnte den Tunnel erweitern.«
    »Sie passen nicht durch den Eingang. Und die Lastklappe ist fünf Meter über dem Boden, außerdem vom Wasser aus dem geborstenen Heckbehälter überflutet, das weißt du doch.« »Hast du den Verseuchungsgrad des Wassers untersucht?« fragte der Ingenieur.
    »Ja. Strontium, Kalzium, Zer. Alle Bariumisotope, alles, was du willst. Ablassen können wir das Wasser nicht. Es würde den Boden im Umkreis von vierhundert Metern vergiften. Und reinigen können wir es auch nicht, solange die Antiradiatoren keine leistungsfähigen Filter haben.« »Und ich kann die Filter nicht ohne den Mikroautomaten reinigen«, fügte der Ingenieur hinzu.
    Der Koordinator, dessen Blick während des Gesprächs von einem zum anderen gewandert war, sagte: »Die Liste unserer Unmöglichkeiten ist ziemlich lang, aber das macht nichts. Gut, dass wir sie einmal von diesem Standpunkt aus durchgesprochen haben. Ich denke dabei an unsere Bewaffnung. So bleiben uns nur die Werfer?«
    »Das sind ja keine Werfer«, entgegnete der Ingenieur mit einem Anflug von Gereiztheit. »Wir wollen uns doch nicht selbst betrügen. Der Doktor hat ihretwegen einen Lärm geschlagen, als wollten wir einen Atomkrieg entfachen. Natürlich, man kann aus ihnen eine angereicherte Lösung schleudern, aber die Schußweite beträgt höchstens siebenhundert Meter. Es sind Handspülwerfer, weiter nichts, obendrein sind sie für den Schießenden gefährlich, wenn er keinen Panzer trägt. Und ein Panzer wiegt hundertdreißig Kilo.«
    »In der Tat, wir haben nur schwere Sachen an Deck.« Der Koordinator sagte das in einem Ton, dass niemand wusste, ob es Spott war oder nicht. »Du hast diese Berechnung gemacht, nicht wahr?« Er sah den Physiker an. »Ja. Da ist noch eine Variante: Zwei Werfer, mindestens hundert Meter voneinander entfernt, schießen so konzentrisch, dass sich beide Strahlen im Ziel treffen. Aus beiden subkritischen Strahlen entsteht dann ein überkritisches Volumen, was eine Kettenreaktion zur Folge hat.« »Das ist gut für ein Spiel auf dem Übungsplatz«, bemerkte der Chemiker. »Ich kann mir bei feldmäßigen Bedingungen eine solche Präzision nicht vorstellen.« »Das heißt, dass wir überhaupt keine Atomwerfer besitzen?« Der Kybernetiker beugte sich erstaunt vor. Wut hatte ihn gepackt. »Wozu dann diese Diskussion, dieser Streit, ob wir mit schrecklicher Bewaffnung ausziehen sollen oder nicht? Wir bewegen uns im Kreis!« »Ich gebe zu, dass wir vieles ohne Übersicht tun«, antwortete der Koordinator noch immer ruhig. »Ich räume ein, dass wir es bisher getan haben. Einen solchen Luxus können wir uns nicht mehr erlauben. Aber es ist nicht ganz so, wie du sagst.« Er sah den Kybernetiker an. »Es gibt nämlich noch die erste Variante des Einsatzes von Werfern, das Herausschleudern des halben Behältervolumens, was zu einer Explosion im Ziel führt. Man muss nur aus einem möglichst guten Versteck schießen und stets aus maximaler Entfernung.« »Das bedeutet, dass man vor dem Eröffnen des Feuers einen Meter tief in die Erde kriechen muss, ja?«
    »Mindestens anderthalb Meter, bei einer zwei Meter hohen Brustwehr«, warf der Physiker ein. »Nun, im Stellungskrieg mag das gut sein. Auf Ausflügen wird das einfach lächerlich.« Der Chemiker verzog verächtlich die Lippen. »Du vergißt die Lage, in der wir uns befinden«, entgegnete der Koordinator. »Wenn die Notwendigkeit eintritt, wird ein Mann mit einem Werfer den anderen dieUmkehr ermöglichen.« »Ach so! Also ohne dass dazu eine meterhohe Aufschüttung gegraben wurde?« »Wenn keine Zeit dafür bleibt, ohne sie.« Sie schwiegen eine Weile. »Wieviel Wasser haben wir noch?« fragte der Kybernetiker. »Nicht ganz zwölfhundert Liter.« »Das ist sehr wenig.« »Sehr wenig.« »Ich bitte jetzt um konkrete Vorschläge«, sagte der Koordinator. Auf seinem weißen Verband zeigte sich ein roter Fleck. »Unser Ziel ist, uns … und die Bewohner des Planeten zu retten.« In dem Augenblick der Stille, der folgte, erklang hinter der Wand plötzlich gedämpfte Musik; sie lauschten ergriffen den langsamen Takten einer Melodie, die sie alle

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