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Eden

Eden

Titel: Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Kopf.
    »Und wären sie auf anderen Boden gestoßen?« »Sie hätten sich ihm angepaßt. Davon bin ich überzeugt! Deshalb sind sie auch so verteufelt kompliziert. Ihre Aufgabe ist es, aus dem, was sie zur Verfügung haben, immer die härteste, widerstandsfähigste Substanz von allen möglichen zu erzeugen.« »Wenn es weiter nichts wäre. Der Beschützer beißt sich überall durch. Und er wird sich nicht die Zähne daran zerbrechen«, sagte der Ingenieur lächelnd.
    »War das nun wirklich ein Angriff?« fragte der Doktor leise. Die anderen sahen ihn erstaunt an. »Was sonst, wenn kein Angriff?«
    »Ich würde eher sagen - der Versuch einer Verteidigung. Sie wollen uns isolieren.« »Also was ist nun? Sollen wir hier hocken und warten, bis wir wie die Würmer unter der Käseglocke stecken?« »Und wozu wollt ihr den Beschützer?« Eine Weile schwiegen alle.
    »Wasser brauchen wir nicht mehr. Die Rakete werden wir wahrscheinlich binnen einer Woche repariert haben. Sagen wir: in zehn Tagen. Die Atomsynthetisatoren sind in den nächsten Stunden soweit. Ich nehme nicht an, dass das eine Käseglocke werden soll. Eher eine hohe Mauer. Ein Hindernis, das sie nicht überwinden können, und sie glauben, uns würde es ebenso ergehen. Dank den Synthetisatoren werden wir Nahrung haben. Wir benötigen von ihnen nichts, und sie konnten uns wirklich kaum deutlicher zu verstehen geben, dass sie von uns nichts wünschen …« Sie hörten ihn mit finsterer Miene an. Der Ingenieur sah sich um. Die Spitzen der Keimlinge reichten ihm schon bis an die Knie, verflachten sich, wuchsen zusammen. Das Geräusch war mittlerweile so stark wie das Summen Hunderter unsichtbarer Bienenstöcke unter der Erde. Die bläulichen Wurzeln am Boden schwollen an, sie waren schon fast so dick wie Baumstämme. »Bitte, führ den Doppelt hierher«, sagte der Koordinator unvermittelt. Der Doktor sah ihn an, als hätte er nicht recht verstanden. »Jetzt? Hierher? Wozu?« »Ich weiß nicht … Das heißt … Ich möchte einfach, dass du ihn hierherführst. Kapiert?« Der Doktor nickte und entfernte sich. Sie standen schweigend in der Sonne. Nach einer Weile kroch der nackte Riese mit Mühe hinter dem Doktor aus dem Tunnel und sprang über den Erdwall. Er schien munter und zufrieden zu sein, hielt sich immer in der Nähe des Doktors auf und gluckste leise. Auf einmal spannte sich sein flaches Gesichtchen, das blaue Auge starrte vor sich hin, er schnaufte, drehte sich mit dem ganzen Rumpf herum und begann entsetzlich zu winseln. Mit ein paar Sätzen stürzte er auf den ständig höher werdenden Spiegelzaun, als wollte er sich darauf werfen, lief torkelnd an ihm entlang und stöhnte in einem fort. Dann hustete er eigenartig dröhnend, rannte zum Doktor, fummelte mit den knotigen Fingerchen an seiner Kombination herum, kratzte an dem elastischen Stoff, schaute dem Doktor in die Augen. Schweiß tropfte von seinem Körper. Er stieß den Doktor an, sprang zurück, blickte sich noch einmal um und verschwand, nachdem er mit einem kratzenden Laut den Torso eingezogen hatte, in der schwarzen Tunnelöffnung.
    Alle schwiegen. Nach einer Weile fragte der Doktor den Koordinator: »Hattest du das erwartet?« »Nein … Ich glaube kaum … Wirklich … Ich hatte nur gedacht, dass ihm das vielleicht nicht fremd wäre. Irgendeine Reaktion habe ich erwartet. Eine unverständliche, sagen wir. Aber keine dieser Art …«
    »Soll das bedeuten, dass sie verständlich ist?« fragte der Physiker. »In gewissem Sinne ja«, antwortete der Doktor. »Er kennt das. Auf jeden Fall kennt er etwas Ähnliches, und davor hat er Angst. Für ihn ist das eine schreckliche, sicherlich mit Todesgefahr verbundene Erscheinung.« »Eine Exekution a la Eden etwa?« fragte der Chemiker leise. »Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall deutet es darauf hin, dass sie diese >lebende Mauer< nicht nur gegenüber planetaren Gästen anwenden. Man kann sie sicherlich auch ohne Artillerie anlegen.« »Vielleicht fürchtet er einfach alles, was glänzt«, sagte der Physiker.
    »Eine einfache Assoziation. Das würde auch die Geschichte mit dem Spiegelgürtel erklären.« »Nein, ich habe ihm einen Spiegel gezeigt. Er hatte keine Angst davor, es berührte ihn überhaupt nicht«, entgegnete der Doktor. »Also ist er gar nicht so dumm und so unterentwickelt«, warf der Physiker ein und trat an den spiegelnden Glasverhau, der ihm schon bis an den Gürtel reichte. »Gebranntes Kind scheut das Feuer.«
    »Hört mal her!« Der

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