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Eden

Eden

Titel: Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Hand. »Darin sind Milliarden, wenn nicht gar Billionen dieser verdammten Rädchen! Gehen wir nach oben«, sagte er in einem plötzlichen Entschluß. »Sehen wir nach, was da los ist.« Die Kanonade dauerte unverändert an. Der Automat hatte seit der Übernahme des Postens bereits elfhundertneun Einschläge gezählt. »Versuchen wir es jetzt mit der Klappe«, riet der Chemiker, nachdem sie zur Rakete zurückgekehrt waren. Der Kybernetiker blickte ins Mikroskop und schwieg sich aus.
    Es war in der Tat schwierig, dazusitzen und nichts zu tun. Sie begaben sich also in den Maschinenraum. Die Kontrollichter des Schlossmechanismus brannten noch immer. Der Ingenieur bewegte nur den Griff, und der Zeiger zitterte gehorsam. Die Klappe bewegte sich. Er schloss sie gleich wieder und sagte: »Wir können jederzeit mit dem Beschützer rausfahren.« »Die Klappe wird in der Luft hängen«, bemerkte der Physiker. »Schadet nichts, höchstens anderthalb Meter über der Erde. Für den Beschützer ein Kinderspiel. Das überspringt er.« Vorläufig bestand jedoch keine dringende Notwendigkeit zur Ausfahrt, also kehrten sie in die Bibliothek zurück. Der Kybernetiker saß noch immer über das Mikroskop gebeugt. Er war wie in Trance.
    »Laßt ihn, vielleicht fällt ihm etwas ein«, sagte der Doktor. »Aber jetzt müssen wir etwas tun. Ich schlage vor, wir setzen die Reparatur des Raumschiffes fort…« Schwerfällig erhoben sie sich von ihren Plätzen. Was blieb ihnen auch weiter übrig? Alle fünf stiegen sie in den Steuerraum hinunter, in dem die Zerstörung am größten war. Der Regler erforderte viel mühselige Uhrmacherarbeit. Sie überprüften zuerst jeden Stromkreis mit gelockerten Sicherungen, dann unter Spannung. Alle Augenblicke lief der Koordinator nach oben und kehrte schweigend zurück. Keiner fragte ihn. Im Steuerraum, fünfzehn Meter unter der Erde, spürte man ein schwaches Schwanken des Bodens. So wurde es Mittag. Sie kamen mit der Arbeit trotz allem voran. Mit Hilfe des Automaten wäre es viel schneller gegangen, aber der Beobachtungsposten war notwendig. Bis um eins hatte er mehr als achttausend Einschläge registriert. Obwohl keiner Hunger verspürte, bereiteten sie sich wie alle Tage ein Mittagessen, zur Stärkung und wegen der Gesundheit, wie der Doktor erklärte. Das Geschirr brauchten sie nun nicht mehr abzuwaschen, das erledigte der Spüler für sie. Zwölf Minuten nach zwei hörte das Beben plötzlich auf. Sofort ließen sie die Arbeit liegen und rannten durch den Tunnel nach oben. Eine kleine, golden brennende Wolke verdeckte die Sonne. Die Ebene lag ruhig da in der Hitze. Der feine Staub, den die Explosionen aufgewirbelt hatten, legte sich langsam. Totenstille herrschte.
    »Schluß …?« fragte er zögernd den Physiker. Seine Stimme klang merkwürdig laut. Sie hatten sich in den langen Stunden an das unablässige Dröhnen gewöhnt. Der letzte Einschlag, den der Automat registriert hatte, war der neuntausendsechshundertvierte. Einer nach dem ändern verließen sie den Tunnel. Nichts geschah. In zweihundertfünfzig bis dreihundert Meter Entfernung zog sich ein Gürtel durchwühlten, zermahlenen Sandbodens rings um die Rakete. An manchen Stellen hatten sich die einzelnen Trichter zu Gräbern vereinigt. Der Doktor kletterte auf die Brustwehr.
    »Noch nicht.« Der Ingenieur hielt ihn zurück. »Warten wir ab.« »Wie lange?« »Wenigstens eine halbe Stunde, besser eine ganze.« »Spätzünder? Das waren doch keine explosiven Ladungen!« »Man kann nie wissen!« Die Wolke war von der Sonne gewichen, es wurde heller. Sie standen da und schauten sich um. Der Wind hatte sich fast gelegt, es wurde heißer. Der Koordinator vernahm als erster ein Geräusch. »Was ist das?« fragte er flüsternd.
    Sie spitzten die Ohren. Auch die anderen glaubten etwas zu hören. Es raschelte, als bewegte der Wind die Blätter an irgendwelchen Sträuchern. In ihrem Blickfeld befanden sich jedoch weder Sträucher noch Blätter, da war nichts außer einem aufgewühlten Kreis aus Sand. Die erhitzte Luft wurde totenstarr, in der Ferne, über den Dünen, flimmerte sie vor Glut. Das Rascheln hielt an. »Ob das von da kommt?« »Ja.« Sie unterhielten sich flüsternd. Das Geräusch kam gleichmäßig aus allen Richtungen.
    »Es weht kein Wind …«, sagte leise der Chemiker. »Nein, das ist nicht der Wind. Das ist dort, wo die Geschosse niedergingen…« »Ich sehe nach.« »Bist du wahnsinnig! Und wenn das Zeitzünder sind?« Der Chemiker

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