Edgar Allan Poe - Das gesamte Werk
vertreten. Pinguine sind sehr häufig; es gibt deren vier verschiedene Arten. Der Königspinguin, so getauft wegen seines herrlichen Gefieders und stattlichen Aussehens, ist der größte. Der Körper ist oben gewöhnlich von grauer, manchmal von fliederblauer Farbe; die Unterseite leuchtet im reinsten Weiß. Kopf und Füße sind von einem glatten, glänzenden Schwarz. Den größten Schmuck des Gefieders bilden jedoch zwei Streifen von goldiger Färbung, die vom Kopf bis zur Brust laufen. Sein langer Schnabel ist rosa oder leuchtend scharlachrot. Diese Vögel schreiten aufrecht; ihre Haltung ist würdevoll. Sie tragen den Kopf hoch, und da ihre Flügel wie Arme herabhängen, haben sie in der Entfernung, besonders im ungewissen Dämmerlicht, etwas Menschenähnliches, das unerfahrene Betrachter leicht zu täuschen vermöchte. Die Königspinguine, die wir auf Kerguelen antrafen, waren etwas größer als Gänse. Man unterscheidet noch den Makkaroni-, den Esels- und den Herdenpinguin, die sämtlich kleiner und unansehnlicher sind. Außer dem Pinguin gibt es hier noch eine Menge von Vögeln, wie Seehühner, blaue Sturmvögel, Wildenten, Port-Egmont-Hühner, Kaptauben, Seeschwalben, Seemöwen und endlich Albatrosse.
Der große Sturmvogel gleicht an Gefräßigkeit und Größe dem gemeinen Albatros. Man nennt ihn oft den Gosaarsturmvogel. Er ist gar nicht scheu und bei guter Zubereitung kein übles Essen. Im Fliegen segelt er manchmal mit ausgespannten Schwingen dicht überm Wasser hin, ohne daß er die Flügel zu bewegen oder sich irgendwie anzustrengen scheint.
Der Albatros ist der größte und wildeste Vogel der Südsee. Er gehört zu den Möwen und raubt seine Beute im Flug. Er besucht das Land nur, um zu brüten. Zwischen diesem Vogel und dem Pinguin herrscht eine höchst merkwürdige Freundschaft. Ihre Nester werden nach einem gemeinsamen Plan angelegt, das Nest des Albatros nimmt die Mitte eines von vier Pinguinnestern umzirkten Platzes ein. Die Seeleute nennen eine Gesamtheit solcher Nestlager ein Krähengenist. Diese Geniste sind häufig in Büchern beschrieben worden; trotzdem sei es mir erlaubt, noch ein Wort darüber zu sagen.
Wenn die Brutzeit herankommt, versammeln sich die Vögel in großen Mengen, und einige Tage lang scheinen sie in Erwägung begriffen, was anzufangen sei. Endlich gehen sie ans Werk. Ein ebner Fleck von geeignetem Umfang wird ausgesucht, meist drei oder vier Acres groß und so nahe am Meer wie möglich, doch noch außerhalb seines Bereiches. Für die Wahl des Ortes gibt die Ebenheit seines Bodens den Ausschlag, und man zieht jene Örtlichkeiten vor, die am wenigsten mit Steinen beladen sind. Sobald dies erledigt ist, machen sich die Vögel einmütig und, wie es scheint, von einem gemeinsamen Gedanken bewegt, an die mathematisch genaue Umgrenzung eines Quadrats oder anderen Parallelogramms, so wie es der Natur des Bodens am besten angepaßt ist und von solcher Größe, daß es sämtliche versammelten Vögel, doch nicht mehr, auf den Kopf beherbergen kann, wodurch sie offenbar ihren Entschluß ausdrücken, spätere Nachzügler, die an der Errichtung des Lagers nicht teilgenommen haben, von ihm abzuwehren. Eine Seite des also abgegrenzten Raumes verläuft in gleicher Linie mit dem Strand und wird für den Zutritt oder Abgang offen gelassen. Nachdem sie die Grenzen des Genistes bestimmt haben, beginnen die Ansiedler damit, den Platz von jeglichem Unrat zu säubern, heben einen Stein nach dem andern auf und tragen ihn über den Rand hinaus, doch in seine Nähe, so daß auf den drei Landseiten eine Mauer entsteht. Knapp an der Innengrenze dieser Mauer wird ein vollkommen ebener und bequemer Pfad angelegt, der sechs bis acht Fuß breit ist, das ganze Lager umzieht und so den Zweck eines allgemeinen Spazierweges erfüllt.
Die nächste Arbeit ist die Einteilung des ganzen Bezirks in kleine Vierecke von völlig gleichem Umfang. Dies geschieht durch die Anlage schmaler, sehr sanfter Wege, die sich über die ganze Breite des Genists hin in rechtem Winkel schneiden. An jedem Schnittpunkt dieser Pfade wird ein Albatrosnest gebaut und in der Mitte jedes Vierecks ein Pinguinnest; so ist jeder Pinguin von vier Albatrossen umgeben und jeder Albatros von ebensoviel Pinguinen. Das Nest des Pinguins besteht in einem sehr seichten Erdloch, das gerade tief genug ist, um das Herausrollen des einzigen Eies zu verhindern. Der Albatros trifft etwas umständlichere Vorkehrungen, indem er einen Hügel aufwirft, der
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