Edgar Allan Poe - Das gesamte Werk
der vorhin erwähnten Schweineart nahmen wir einen Vorrat mit an Bord. Den Leuten schien es zu munden, ich fand es tranig und überhaupt widerlich. Im Austausch gegen diese guten Sachen erhielten die Wilden blaue Glasperlen, blechernen Schmuck, Nägel, Messer, endlich Stücke roten Zeugs, und sie schienen mit der Bezahlung sehr zufrieden zu sein. Wir richteten am Strande, unter den Kanonen des Schoners, einen regelrechten Markt ein, und der Handel vollzog sich unter allen Zeichen freundschaftlicher Gesinnung und in einer Ordnung, die wir nach den Erfahrungen in Klock-Klock nicht für möglich gehalten hätten.
So freundschaftlich blieben die Beziehungen durch mehrere Tage; Abteilungen Eingeborner kamen an Bord, und unsere Leute besuchten die Insel, auf der sie oft weite Streifzüge unternahmen, ohne irgendwie belästigt zu werden. Die Leichtigkeit des Gewinnes von » biche de mer« und die Gefälligkeit der Einwohner veranlaßten den Kapitän, wegen Errichtung passender Räuchereien mit Tuwit in Verhandlungen zu treten und ihn mit dem weitern Einsammeln des Artikels zu betrauen, während wir das schöne Wetter benutzen wollten, die Reise nach dem Süden fortzusetzen. Der Häuptling schien mit diesem Vorschlag sehr einverstanden. Man einigte sich in für beide Teile völlig befriedigender Weise dahin, daß, nachdem die nötigen Vorarbeiten durch unsre Mannschaft ausgeführt sein würden, der Schoner seine Fahrt fortsetzen sollte, während drei unsrer Leute auf der Insel zurückbleiben würden, um die Wilden im Trocknen der Meertiere zu unterrichten. Der Lohn sollte davon abhängen, wie groß sich die Bemühungen der Eingebornen in unsrer Abwesenheit erwiesen hätten. Sie sollten eine bestimmte Anzahl von blauen Perlen, Messern, rotem Zeug für eine gewisse Menge der zubereiteten Tiere erhalten, sobald wir wiederkehrten.
Über diesen wichtigen Handelsartikel sei hier das Nötigste gesagt. In dem Bericht eines Südseereisenden lesen wir darüber:
»Es ist jene Molluske aus dem Indischen Ozean, die im Handel den französischen Namen › biche de mer‹ führt, was bedeuten soll: ein guter Bissen aus der See. Wenn ich nicht irre, nennt der berühmte Cuvier das Tier ›Gasteropoda pulmonifera‹. Es wird an den Küsten der Pazifischen Inseln in Menge gesammelt, hauptsächlich für den chinesischen Markt, auf dem es ebenso hoch geschätzt wird wie die oftgenannten Vogelnester, die wahrscheinlich aus einer sulzigen Masse bestehen, die von den Schwalben dem Körper jener Weichtiere entzogen wird. Sie haben weder eine Schale noch Füße, nur Mund und After, kriechen aber mittels ihrer elastischen Ringe wie Regenwürmer oder Raupen im seichten Wasser. Hier werden sie von den Schwalben erblickt, die ihnen mit ihren scharfen Schnäbeln die klebrige, fasrige Substanz entnehmen, die dann in die Wand des Nestes eingewoben wird. Das Weichtier ist von länglicher Form und mißt drei bis achtzehn Zoll; doch sah ich solche, die zwei Fuß lang waren. Sie suchen zum Zweck der Fortpflanzung in einer bestimmten Jahreszeit das seichte Wasser auf und leben von Zoopythen jener Gattung, deren Werk die Korallen sind.
Nachdem man sie gefangen hat, was meist in drei bis vier Fuß Tiefe geschieht, werden sie aufgeschlitzt und die Eingeweide herausgepreßt. Dann werden sie gewaschen und mäßig gekocht. Sodann gräbt man sie in die Erde, läßt sie vier Stunden darin, kocht sie nochmals und trocknet sie dann am Feuer oder an der Sonne. Die an der Sonne getrockneten werden am höchsten geschätzt; doch man braucht dazu die dreifache Zeit. Wenn sie so geräuchert sind, kann man sie ohne Gefahr zwei oder drei Jahre an einem trockenen Ort verwahren, muß aber viermal des Jahres nachsehen, ob sie nicht durch Feuchtigkeit bedroht sind.
Die Chinesen betrachten, wie gesagt, diese Weichtiere als eine große Leckerei, da sie glauben, daß besonders der erschöpfte Organismus der Unmäßigen und Wollüstlinge durch eine dieser Nahrung innewohnende Wunderkraft neu belebt wird.«
Nachdem alles abgemacht war, brachten wir die zum Roden und Bauen nötigen Werkzeuge ans Land. Eine Ebene, nahe der Ostküste unsrer Bucht, an der es viel Wald und Wasser gab und die den Riffen nicht zu fern lag, erwählten wir zu unserm Zweck. Dann machten wir uns eifrig an die Arbeit und hatten bald zum nicht geringen Staunen der Wilden die nötigen Bäume gefällt und für die Rahmen der Häuser zurechtgezimmert, so daß wir binnen zwei, drei Tagen weit genug waren, den
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