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Edgar Allan Poe - Das gesamte Werk

Edgar Allan Poe - Das gesamte Werk

Titel: Edgar Allan Poe - Das gesamte Werk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Allan Poe
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forderte uns auf, ein gleiches zu tun. Wir folgten der Einladung und fanden uns alsbald in einer ungemütlichen, um nicht zu sagen kritischen Lage. Wir zwölf saßen auf dem Boden der Hütte, und ungefähr vierzig Wilde hockten so dicht um uns herum, daß wir im Falle einer Überrumpelung keinen Gebrauch von unsern Waffen machen, ja nicht einmal aufstehen konnten. Das Gedränge kam von außen her, wo gewiß die ganze Insel versammelt war, und nur die unaufhörlichen Bemühungen und Zurufe Tuwits bewahrten uns davor, niedergetrampelt zu werden. Unsre größte Sicherung lag jedoch darin, daß Tuwit sich in unsrer Mitte befand, und wir beschlossen, uns dicht an ihn zu halten und ihm beim ersten Anzeichen von Feindseligkeiten den Garaus zu machen.
    Nach einem längeren Hin und Her war eine größere Ruhe hergestellt worden, und jetzt richtete der Häuptling eine endlose Ansprache an uns, die an seine Kanurede erinnerte, nur daß jetzt die »Anamu mus« etwas stärker betont wurden als die »Lama lamas«. Wir lauschten in tiefem Schweigen, bis die Rede beendet war, dann antwortete der Kapitän, indem er den Häuptling seiner ewigen Freundschaft und Wohlgesinntheit versicherte und seine Worte durch Überreichung einiger Ketten blauer Perlen und eines Messers bekräftigte. Jene betrachtete Tuwit zu unsrer Überraschung mit Naserümpfen; das Messer aber befriedigte ihn in höchstem Grade, und er bestellte sofort das Mittagsmahl. Es wurde über die Köpfe des Gefolges weg ins Zelt gereicht und bestand in den zuckenden Eingeweiden eines unbekannten Tieres, wahrscheinlich eines jener dünnbeinigen Schweine, die wir in der Nähe des Dorfes gesehen hatten. Da wir nicht recht wußten, wie wir zugreifen sollten, ging er mit gutem Beispiel voran, indem er das verlockende Gericht ellenweise hinabschlang, bis wir es nicht länger mit ansehen konnten und unser Magen sich dagegen empörte, worüber Seine Majestät noch mehr als über die Spiegel im Schiff zu erstaunen geruhte. Doch lehnten wir dankend die dargebotenen Leckerbissen ab und gaben zu verstehen, daß wir keinen Hunger hätten, da wir von einem ausgiebigen Frühstück kämen.
    Als das Oberhaupt seine Mahlzeit beendet hatte, begannen wir auf möglichst kluge Art ein Kreuzverhör mit ihm: welches die Haupterzeugnisse des Landes wären und ob man sich eines oder das andere von ihnen zunutze machen könnte. Endlich schien Tuwit uns zu verstehen und erbot sich, uns an einen Teil der Küste zu führen, an dem, wie er versicherte, »biche de mer« (er zeigte mit dem Finger auf ein Exemplar dieses Tieres) in Hülle und Fülle zu finden sei. Wir waren froh, auf diese Art der Bedrängnis durch die Menge entfliehen zu können, und deuteten ihm an, wir seien bereit, mit ihm zu gehen. Wir verließen das Zelt und folgten, von der ganzen Bevölkerung begleitet, dem Häuptling nach der Südostspitze der Insel, von der die Bucht, in der unser Schiff ankerte, nicht weit entfernt lag. Wir warteten hier ungefähr eine Stunde lang, bis die vier Kanus von einigen Wilden an unseren Standort gebracht waren. Dem Riff entlang ruderten uns die Eingebornen zu einem zweiten äußeren Riff, und dort sahen wir mehr von jenen Tieren, als der älteste Seemann unter uns an den nördlichen Inselgruppen, die durch diesen Handelsartikel berühmt sind, je erblickt hatte. Wir hätten zwölf Schiffe mit den Tieren beladen können. Man brachte uns nun an den Schoner, und Tuwit versprach, daß er uns binnen vierundzwanzig Stunden so viel Spiegelenten und Galapagos-Schildkröten bringen würde, wie die Kanus fassen könnten. In dem ganzen Vorgang fanden wir nichts, das irgendeinen Verdacht gegen die Wilden hätte begründen können, abgesehen von dem systematischen Anschwellen der Schar auf dem Weg vom Schoner zum Dorf.

Zwanzigstes Kapitel
    Der Häuptling hielt Wort, und bald waren wir reichlich mit frischen Vorräten versehen. Die Schildkröten waren prachtvoll, und die Enten übertrafen unser bestes Wildgeflügel an Zartheit, Saft und Schmackhaftigkeit. Ferner brachten uns die Wilden auf unsern Wunsch in großer Menge braune Sellerie und Skorbutgras, dazu frische und getrocknete Fische. Die Sellerie war uns ein Hochgenuß, und das Skorbutgras erwies seine heilende Macht an unsern Kranken. Wir erhielten sonst noch allerhand frische Vorräte, unter anderm eine Art Schaltier, das nach Austern schmeckte, Garnelen und Krabben sowie Eier vom Albatros und anderen Vögeln. Die Schale der Eier war schwarz. Auch vom Fleisch

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