EduAction: Wir machen Schule (German Edition)
Sichtweise, wie Dinge zu sein haben und wie Dinge sind. Damit reduzieren wir freiwillig unseren Informations- und Handlungsspielraum.« Und tatsächlich beobachtete Roland Siebert, Gründer zweier Start-ups, wie sein Team die Dinge »einfach mal galoppieren« ließ, angetrieben durch die freien Kräfte der Schüler, und wie durch diese Vielzahl unbeschränkter Impulse Neues entstand. »Das ist für mich eine Kernerkenntnis aus diesem Workshop«, sagte er. »Denn im beruflichen Alltag verorten wir uns ständig und beurteilen Dinge danach, ob sie zielführend sind, insbesondere in jungen Unternehmen, wenn man nicht so viel Zeit und so viele Ressourcen hat.« Als eine andere Teilnehmerin von einem Projekt mit dem Arbeitstitel »Schüler coachen Manager« hörte, war sie ganz begeistert. »Für mich ist die Zusammenarbeit auch eine großartige Möglichkeit zu überprüfen, inwiefern das, was ich mache, ihnen nutzt. Das sind die Menschen, die in 10, 15 Jahren Märkte bestimmen, Schicksale bestimmen, Einfluss haben auf die Gesellschaft.«
Ich möchte gerne weiterhin mit den Schülern arbeiten, um das zu konkretisieren und darauf aufzubauen. Ich möchte auf jeden Fall in Kontakt mit dieser Energie bleiben.
Oliver Hirsch, Führungskraft
Gerardo Milsztein, preisgekrönter Filmemacher, hat als Fragestellungen mitgebracht: Wie kann man das Interesse von Firmen wecken (und sie als Geldgeber gewinnen) für einen Film über Gewaltprävention an Schulen? Drei Manager und vier Schüler tüftelten an einer Lösung. »Ich fand es klasse, was da an Ideen rausgesprudelt ist«, meinte Roland Siebert. »Man kommt da vom Hundertsten ins Tausendste, und plötzlich synthetisiert sich eine Verbindung heraus, die vorher nicht da war.« Die Präsentation ihrer Ergebnisse war sehr lebendig, die Siebtklässlerin Paula spielte eine Geschäftsfrau, die als Sponsorin gewonnen werden soll, weil sie sich mit der Filmidee identifiziert und diese für ihr eigenes Marketing nutzt. »Die Idee an sich war mir nicht neu«, sagt Gerardo Milsztein, »aber das Team hat sie mir so plastisch vorgestellt, dass ich mich emotional damit identifizieren konnte. Ich trage dieses Projekt schon lange mit mir, weil es schwer ist, dafür eine Finanzierung zu bekommen, und der Workshop hat mir die Courage gegeben, es noch einmal auf diesem Weg zu versuchen.«
Die drei Jungs in meinem Team haben das getan, was ich in der Schule in Argentinien vor 35 Jahren niemals tun durfte: den Eindruck vermitteln, nicht »richtig zuzuhören«. Sie waren zwar immer wieder präsent, verschwanden jedoch auch wieder, das hat mich an meine Grenzen gebracht. Aber die Spritzigkeit der Ideen und die Freiheit, mit der sie das Thema angegangen sind, auch das Selbstbewusstsein, das sie gezeigt haben, waren sehr bereichernd.
Gerardo Milsztein, Filmemacher
»Ich war beeindruckt, was da schon an Lösungen entstanden ist«, sagte Guido Fiolka. Üblicherweise arbeiten Design-Thinking Teams über mehrere Wochen oder sogar Monate an einer Fragestellung. Allein das ist ein beeindruckendes Ergebnis unseres Experiments. Noch wichtiger sind uns aber die Rückmeldungen, die unsere Schüler bekommen haben. Die Siebtklässlerin Paula etwa, ein eher introvertiertes Kind, war das einzige Mädchen in ihrem Team. Bereits am Nachmittag des ersten Tages ist sie »in die Energie gekommen«, wie es Roland Siebert beschrieb, »und ging erstaunlicherweise sehr nach außen«. Sie selbst sagte: »Ich hatte keine Schwierigkeiten, mich in der Gruppe zu Wort zu mel den.«
Arne, der aufgrund seiner Vorerfahrung am Hasso Plattner Institut als Coach eingesetzt war, empfand es als größte Herausforderung, sein Team zusammenzuhalten. »Zwei Schüler waren nie da, wo ich sie gerade haben wollte, wenn ich nur zehn Sekunden nicht hingeschaut habe«, sagt er. Zwar wusste er schon vorher, dass er Ruhe und Gelassenheit mitbringt – aber von einer Führungskraft zu hören, er habe »großes Potenzial als Gruppenleiter«, ist eine großartige Anerkennung für den Sechzehnjährigen. Und er hat eine neue Stärke entdeckt: »Dass ich gut mit Erwachsenen zusammenarbeiten kann.« Auch Coach Leon hat fantastisches Feedback bekommen: »Alle meinten, ich hätte so eine Ruhe ausgestrahlt und immer genau gewusst, was zu tun ist, und es den anderen erklären können«, sagt er. »Meine Selbsteinschätzung war wesentlich schlechter.«
Das größte Lob kommt von Roland Siebert: »Ich erlebe die Schüler schon sehr in Führung. Sie waren
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