EduAction: Wir machen Schule (German Edition)
Herausforderung und Klassenrat funktionieren, und lassen sie an ihren persönlichen Erfahrungen teilhaben. Was könnte glaubwürdiger oder überzeugender sein? Wenn sie an andere Schulen eingeladen werden, übernehmen sie oft selbständig die Absprachen und Organisation im Vorfeld. Dass sie das alles nicht umsonst tun, versteht sich von selbst. Mehr als 10 000 Euro für den Schuletat haben die Jugendlichen bisher eingenommen, davon konnten wir die Bühne und die Anlage für unser Forum sowie die Küchenzeile für das neue Schülercafé kaufen. Die Schüler haben die Möglichkeit, Zertifikate zu erwerben, und natürlich werden sie für ihr Engagement ausgezeichnet.
Ich denke, es ist sehr wichtig, auch anderen Leuten von unserer Schule zu erzählen. Wenn alle die Chance hätten, so zu lernen wie wir, hätten wahrscheinlich viel mehr Schüler Spaß an der Schule und wären besser auf das Leben vorbereitet.
Carl, 9. Klasse
Oft ist es die Schulleitung, die zu Vorträgen auf Kongresse eingeladen wird. Wenn wir stattdessen unsere Kinder schicken wollen, sind die Leute überrascht bis skeptisch – und wenn sie sich dann darauf einlassen, anschließend völlig begeistert. »Eine Frau hat gesagt, dass ihr bei unserem Vortrag fast die Tränen gekommen sind, weil sie so eine Schule schon ewig machen wollte«, erzählt der Neuntklässler Carl nach dem Kongress des »Archivs der Zukunft« in den Münchner Kammerspielen. Meist ergeben sich daraus wunderbare Begegnungen. Auf der Veranstaltung in München beispielsweise war auch die Schulaufsicht vertreten und zeigte sich sehr angetan von unseren Beiträgen.
Und anschließend erhielten wir gleich mehrere Anfragen von Leitern städtischer Realschulen, ob es nicht eine Fortsetzung geben könne. Es blieb nicht bei der Anfrage: Sechs mutige Schulleiter und ihre Kollegien taten sich zusammen und luden unsere Schüler zu einer großen Fortbildung nach München ein, um – wie sie schrieben – mit dem Konzept der esbz ihre Schulen zu inspirieren und das pädagogische Feuer zu entfachen. »Wir brauchen Visionen! Mein Eindruck ist, unsere ganze Energie fließt ins Reparieren. Ich würde diese Energie viel lieber konstruktiv einsetzen.« Inzwischen hat sich daraus eine schulübergreifende Arbeitsgruppe gebildet. Ähnliches geschah auch in Baden-Württemberg und in Niedersachsen nach Vorträgen unserer Schüler. Solche Reaktionen und positiven Rückmeldungen machen uns immer wieder Mut, dass es gelingen kann, Veränderungen in unserem völlig überholten Bildungssystem auszulösen.
Schüler schulen Eltern
Die Idee zur Elternschule entstand in unserem Strukturausschuss. Das ist eine Arbeitsgruppe von Eltern, Lehrern und Schülern. Immer wieder sagten uns Schüler, dass ihre Eltern die Schule gar nicht richtig verstehen würden. »Eigentlich müssten wir eine Elternschule machen«, sagte Bennet im Februar 2011 in einem Gespräch mit Vertretern der Zukunftsstiftung Bildung. Dorothea Kleihues, Mitgründerin und Gesamtelternvertreterin, hatte die Idee selbst auch. Sie beobachtete bei einigen Eltern eine gewisse Sorge, ob die Kinder auch wirklich das lernen, was sie lernen müssen oder brauchen. »Wir Eltern kommen ja alle aus dem traditionellen Bildungssystem, das hier ist eine ganz neue Welt. Dieses ›Wann schreibst du Mathe, wann schreibst du Chemie?‹ findet hier nicht statt. Da ist es wichtig, Vertrauen zu vermitteln und zu zeigen, dass alles in Ordnung ist.«
Erstmals zum Schuljahr 2011/2012 mussten also alle Eltern der neuen Siebtklässler in die Elternschule. Sogar Brita Wauer, die Vorsitzende des Elternvereins, brachte sich zum Schulwechsel ihres jüngeren Sohnes auf den neuesten Stand: »Diese Schule verändert sich ständig, im positiven Sinne – ich kann mich also nicht darauf ausruhen, dass ich schon viel weiß«, findet sie. Auch wenn es dann »doch nicht so viel Neues« für sie gab, sagt sie: »Ich fand es toll, wie ansprechend und gut strukturiert die Veranstaltung organisiert war und bin jedes Mal ganz stolz auf unsere Schule.«
Der Schülerblock war der stärkste, weil es natürlich irre ist zu merken, wie eloquent die sind, wie die das wirklich verinnerlicht haben. Das ist eine wahnsinnige Beruhigung für Eltern, weil die denken: Wenn mein Kind so wird, ist ja alles in Ordnung.
Dorothea Kleihues, Schülermutter
Die Elternschule war als Rundlauf organisiert mit drei Stationen: Vier Schüler stellten die Projekte Verantwortung und Herausforderung vor, die
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