Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
EduAction: Wir machen Schule (German Edition)

EduAction: Wir machen Schule (German Edition)

Titel: EduAction: Wir machen Schule (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margret Rasfeld , Peter Spiegel
Vom Netzwerk:
in den Sessions immer die Ersten, die aus sich rausgegangen sind, Ideen geäußert haben.« Er sieht hier einen kausalen Zusammenhang mit dem freien Unterricht an der esbz. »Ich glaube, dass dort bereits Führungskompetenzen ausgebildet werden, die ihnen später zugutekommen. Während wir, die wir den alten Frontalunterricht erlebt haben, diese Fähigkeiten erst in Führungsakademien zu erlernen suchen, um uns für einen Alltag zu befähigen, der komplex, dynamisch, schnelllebig, politisch ist.«

Mit lebendigen Ritualen eine Mut- und Mitmachkultur festigen
     
    Wenn man etwas erreichen will, braucht es dafür Orte, Zeiten, Räume. Man kann nicht sagen: Gute Beziehungen, Vertrauen, Mut und Anerkennung sind uns wichtig, aber dann diese Dinge in der Hektik des Schulalltags untergehen lassen. Denn dann lautet die heimliche Botschaft: Für das Wichtigste ist an dieser Schule keine Zeit. Wir haben daher an der esbz Rituale geschaffen, die wir regelmäßig mit Leben füllen und die den Geist dieser Schule in unsere Köpfe und Herzen pflanzen und dort wachsen lassen.
    Unsere drei Mottos werden schon am ersten Tag im Einschulungsgottesdienst für alle Schulanfänger sinnlich erfahrbar gemacht. »Anlachen statt auslachen« lautet das erste Motto, und jedes Kind bekommt von den Klassenlehrern eine Sonnenblume überreicht. »Ihr seid das Salz der Erde« (Matthäus 5, Vers 13), so lautet das zweite, ein Tütchen Salz mit dieser Aufschrift bekommen die Neuen von ihren älteren Mitschülern überreicht. Für das dritte Motto – »Mit dem Herzen sehen, mutig sein« – erhalten die Kinder von ihren älteren Mitschülern unsere Mutkarte.
    Die Mutkarte ist die Visitenkarte unserer Schule, sie steht für Achtsamkeit und Zivilcourage, Entscheidungsfähigkeit und dafür, mit dem Herzen zu sehen, Ängste zu überwinden, der eigenen Neugierde und seinen Visionen zu folgen und Außergewöhnliches zu wagen. Sie soll jedes Kind daran erinnern, dass es etwas Besonderes ist und Vertrauen zu und in sich selbst haben soll. Wir erleben immer wieder, wie viel unsere Mutkarten den Kindern bedeuten, etwa wenn ein Junge erzählt, dass er sie sich in der Nacht unters Kopfkissen legen will, damit ihm der Zauberstern ins Herz leuchtet, weil er am nächsten Tag zum ersten Mal die Schulversammlung moderiert. Wir verschenken die Mutkarten auch zu anderen Gelegenheiten, um Kinder – und Erwachsene – zu ermutigen, über sich selbst hinauszuwachsen. Und wir verkaufen unsere Mutkarten, um Geld für Plant for the Planet zu sammeln. Für eine Mutkarte, die einen Euro kostet, bekommen wir einen Baumsetzling.
    Zu den Ritualen gehört das gemeinsame tägliche Mittagessen in der Schule. Die Kleinteams sitzen an langen Tafeln, die vom Mensadienst, den die Schüler in abwechselnden Gruppen selbst übernehmen, eingedeckt und wieder abgeräumt werden. Das Essen kommt in großen Töpfen und Schüsseln auf den Tisch, aus denen sich alle selbst auftun und dafür sorgen, dass es gerecht verteilt wird. So fühlt sich das gemeinsame Essen ein bisschen »wie zu Hause« an. Und es bietet den Klassenkameraden und Lehrern die Möglichkeit zu einem Austausch abseits der Schulbank.
    Der Wochenabschluss jeden Freitag in unserem Forum ist mit dem gegenseitigen Lob, das dort ausgesprochen wird, als Ritual sehr wichtig, und ebenso natürlich die Schulversammlung, durch die wir die Klassen- oder Kleinteamgemeinschaft zu einem Wir, das alle umfasst, öffnen wollen.
Rituale bleiben lebendig, wenn man sie ständig entwickelt, voranbringt und reflektiert.
     
    Im Laufe jeder Woche studiert unser Musiklehrer Oliver Meyer-Krahmer mit allen Schülern der Sekundarstufe I das »Lied der Woche« ein, das dann gemeinsam bei der Schulversammlung gesungen wird, begleitet auf der Gitarre. »Das ist ein starkes beziehungsförderndes Moment«, erklärt er. Dafür braucht es freilich Geduld, denn der Gesang ist gerade für Kinder in diesem Alter nicht immer einfach. Zum Mitsingen zwingen wir daher niemanden (aber mitlesen und rhythmisch sprechen kann jeder). »Wenn es klappt, dass auf der Versammlung alle dieses Lied wirklich schmettern, dann geht einem das Herz auf«, sagt Oliver Meyer-Krahmer. Auch wenn es den Kindern nicht bewusst sein mag, wie sehr sich dieses Ritual einprägt, zeigt es sich doch immer wieder in wunderbaren kleinen Geschichten, etwa wenn eine Mutter erzählt, ihr Sohn singe diese Lieder oft im Bad, oder wenn eine Schülerin von einer Party schwärmt, auf der plötzlich alle bei

Weitere Kostenlose Bücher