Aufgabe eines Schulleiters. Aber es gibt auch Meilensteine. Anfangs haben wir noch versucht, den gravierenden Regelüberschreitungen, zu denen es unter den neuen Siebtklässlern immer wieder kam, mit den klassischen autoritären Methoden entgegenzutreten. Aber das führte nur zu einer weiteren Eskalation. Daraufhin haben wir im Kollegium Alternativen diskutiert – nach anderthalb Jahren die erste inhaltliche Diskussion mit allen Kollegen! Daraus entstehen jetzt Dinge wie Schüler in die Verantwortung nehmen. Der Klassenrat funktioniert – jetzt probieren wir es mit einem Schülerrat. Und wir planen auch Projekttage zum Thema soziales Lernen.Wir entdecken in diesem Prozess auch schöne Analogien. Die Regelüberschreitungen gingen von einer Handvoll Schüler aus, die aber einen ganzen Schwarm mitzogen. Und im Kollegium ist es nur noch ein harter Kern, der eine destruktive Atmosphäre verbreitet – die Mehrheit hat sich auf den Weg gemacht. Das ist nach wie vor sehr krisenhaft, birgt aber ein unglaubliches Potenzial in sich, wenn die Kollegen bereit sind, alte Zöpfe abzuschneiden. Dazu gehört ein Stück weit Unerschrockenheit oder Mut.
Können Sie uns ein Beispiel nennen, wo an einer öffentlichen Schule der Spielraum in den Rahmenbedingungen ist, der Innovationen möglich macht?
Nummer eins: die Stundentafel. Das ist ja ein großes Heiligtum. Sie wird auf höchster politischer Ebene festgelegt, und wir sind gesetzlich verpflichtet, sie einzuhalten. Jeder Schüler muss eine bestimmte Anzahl Stunden Deutsch, Mathe und so weiter durchlebt haben. Dieses »Wir haben das Thema angesprochen« ist leider weit verbreitete Schulkultur. Dann macht man ein Häkchen dahinter, und der Lehrer ist aus der Verantwortung. Ob davon etwas bei den Schülern hängen bleibt, wird ja kaum kontrolliert. Wir sagen aber: Da bleibt zu wenig hängen! Und deshalb legen wir diese Stundentafel ganz weit aus und fassen Einzelfächer zu Fachbereichen zusammen. In denen sind die Stunden noch erkennbar und lassen sich notfalls auch einzeln ausweisen, aber wir sind freier in der Gestaltung.
Welche Fachbereiche haben Sie gebildet?
Statt Künste haben wir einen Fachbereich Kultur, da gehört auch noch Sport und zum Beispiel Tanz mit rein. In die Naturwissenschaften haben wir unseren Schwerpunkt »Gesunde Schule« aufgenommen, das geht über die klassischen Biologiethemen hinaus, denn Gesundheit ist mehr als ein körperliches Wohlbefinden. Dann haben wir einen Fachbereich Gesellschaftswissenschaften, zu dem auch Soziales Lernen, Partizipation und Konfliktmanagement gehören, da sind wir aber noch im Aufbau. Und als vierten Bereich haben wir die Sprachen zusammengefasst, in dem der Sprachförderung als wesentlichem Element der Kommunikation nicht nur eine schulische, sondern auch eine bedeutende gesellschaftliche Aufgabe zukommt.
Haben Sie eine Empfehlung für reformwillige Kollegen anderer öffentlicher Schulen?
Natürlich muss das Handeln jeder Behörde auf der gesetzlichen Grundlage stattfinden. Aber Gesetze kann man auslegen – sehr restriktiv oder sehr extensiv. Wichtig ist hier vor allem, vernünftige und nachvollziehbare Begründungen liefern zu können, warum man etwas tut. Es liegt in der Natur der Sache, dass Reformprozesse von Minderheiten begonnen werden. Fangen Sie mit den reformwilligen Kollegen an zu arbeiten, auch wenn es nur wenige sind. Haben Sie eine klare Vision und kommunizieren Sie diese. Seien Sie bei alldem authentisch, empathisch und zuversichtlich.
Tipp:
Weitere Informationen zur externen Schulentwicklungsbegleitung in der Region Aachen: Ansprechpartner im Bildungswerk Aachen ist Alfons Döhler,
[email protected] , Tel. 02 41 / 51 27 22, weitere Informationen unter: www.bildungswerkaachen.de ; Ansprechpartnerin im Bildungsbüro der StädteRegion Aachen:
[email protected] , Tel. 02 41 / 51 98 43 07, weitere Informationen unter: www.staedteregion-aachen.de
Weitere Informationen zum Bildungsbündnis im Landkreis Ostwestfalen-Lippe auf der Internetseite der Peter Gläsel Stiftung: www.pg-stiftung.net
Weitere Informationen zum Institut für Bildungskunst: www.institut-bildungskunst.de
Weitere Informationen zur Sinn-Stiftung: www.sinn-stiftung.eu
Warum wir das Rad doch noch einmal neu erfinden sollten
Die bisherigen Ausführungen dienten dazu, eine Schule erfahrbar zu machen, die vieles anders macht als die meisten der uns vertrauten Schulen, eine Schule, die sich auf