EduAction: Wir machen Schule (German Edition)
geschweige denn vielleicht sogar viel besser geht. Hier einen Neuanfang zu wagen, dazu bedarf es aus Sicht der Lehrer einer hohen Risikobereitschaft und auch Experimentierfreude. Als Schulleiter trägt man die Verantwortung – und läuft Gefahr, eine Bauchlandung zu machen.
Wie viel Risiko nehmen Sie mit Ihrem Reformvorhaben auf sich?
Viel. Ich bin verantwortlich dafür, dass es erst mal einen Haufen Chaos gibt. Denn jeder Entwicklungsprozess beginnt damit, dass sich alte Strukturen auflösen und die neuen erst entstehen müssen. Das ist eine Phase einer großen Krise. Da die Zuversicht zu behalten ist wahnsinnig schwer. Letztendlich steht und fällt eine Schulentwicklung damit, wie klar ein Schulleiter ist in dem, was er als Entwicklungsvorhaben transportiert. Klarheit ist eine wesentliche Ressource in Veränderungsprozessen.
Wie startete die Veränderung an der Reinhold-Burger-Schule?
Zum Schuljahr 2010/2011 sollte sie von Jahrgang 7 her in eine integrierte Sekundarschule überführt werden. Zeitgleich wollte ich mit den Kollegen, die Ideen aus dem Konzept der esbz unterstützen, in eine Pilotphase gehen. Während meines ersten halben Jahres an der Schule lag für mich die Hauptarbeit darin, im Kollegium zu vermitteln: Es gibt da Kollegen, die möchten gerne etwas anderes machen, lasst sie es doch bitte ausprobieren.
Das ist Ihnen offensichtlich gelungen.
Tatsächlich konnten die beiden Kolleginnen, gemeinsam mit den Sozialpädagoginnen, das neue Schuljahr vorbereiten. Zusammen mit vier neuen Kolleginnen bildeten sie dann das Innovationsteam.Man muss bedenken, dass bei meinem Einstand der Altersdurchschnitt im Kollegium bei etwas unter fünfzig lag, die meisten Kollegen waren also schon seit zehn, fünfzehn Jahren hier. Für das neue Konzept entschieden sich zwei der jüngeren Kollegen. Das Innovationsteam war schwerpunktmäßig in Stufe 7 eingesetzt, vier Klassen mit 104 Schülern, die im rhythmisierten gebundenen Ganztagesbetrieb fahren.
Sie haben vorhin gesagt, ein Konzept, das für eine Neugründung entwickelt wurde, lässt sich nicht einfach auf eine bestehende Schule übertragen. Inwiefern haben Sie die von der esbz übernommenen Elemente verändert?
Wir haben mit Lernbüros in Mathe, Deutsch und Englisch angefangen, im zweiten Jahr ist Spanisch dazugekommen. Die Hälfte der Stunden haben die Schüler im Lernbüro, die andere im Klassenverband. Die Lernbüro-Materialien werden auf mindestens zwei Niveaustufen angeboten, die entsprechend gekennzeichnet sind, teilweise gibt es noch zusätzliche Aufgaben, die eine weitere Differenzierung ermöglichen. Als Sekundarschule sind wir sogar aufgefordert, unsere Schüler – zumindest in den Fächern Deutsch, Mathe, Englisch und später auch in den Naturwissenschaften – einem bestimmen Leistungsniveau zuzuordnen.
Ein entscheidender Schritt im Paradigmenwechsel vom Lehrer zum Lernbegleiter ist Ihnen damit bereits gelungen. Wie haben Sie diese Elemente an Ihrer Schule gestaltet?
Unsere Logbücher sind im Moment eher noch Lerntagebücher: Die Schüler notieren darin, wann sie gearbeitet und was sie erreicht haben. Der Lehrer sieht möglichst einmal pro Woche das Logbuch durch, und im Bedarfsfall gibt es ein Gespräch. Außerdem haben wir vierteljährlich Bilanz- und Zielgespräche, die mit jedem Schüler geführt werden. Die Eltern sind dazu mit eingeladen – und deren Partizipation steigt!
Wie viele Tutanden hat jeder Lehrer?
In den jetzigen Siebten und Achten hat jede Klasse 26 Schüler, das entspricht ungefähr 17 bis 18 Schülern je Lehrer. Die Quote ist zu hoch, finde ich, an dieser Stelle hätte ich gerne mehr Arbeitszeit. Aber wir bekommen von der Ausstattung her keine doppelte Klassenlehrerbesetzung hin, das ist ein Mangel, den die staatlichen Schulen haben. Ein klein bisschen kann man über die Personalkostenbudgetierung entlasten, aber auch das ist in Zeiten wie diesen, wo wir eine Haushaltssperre haben, sehr begrenzt.
Inwieweit gelingt an der Schule Partizipation und Selbstbestimmung?
Wir haben im Schulprofil einen stundenmäßigen Schwerpunkt im Fach Ethik gesetzt, der es uns ermöglicht hat, einen wöchentlichen Klassenrat und eine Stunde »Dank und Anerkennung« zum Wochenausklang einzuführen. In den 7. und 8. Klassen haben wir jahrgangsweise Versammlungen, etwa für die Wahl des Schulsprechers oder zum Halbjahres- und Schuljahresende, wenn wir Auszeichnungen verleihen.
Ist das Projekt Verantwortung auch im
Weitere Kostenlose Bücher