EduAction: Wir machen Schule (German Edition)
Fach Ethik angesiedelt?
Ja, es wird in Ethik vorbereitet und reflektiert, und dort werden auch immer wieder Themen aufgegriffen, die die Schüler von ihren Projektorten mitbringen. Wie an der esbz gehen auch bei uns die Schüler der 7. und 8. Klassen einmal in der Woche für zwei Stunden in eine gemeinnützige Einrichtung ihrer Wahl. Das Projekt wird von den Schülern gut angenommen.
Gibt es an Ihrer Schule auch ein Projekt Herausforderung?
Noch nicht. In der stark herausfordernden Form der esbz werden wir es wohl auch nicht durchführen können. Das zu begleiten würde uns überfordern. Aber wir werden auf anderer Ebene Herausforderungen schaffen, etwa indem wir die Schüler die Stadt noch stärker als Lernort nutzen lassen. Wir wollen zudem ein Angebot »Produktives Lernen« an der Schule entwickeln, mit dem wir auch leistungsstarke Schüler erreichen möchten.
Woher nehmen Sie die Zuversicht, angesichts erschwerter Bedingungen heute, Ihren Weg erfolgreich zu gehen?
Aus meiner beruflichen Biografie: Ich habe in den letzten zwanzig Jahren erfahren, dass individualisierte und praxisorientierte Lernformen sehr gut funktionieren. Für mich ist ein entscheidender Punkt in der Schulentwicklung, dass sie in der Region passiert und man dort gemeinsam etwas entwickelt. Aus solchen Kooperationen zieht jeder für sich selbst ganz viel Unterstützung und Bestätigung.
Wie ging es weiter, nachdem Sie die Zustimmung zur Pilotphase gewonnen hatten?
Der erste Jahrgang war erst mal ein Fremdkörper in der Schule. Alleine dadurch, dass mittags um eins plötzlich für eine Stunde Leben auf dem Hof ist, während die anderen Klassen Unterricht haben. Es irrten auch Schüler orientierungslos durchs Schulgebäude und machten zum Teil Unsinn. Da gab es neue Konflikte.
Wie hat sich das »alte« Kollegium verhalten?
Die vorherrschende Haltung war: Na, macht mal, ihr werdet schon sehen, so kann das gar nicht gehen. Euch fehlt eben noch die Erfahrung, aber ihr könnt gerne mit uns reden. Wobei das Hilfsangebot ernst gemeint war, es gab Kooperationsbereitschaft, aber zu den Bedingungen dieser Kollegen. Aber die Grundhaltung im Innovationsteam war: Es ist zu früh für ein Urteil, wir machen weiter. Und sie haben sich sehr stark als Team verstanden.
Wurden die Eltern in die Umstrukturierung einbezogen?
Nein. Zwar mussten sie im Rahmen der Schulkonferenz über die Pilotphase mitentscheiden, aber die Kinder dieser Eltern sind ja in den nicht betroffenen höheren Jahrgängen. Dazu kommt: An der Hauptschule haben wir überhaupt nur ein knappes Viertel der Eltern erreicht. In unserem zweiten Jahrgang 7 nach der Umstellung dagegen sind nur Kinder, deren Eltern sich diese Schule gewünscht haben. Diese Eltern fordern mehr, sind kritisch, unterstützen aber auch sehr konstruktiv. Und auch die Schüler nehmen anders Verantwortung wahr. Wir haben jetzt eine Gesamtschulmischung, und im ersten Jahrgang, in der jetzigen Achten, arbeiten die Klassenräte schon sehr selbständig und erfolgreich.
Welche Bilanz zogen Sie nach dem ersten Jahr?
Eine Mehrheit des Kollegiums sagte zumindest: Dieses Konzept wird weiterentwickelt und fortgeführt. Es ist jetzt also offizielle Schulentwicklungsgrundlage. Das hieß jedoch nicht, dass nun alle dahinterstanden. Nach wie vor fehlte im Gesamtkollegium die Bereitschaft zu einer inhaltlichen Auseinandersetzung. Allerdings waren bis zum Schuljahresende auch einige der ablehnenden Kollegen gegangen.
Wie haben sich die Dinge weiterentwickelt?
Zu Beginn des neuen Schuljahres wurde es erst mal schwierig: Wir nahmen 130 neue Schüler auf und mussten insgesamt zehn neue Kollegen einstellen, die schwer zu finden waren, weil der Arbeitsmarkt relativ leer gefegt ist. Aus den ursprünglich 16 sind jetzt 32 Lehrer geworden. Wir mussten im laufenden Betrieb einer Schule im Reformprozess auch noch eine funktionierende neue Arbeitsstruktur aufbauen.
Stecken Sie noch im Chaos, oder hat sich der Staub schon gesetzt?
Für mich sind bestimmte Dinge schon erkennbar, aber für einen Teil der Kollegen in dieser Schule ist es ein großes Chaos. Beispielsweise soll die historisch gewachsene autoritäre Struktur jetzt partizipativ und demokratisch werden. Da geht es wirklich an Glaubenssätze, und die sind erfahrungsgemäß ganz schwer zu verändern.
Wie verändert man solche überholten Glaubenssätze dann doch?
Durch Erfahrung, Reflexion und Reden. Ich glaube, Kommunikation ist die wichtigste
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