Egeland, Tom
Mehr oder weniger erfolgreich. Vor siebenhundert Jahren gründeten die Mönche ihr Kloster in der Oase. Ein Bauwerk aus geometrisch exakt zugehauenen, geschliffenen und eingepassten Wüstensteinen, die zu einem Komplex von Zellen, Gängen und Sälen zusammengesetzt wurden, ein Sanktuarium für die religiöse Kontemplation und Vertiefung. Um dieses jahrhundertealte Wüstenkloster herum bauten die Architekten in den frühen Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts einen Koloss aus Glas, Spiegeln und Aluminium. Inmitten der Zeitlosigkeit ein Schrei der Moderne. Das Institut ragt nicht sonderlich weit in die Höhe, sondern breitet sich flach über dem Boden aus wie etwas Fließendes, das in der Sonne glänzt und funkelt.
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» BJøRN! MY FRIEND! Welcome! «
Der Bus ist auf den überreich bepflanzten Kreisel gefahren, um kurz darauf anzuhalten und nach der langen Fahrt Luft in das Fahrzeug zu lassen.
Er wartet auf dem gepflasterten Bürgersteig vor dem Empfang des Instituts. Er ist klein und untersetzt, hat muntere, humorvolle Augen, eine Glatze und Pausbacken, und würd e e r jetzt noch eine Kutte tragen, würde man ihn unweigerlich für die Karikatur eines Mönchs halten.
Sein Name ist Peter Levi.
Das Schimmer-Institut ist ein Forschungszentrum, das Studenten und Forscher aus der ganzen Welt anzieht. Wochen oder Monate kann man im Gästehaus des Instituts wohnen und sich ansonsten in der reichhaltigen Bibliothek vergraben. In einem eigenen Flügel des Instituts werden Manuskriptreste restauriert und Worte gedeutet, die vor tausenden von Jahren auf Pergament oder Papyrus festgehalten worden sind. Theologen, Historiker, Linguisten, Paläografen, Philosophen, Archäologen und Ethnologen in einer wunderbaren Mischung. Alle wollen sie ein klärendes Licht auf die Vergangenheit werfen.
Peter Levi kommt mir mit einer Begeisterung entgegen, die mich glauben lässt, dass er mich verwechselt. Doch noch einmal ruft er » Bjørn! « und schüttelt grinsend meine Hand.
» Welcome! Herzlich willkommen bei uns. Ich hoffe, wir können Ihnen zu Diensten sein! « Sein Englisch hat einen breiten, schnarrenden Akzent.
Wir haben einmal miteinander gesprochen. Vor zwei Tagen. Ich habe ihn aus Torstein Avners Wohnung angerufen, nachdem ich vor MacMullin geflohen war. Sein Name stand auf dem Einladungsbrief des Instituts. Ein Name, eine zufällige Kontaktperson. Jeder Besucher des Instituts bekommt einen fest angestellten Betreuer zur Seite gestellt, doch Peter Levi verhält sich, als wären wir alte Kampfgenossen. Die einander im Schützengraben vor dem Kugelhagel gerettet oder brüderlich eine Gasmaske geteilt hatten, als das Senfgas über sie hinwegwaberte. Eine undichte Gasmaske.
Ich weiß nicht, ob ich ihm trauen kann. Aber ich mag ihn.
Er besteht darauf, meinen Koffer zu tragen, den der Fahrer aus dem Bauch des Busses gezogen hat. Die linke Hand au f m einer Schulter, geleitet mich Peter zum Empfang, wo wir eine Schlüsselkarte holen und mich registrieren:
Name: Bjørn Belt ø
Titel: Research assistant / archaeologist
Origin (City/Country): Oslo, Norway
Academic Institution: University of Oslo
Purpose of Visit: Research
P eter bringt mich zu meinem Zimmer, Raum 207, das in einem eigenen Flügel liegt und aussieht wie ein Zimmer im Holiday Inn. Hier überlässt er mich mir selbst, um » zu warten, dass die Seele nach der langen Reise den Körper wieder einholt «. Ich packe den Koffer aus und hänge die Kleider in den Schrank. Mit einem Seufzen, das wohl eher auf die Erschöpfung als auf die Langeweile zurückzuführen ist, setze ich mich auf das kleine, grüne Sofa. Auf dem Schoß habe ich alle Ausdrucke, die Torstein mir geschickt hat.
Er hat die Zeit effektiv genutzt. Anhand der Stichworte und Namen, die ich ihm gegeben habe, hat er das Internet durchsucht und all die Internetseiten ausgedruckt, auf denen er relevante Informationen gefunden hat. Ein Haufen Informationen, deren Zusammenhang ich noch nicht durchschauen kann. Wie die Tatsache, dass der Suchbegriff » Johanniter « z weiunddreißig Treffer bei AltaVista und siebzehn bei Meta Crawler ergeben hat. Historische und pseudowissenschaftliche Internetseiten über Johanniter, Freimaurer und hermetische Sekten. Mit ungeduldigem Ärger blättere ich die Ausdrucke durch. Ich weiß nicht, wonach ich suche, und werde mit Wissen bombardiert, das ich nicht brauche.
Ungerechterweise richte ich meinen Zorn auf Torstein. Er hat getan, worum ich ihn gebeten habe. Es ist
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